Evangelium kommt 80 mal in der Bibel vor, davon 77 mal im Neuen Testament. Das Verb dazu („evangelisieren“) kommt weitere 77 mal in der Bibel vor. Somit ist es eindeutig biblisch.
Das Wort stammt vom Griechischen euaggelion (εὐαγγέλιον, G2098) und bedeutet wörtlich übersetzt „gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“. Aber ist damit wirklich die korrekte Bedeutung des biblischen Begriffs wiedergegeben?
Das muss man stark bezweifeln, wenn man genau in die Bibel sieht. Denn in der Bibel wurden in der Regel alle Menschen, die eine „gute Nachricht“ (Evangelium) überbrachten, misshandelt und umgebracht. Ist das die erwartbare Reaktion auf die Verkündigung einer „guten Nachricht“? Keinesfalls! Normalerweise freuen sich Menschen über gute Nachrichten und beklatschen, lieben und ehren deren Überbringer und heißen sie herzlich willkommen. Nicht so in der Bibel. Das sollte zu denken geben, ob mit dem Wort „Evangelium“ in der Bibel tatsächlich eine „gute Nachricht“ gemeint ist, oder ob uns hier nicht falsche Übersetzungen in die Irre führen?
Und dann darf man nicht übersehen, dass mit dem Wort Evangelium auch noch vier biblische Bücher bezeichnet werden. Höchste Zeit also, der wahren Bedeutung dieses häufigen - aber leider auch häufig falsch verstandenen und falsch gebrauchten - Begriffs in der Bibel auf den Grund zu gehen.
Bereits im Griechischen Alten Testament, der Septuaginta (LXX), kommt das Wort euaggelion (Evangelium) einige Male vor. Hier ein paar Beispiele:
Den, der mir die Nachricht brachte und sprach: »Siehe, Saul ist tot!«, und dabei meinte, ein guter Bote zu sein, den habe ich ergriffen und in Ziklag getötet, um ihm den Botenlohn zu geben. Wie viel mehr, da diese gottlosen Leute einen gerechten Mann in seinem Haus auf seinem Lager ermordet haben! Und nun sollte ich nicht sein Blut von euren Händen fordern und euch aus dem Land ausrotten? Und David gebot seinen jungen Männern; die brachten sie um und schlugen ihnen Hände und Füße ab und hängten sie auf am Teich von Hebron. Aber das Haupt Ischboseths nahmen sie und begruben es in Abners Grab in Hebron. (2.Sam 4,10-12)
Im griechischen Grundtext steht hier zweimal das Wort für Evangelium, zunächst als Verb (oben mit dem Begriff „Nachricht brachte“ übersetzt) und dann als Substantiv (oben mit dem Begriff „guter Bote“ umschrieben). Deutlicher zu sehen ist das in der Septuaginta Deutsch:
Der mir gemeldet hatte, dass Saul tot war – und er war wie einer, der eine Freudenbotschaft verkündigt vor mir –, ihn habe ich gefangen genommen und getötet in Sekelak, dem ich hätte Botenlohn geben müssen. Und nun haben üble Männer getötet einen gerechten Mann in seinem Haus auf seinem Lager – und nun werde ich sein Blut aus euerer Hand fordern und werde euch vertilgen von der Erde. Und David gab seinen Knechten Befehl, und sie töteten sie und schlugen ihre Hände und Füße ab und hängten sie auf an der Quellea in Hebron, und den Kopf Memphibosthes begruben sie in dem Grab Abenners, des Sohnes Ners. (2.Kön 4, Septuaginta Deutsch)
Man merkt, dass sich die Deutschen Übersetzungen hier sträuben, das Wort Evangelium zu schreiben, weil es reserviert scheint für das Neue Testament. Freudenbotschaft ist die wörtliche Übersetzung. Aber trifft sie?
Warum wird jemand für eine Freudenbotschaft getötet? Sieht man die Geschichte sich näher an, wird klar, sie wiederholt sich: Zuerst war der Mörder von Saul gekommen und hatte dessen Tod dem David gemeldet und sich eine Belohnung erwartet, weil er dachte, das sei eine gute Botschaft (Evangelium) für David. Er irrte sich. David fand diese Botschaft gar nicht gut, sondern durchschaute das üble Spiel und ließ ihn hinrichten. Nun haben ruchlose Männer Sauls Sohn umgebracht und sich ebenfalls eine Belohnung erwartet als sie den Tod von Sauls Sohn dem David meldeten. Wiederum wurden die Überbringer hart bestraft für ihre, wie sie meinten, „Freudenbotschaft“, denn der Empfänger der Botschaft fand sie gar nicht freudig, sondern sah das Verbrechen dahinter, dass nämlich unschuldiges Blut vergossen wurde. Man kann schon im Alten Testament sehen, dass das Wort Evangelium gebräuchlich war, aber keine unumstrittene Freudenbotschaft meinte, sondern es stattdessen immer im Auge des Betrachters liegt, ob sie als gut oder böse erkannt wird. Und ein drittes Mal wiederholt sich die Geschichte im Alten Testament:
Achimaaz aber, der Sohn Zadoks, sprach: Ich will doch hinlaufen und dem König die gute Botschaft bringen, dass der HERR ihm Recht verschafft hat von der Hand seiner Feinde! Joab aber sprach zu ihm: Du bist heute kein Mann guter Botschaft! An einem anderen Tag kannst du eine gute Botschaft bringen, heute aber kannst du keine gute Botschaft bringen; denn der Sohn des Königs ist tot! (2.Sam 18,19-20 SCH2000)
Und Achimaas, Sadduks Sohn, sagte zu Joab: Ich will laufen und dem König David die gute Nachricht verkünden, dass ihm der Herr Recht verschafft hat aus der Hand seiner Feinde. Und Joab sagte: Du bist nicht der Mann für eine gute Nachricht an diesem Tag. An einem anderen Tag magst du eine gute Nachricht verkünden, an diesem Tag jedoch wirst du keine gute Nachricht verkünden, denn der Sohn des Königs ist tot. (Septuaginta Deutsch)
In diesen zwei Versen kommt viermal das Wort für Evangelium im Griechischen Grundtext vor, dreimal als Verb („evangelisieren“), was oben mit „gute Nachricht (oder Botschaft) verkündigen“ übersetzt wurde, und einmal als Substantiv „gute Nachricht (bzw Botschaft)“. Und erneut ist das Thema ähnlich. Ein Feind von David ist tot und der Überbringer der Nachricht glaubt, das sei eine „gute Nachricht“ (Evangelium) für den König und will den König damit erfreuen. Joab weiß, dass der König sich darüber aber nicht freuen wird. Und so soll es auch sein: als der Bote doch - gegen den Rat von Joab - losrennt und die vermeintlich „gute Nachricht“ überbringt, bricht David in Tränen aus und trauert um seinen toten Sohn.
Trauer statt Freude. Wir sehen an diesen Stellen zwar, dass die Übersetzung „gute Nachricht“ grundsätzlich korrekt ist, aber nicht als gute Nachricht ankommt, weil der Überbringer und der Empfänger der Nachricht unterschiedlich darüber befinden.
Und exakt das selbe Bild ergibt sich im Neuen Testament. Jesus zog durch die Lande und verkündigte das Evangelium. Doch Er wurde nicht überall freundlich aufgenommen. Immer wieder wurde Er abgewiesen und sogar fortgejagt. Die „gute Nachricht“, die Er verkündete, war nicht überall willkommen. Schließlich wurde Er sogar dafür verspottet, gegeißelt und gekreuzigt. Und genauso erging es später Seinen Jüngern, allen voran den Aposteln. Auch sie wurden vertrieben, verfolgt, angespuckt, geschlagen, ausgepeitscht und hingerichtet, obwohl sie doch nur das Evangelium, also die „gute Nachricht“ verkündigten!? Aus Sicht der Überbringer der Nachricht war sie auch durch und durch gut. Aber die Empfänger sahen das oft ganz anders. Wie kann das sein?
Dazu muss man wissen, was das Evangelium war, das Jesus und Seine Jünger verkündigten. Denn heute werden oft ganz andere Evangelien verbreitet, unverfängliche, allgemein als gut angesehene Botschaften, wie etwa „Jesus liebt dich“ oder „du bist gerettet“ oder „du bist ein Kind Gottes“ oder „Gott segnet dich“. Niemand hätte je für solche Botschaften Prügel oder Folter einstecken müssen, auch nicht zur Zeit der Apostel. Aber kein Evangelist hat in der Bibel je solche Nachrichten verkündigt. Denn das sind Botschaften, die auf das Publikum abgestimmt sind, kundenorientierte Botschaften, die immer gut ankommen. Jesus und seine Apostel waren aber ganz anders ausgerichtet. Sie predigten nicht das, was die Leute hören wollten, sondern das, was Gott verkündigt haben wollte. Und das ist damals wie heute den meisten Menschen ein Ärgernis.
Sprachlich betrachtet fällt im Neuen Testament auf, dass es kaum zwei Deutsche Übersetzungen gibt, wo das Wort Evangelium in der selben Anzahl vorkommt (siehe Tabelle).
Wie oft kommt das Wort Evangelium im Neuen Testament der gängigsten Deutschen Bibelübersetzungen vor?
Übersetzung | Vorkommen „Evangelium“ | Vorkommen „Evangeliums“ | Vorkommen gesamt |
---|---|---|---|
Lutherbibel 2017 | 87 | 17 | 104 |
Elberfelder | 70 | 22 | 92 |
Hoffnung für alle | 0 | 0 | 0 |
Schlachter 2000 | 86 | 22 | 108 |
Die neue Zürcher Bibel | 87 | 21 | 108 |
Einheitsübersetzung 2016 | 90 | 21 | 111 |
Gute Nachricht | 0 | 0 | 0 |
Neue Genfer Übersetzung | 103 | 25 | 128 |
Neues Leben | 0 | 0 | 0 |
Neue Evangelistische Übersetzung | 40 | 16 | 56 |
Menge Bibel | 0 | 0 | 0 |
Das Buch | 1 | 0 | 1 |
Zum Vergleich: im Griechischen Grundtext kommt, je nach Textfamilie (darauf gehen wir hier nicht näher ein), das Wort euaggelion (εὐαγγέλιον, G2098) 77 bzw. 74-mal vor. Das Verb dazu, euaggelizō (εὐαγγελίζω, G2097), kommt weitere 61 bzw 52-mal vor. Beide Vorkommen zusammen also 138 bzw. 126.
Wenn wir uns diese Tabelle ansehen, fragen wir uns unwillkürlich „Was ist mit den Übersetzern los?" Während manche Übersetzer das Wort Evangelium mehr oder weniger fleißig einsetzen, meiden es andere offenbar wie die Pest und schreiben es kein einziges Mal. Aber niemand hält sich an den Grundtext, der das Wort häufiger enthält als praktisch alle deutschen Bibeln. Hat das noch mit übersetzen zu tun? An diesem einen Wort sieht man deutlich, dass es bei der Bibelübersetzungsarbeit vorwiegend um Theologie und/oder Ideologie des Verlages geht, aber nicht um wortgetreue Übersetzung der heiligen Schriften, bei denen doch jedes einzelne Wort Gewicht hat! Was die wahren Beweggründe der Übersetzer sind, werden wir frühestens dann wissen, wenn wir sie fragen, aber ein paar Hinweise kann man auch so gewinnen:
Eine Bibelübersetzung nennt sich selbst „Gute Nachricht“ und hat das Wort „Evangelium“ aus ihrem Wortschatz verbannt, sie schreibt stattdessen stets „Gute Nachricht“. Ähnlich verfährt die „Hoffnung für alle“, die meistens statt dem Wort Evangelium die Umschreibung „rettende Botschaft“ verwendet. Klingelt es? Hier dürfte der Zeitgeist die Übersetzungsarbeit vorgeben. Der Zeitgeist will alles immer nur positiv sehen (siehe auch Man muss immer das Positive sehen!), gerade im Christentum, und deswegen soll nur eine „Gute Nachricht“ oder „rettende Botschaft“ verbreitet werden. Dass das Evangelium für viele Menschen aber eine schreckliche, bedrohliche, schlechte Nachricht ist, das wird ausgeblendet. Und so wird der eigentliche Charakter des Evangeliums von Anfang an verzerrt.
Hinzu kommt, dass das Wort Evangelium (εὐαγγέλιον, euaggelion) zur Zeit Jesu kein religiöser Begriff war, sondern ein alltäglicher, weltlicher, ja sogar politischer!
In der profan-griechischen Sprache ist εὐαγγέλιον zunächst die „Siegesbotschaft“, d.h. die Kunde vom Siege. Solche Botschaft brachte dem Überbringer Lohn ein. Von hier aus kann der Begriff gleichzeitig die Bedeutung von „Lohn“ für die Überbringer der Botschaft haben („Botenlohn“). (Georg Strecker, Theologie des Neuen Testaments, S 355)
Betrachtet man die oben genannten Beispiele aus dem Alten Testament, dann trifft genau das zu! Es war eine Siegesbotschaft über die Feinde. So wurde Evangelium bereits Jahrhunderte vor Jesu Geburt verstanden.
In der hellenistischen Herrscher- und (daran anschließenden) Kaiserverehrung hat εὐαγγέλιον darüber hinaus eine kultische Bedeutung. [...] Das, was er (der Kaiser) tut und sagt, kann Inhalt des εὐαγγέλιον sein; so die Mündigkeitserklärung oder die Thronbesteigung, vor allem die Geburt des Thronfolgers. Hierauf bezieht sich die berühmte Inschrift von Priene 105,40f (Kleinasien). (Georg Strecker, Theologie des Neuen Testaments, S 355)
Der auf Deutsch übersetzte Wortlaut der Inschrift von Priene anlässlich der Geburt des Kaisers lautet so:
Da die Vorsehung, die unser Leben ordnet, alle Mühe und allen Eifer aufgewandt, das für unser Leben vollendete Gute geschaffen und den Augustus hervorbrachte, den sie zum Wohl der Menschheit mit jeder guten Fähigkeit erfüllt hat, für uns und unsere Nachkommen wie einen Gott an ihrer Stelle hervorgebracht hat, und einen geschenkt hat, der dem Krieg ein Ende setzen und den Frieden in schöner Ordnung gestalten sollte, und da der Kaiser, mit diesen Fähigkeiten geboren, die Erwartungen der Empfänger mit seinen Wohltaten übertroffen hat, wobei er nicht nur seine Vorgänger mit der Fülle seiner Leistungen überholt, sondern auch seinen Nachfolgern keinerlei Hoffnung gelassen hat, sich ihm vergleichen zu dürfen; und da mit dem Geburtstag dieses Gottes für die Welt die Evangelien, die von ihm ausgehen, ihren Anfang nahmen ... [aus all diesen Gründen wird der Vorschlag des Prokonsuls, ihn zu ehren, angenommen und folgender Beschluss gefasst ...]“ (OGIS 458; Schreiber, Prof.Dr.Ute Poplutz, uni-wuppertal).
Das ist ein Beschluss, der anlässlich der Geburt des römischen Kaisers Augustus gefasst wurde. Er liest sich wie die Geburt eines Gottes (und nennt es auch wörtlich so), der dem Krieg ein Ende setzt, der den Frieden in schöner Ordnung gestaltet, und von dem für die Welt Evangelien ausgehen! Wer erkennt, wie sehr das nicht nur Jesus Christus und seinem Anspruch ähnelt, sondern wie jeder Evangelist (Autor der vier Evangelien), allen voran Lukas, mit seinem Evangelium von Jesu Geburt und Königsanspruch bewusst eine Entgegnung auf die Evangelien des Kaisers, schrieb und wie politisch alle Verkünder dieses neuen Evangeliums verstanden werden mussten? Es war eine Provokation. Ein Machtkampf, den Jesus mit der Verkündigung seines Evangeliums eröffnete. Allein schon, weil er es Evangelium nannte. Das weckte Erwartungen und Entrüstung.
Wenn der Kaiser von Rom seinem Volk eine Mitteilung zu machen hatte, ließ er ein Evangelium verkünden! Das Wort Evangelium wurde damals also von den Menschen gut verstanden, es war ihnen vertraut, es war ein normales, alltägliches Wort, ganz anders als heute, wo es vielen Menschen ein Fremdwort ist oder wie ein abgehobener, geschützter Markenname der Kirche vorkommt. Es mag sein, dass auch deswegen viele moderne Übersetzungen dieses Wort vermeiden, und stattdessen „unbelastete“ Begriffe dafür suchen. Aber entspricht das dem Willen Gottes und dem Sinn des Evangeliums? Soll es unbelastet, leicht und fröhlich daher kommen? Wie schon bereits betont, provozierten Christus und seine Apostel und Evangelisten ganz bewusst indem sie den politischen Begriff Evangelium verwendeten. Die meisten Menschen, die das Evangelium in den ersten Jahrhunderten verkündeten, mussten sogar ihr Leben dafür lassen, insbesondere die Apostel! Wer erfasst heute noch die Schärfe, Tragweite und Brisanz dieses Evangeliums, für das Gemeinden verfolgt und zerstört, Frauen und Männer ins Gefängnis geworfen, gefoltert und hingerichtet wurden, wenn es in Worte wie „gute Nachricht“, „rettende Botschaft“ oder „frohe Botschaft“ umbenannt wird?
Welches Evangelium verkündigten Jesus und seine Apostel wirklich?
Die Heilige Schrift nennt es das „Evangelium vom Reich Gottes" (Mt 4,23. 9,35.24,14; Lk 4,43;8,1;16,16; Apg 8,12) und genau dieses Evangelium muss der ganzen Welt verkündigt werden bevor das Ende kommt:
Und Jesus durchzog ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen und verkündigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im Volk.(Mt 4,23)
Nachdem aber Johannes gefangen genommen worden war, kam Jesus nach Galiläa und verkündigte das Evangelium vom Reich Gottes (Mk 1,14)
Er aber sprach zu ihnen: Ich muss auch den anderen Städten das Evangelium vom Reich Gottes verkündigen; denn dazu bin ich gesandt. (Lk 4,43)
Das Gesetz und die Propheten reichen bis zu Johannes; von da an wird das Evangelium vom Reich Gottes verkündigt, und jeder drängt mit Gewalt hinein.. (Lk 16,16)
Und dieses Evangelium vom Reich wird in der ganzen Welt verkündigt werden, zum Zeugnis für alle Heidenvölker, und dann wird das Ende kommen. (Mt 24,14)
Als sie aber dem Philippus glaubten, der das Evangelium vom Reich Gottes und vom Namen Jesu Christi verkündigte, ließen sich Männer und Frauen taufen. (Apg 8,12)
Alle Evangelien und die Apostelgeschichte bezeugen, dass Jesus und später auch seine Jünger das Evangelium vom Reich Gottes verkündeten. Mit einer Ausnahme: das Johannesevangelium tut es nicht, es kommt darin das Wort Evangelium kein einziges Mal vor.
Was bedeutet nun dieses Evangelium vom Reich und gibt es noch andere Evangelien?
Das Evangelium vom Reich Gottes dreht sich um das Reich Gottes, das kommen wird. Das verkündigten Jesus und Seine Jünger bereits Jahre vor Jesu Kreuzigung, Tod und Auferstehung und genau das verkündigten sie auch weiterhin danach. Das Evangelium hat sich also durch Jesu Tod und Auferstehung nicht geändert, denn nach wie vor gilt, dass das Reich Gottes kommen wird. Wie das Reich Gottes aussieht und sein wird, ist Kernbotschaft des Evangeliums und hat der Herr Jesus in vielen Gleichnissen geschildert. Ist das eine gute Nachricht? Nunja, das hängt von den Menschen ab, die es hören. Für Menschen, die Gott als ihren König haben möchten und Sein Reich sehnlichst erwarten, wo die ganze Erde nach Gottes Willen und Gesetz regiert werden wird, ist es eine frohe, rettende Botschaft. Für König Herodes, Pontius Pilatus, dem Kaiser in Rom, und alle anderen Mächtigen war das eine durch und durch schlechte, gefährliche Nachricht, weil sie bedeutete, dass sie ihre Macht verlieren werden und sich einem anderen König, der kommen wird, unterwerfen müssten. Die Gefahr dieses Evangeliums wurde auch erkannt:
Als sie sie aber nicht fanden, schleppten sie den Jason und etliche Brüder vor die Obersten der Stadt und schrien: Diese Leute, die die ganze Welt in Aufruhr versetzen, sind jetzt auch hier; Jason hat sie aufgenommen! Und doch handeln sie alle gegen die Verordnungen des Kaisers, indem sie sagen, ein anderer sei König, nämlich Jesus! (Apg 17,6-7)
Das Evangelium vom Reich verkündet also einen neuen König, der kommen und sich die ganze Erde unterwerfen wird. Das ist das Ende jeder menschlichen, weltlichen Regierung. Es ist eine schlechte Nachricht für alle Regime dieser Welt, für Freunde des Kommunismus, für Anhänger der Demokratie, für Verfechter der Anarchie. Denn sie alle werden enttäuscht sein, weil ihr Regierungskonzept ein für alle Mal beendet werden und stattdessen ein ewiges Königreich unter dem König der Könige Jesus Christus errichtet werden wird, dem sich alle beugen und Ihm gehorsam sein müssen. Es ist ein herausforderndes Evangelium mit einem vernichtenden Ende für alle, die sich nicht rechtzeitig und freiwillig den Gesetzen, Geboten und Ordnungen des Christus unterordnen. Es ist ein Todesurteil für alle, die lieber ihre eigenen Regeln und Gesetze machen, die lieber Menschengebote über Gottes Gebote stellen, und die sich gut arrangiert haben mit den Schönen, Reichen und Mächtigen dieser Welt.
Und so hat das Evangelium vom Reich Gottes zwei Seiten.
1. Eine gute, aufbauende für jene, die dem Evangelium gehorsam sind:
indem sie durch den Beweis dieses Dienstes zum Lob Gottes veranlasst werden für den Gehorsam eures Bekenntnisses zum Evangelium von Christus und für die Freigebigkeit der Unterstützung für sie und für alle; und in ihrem Flehen für euch werden sie eine herzliche Zuneigung zu euch haben wegen der überschwänglichen Gnade Gottes euch gegenüber. (2.Kor 9,13-14)
Darum, meine Geliebten, wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit, verwirklicht eure Rettung mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, der in euch sowohl das Wollen als auch das Vollbringen wirkt nach seinem Wohlgefallen. Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr unsträflich und lauter seid, untadelige Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter welchem ihr leuchtet als Lichter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens darbietet, mir zum Ruhm am Tag des Christus, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin, noch vergeblich gearbeitet habe. (Phil 2,12-14)
Und so wird Christus, der kommende König des Reiches, für diese sein:
Und obwohl er Sohn war, hat er doch an dem, was er litt, den Gehorsam gelernt; und nachdem er zur Vollendung gelangt ist, ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden (Hebr 5,8-9)
2. Auf der anderen Seite aber eine schlechte, schreckliche für jene, die ihm nicht gehorsam sind:
in flammendem Feuer, wenn er Vergeltung üben wird an denen, die Gott nicht anerkennen, und an denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorsam sind. Diese werden Strafe erleiden, ewiges Verderben, vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Kraft, an jenem Tag, wenn Er kommen wird, um verherrlicht zu werden (2.Thess 1,8-10)
Und so wird Christus aber, der kommende König des Reiches, für jene sein:
Doch jene meine Feinde, die nicht wollten, dass ich König über sie werde — bringt sie her und erschlagt sie vor mir! (Luk 19,27)
Heute wird dieses Evangelium kaum noch gepredigt und verkündigt. Denn heute wollen die Überbringer von Botschaften geliebt werden statt gehasst, sie wollen willkommen sein und verehrt werden anstatt verschmäht, geächtet und beschimpft. Und so wurde das Evangelium verändert. Meist werden heute Slogans unter dem Titel „Evangelium“ verbreitet, die allesamt gar nicht in der Bibel vorkommen. Man ging mit der Zeit. Der Zeitgeist gibt heute die Botschaften vor. Zur Zeit der Apostel waren es noch Christus und sein Heiliger Geist, die den Ton angaben.
Paulus sah voraus, dass später andere Evangelien verkündigt würden und ermahnte eindringlich seine Gemeinden:
Mich wundert, dass ihr euch so schnell abwenden lasst von dem, der euch durch die Gnade des Christus berufen hat, zu einem anderen Evangelium, während es doch kein anderes gibt; nur sind etliche da, die euch verwirren und das Evangelium von Christus verdrehen wollen. Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch etwas anderes als Evangelium verkündigen würden als das, was wir euch verkündigt haben, der sei verflucht! Wie wir es zuvor gesagt haben, so sage ich auch jetzt wiederum: Wenn jemand euch etwas anderes als Evangelium verkündigt als das, welches ihr empfangen habt, der sei verflucht! Rede ich denn jetzt Menschen oder Gott zuliebe? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich allerdings den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich nicht ein Knecht des Christus. (Gal 1,6-10)
Klare Worte. Nur das Evangelium, das Paulus und die anderen Aposteln überlieferten, ist das einzig wahre und richtige. Jeder, der ein anderes Evangelium verkündigt, ist verflucht, und sei es ein Engel. Ebenso klar seine Absage, mit dem Evangelium Menschen gefallen zu wollen. Denn wer den Menschen gefällig sein will, ist kein Knecht Gottes mehr. Das ist übrigens auch ein Bestandteil des einzig richtigen Evangeliums vom Reich:
Niemand kann zwei Herren dienen, denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon! (Mt 6,24)
Jetzt wird auch klar, für wen dieses Evangelium des Reiches Gottes eine ganz schlechte Botschaft ist: für all jene, die Geld lieben, die dem Geld dienen, für die sich im Leben alles ums Geld dreht, und die ihre Sicherheit und Macht auf Geld gründen. Und für alle, die meinen, sie könnten beiden dienen, Gott und dem Mammon. Denn damit lehnen sie das Evangelium von Jesus Christus ab, das die Reichen verflucht:
Aber wehe euch, ihr Reichen, denn ihr habt euren Trost schon empfangen! (Lk 6,24)
Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wahrlich, ich sage euch: Ein Reicher hat es schwer, in das Reich der Himmel hineinzukommen! Und wiederum sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt! Als seine Jünger das hörten, entsetzten sie sich sehr und sprachen: Wer kann dann überhaupt gerettet werden? (Mt 19,23-25)
Wohlan nun, ihr Reichen, weint und heult über das Elend, das über euch kommt! Euer Reichtum ist verfault und eure Kleider sind zum Mottenfraß geworden; euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird gegen euch Zeugnis ablegen und euer Fleisch fressen wie Feuer. Ihr habt Schätze gesammelt in den letzten Tagen! Siehe, der Lohn der Arbeiter, die euch die Felder abgemäht haben, der aber von euch zurückbehalten worden ist, er schreit, und das Rufen der Schnitter ist dem Herrn der Heerscharen zu Ohren gekommen! (Jak 5,1-4)
Mehr zum Thema Reichtum an anderer Stelle. Hier sei nur gezeigt, dass das Evangelium vom Reich Gottes nicht mit dem Reichtum und den Mächtigen dieser Welt zusammen passt. Es ist das Gegenkonzept dazu. Und so erkannte man auch stets echte Apostel und Verkündiger des Evangeliums daran, dass sie bescheiden und unbestechlich waren, während die falschen Aposteln geldgierig, käuflich und auf menschliche Anerkennung aus waren. Und genauso verhält es sich übrigens mit den Kirchen.
Aber gibt es in der Bibel nicht verschiedene Evangelien?
Nein, eigentlich nicht. Es wird zwar gelegentlich unterschiedlich bezeichnet in der Bibel, aber es ist damit immer nur das eine Evangelium vom Reich Gottes gemeint, das Jesus verkündigte und Seinen Jüngern befahl, es genauso zu tun.
Die vier Evangelien in der Bibel verkünden nicht nur alle das selbe Evangelium, sie sind gemeinsam das Evangelium. Sie lehren auch, dass man das Evangelium nicht nur in einem Satz sagen kann, sondern viel mehr erzählen und verkünden muss. Deswegen lehrten die Apostel ihr Leben lang, oft jahrelang in den selben Gemeinden, so wie es auch schon der Herr Jesus getan hatte.
Auch Paulus lehrte kein anderes Evangelium, obwohl ihm das gerne von unwissenden Bibellesern oder Irrlehrern nachgesagt wird, etwa weil er an einer Stelle vom Evangelium der Gnade schreibt (Das Wort Gnade wird heute leider total falsch verstanden, werden wir aber an einer anderen Stelle erläutern). Er meinte damit aber dennoch das Evangelium vom Reich Gottes, denn ein anderes lehrte er nicht und ließ er auch nicht zu. Er betont sogar, dass es kein anderes Evangelium gibt und jeder verflucht sei, der ein anderes predigt (siehe oben). Das einzig richtige Evangelium wurde von Jesus Christus an Seine Jünger überliefert und wird von diesen wiederum an deren Jünger weitergegeben (das nennt man die Lehre der Apostel!). Auch bei Paulus war das nicht anders. Auch Paulus lehrt ständig vom Reich Gottes:
Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist; wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig und auch von den Menschen geschätzt. (Röm 14,17)
Denn das Reich Gottes besteht nicht in Worten, sondern in Kraft! Was wollt ihr? Soll ich mit der Rute zu euch kommen, oder in Liebe und im Geist der Sanftmut? (1.Kor 4,20-21)
Wisst ihr denn nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht: Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Weichlinge, noch Knabenschänder, weder Diebe noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Lästerer, noch Räuber werden das Reich Gottes erben. (1.Kor 6,9-10)
Offenbar sind aber die Werke des Fleisches, welche sind: Ehebruch, Unzucht, Unreinheit, Zügellosigkeit; Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Streit, Eifersucht, Zorn, Selbstsucht, Zwietracht, Parteiungen; Neid, Mord, Trunkenheit, Gelage und dergleichen, wovon ich euch voraussage, wie ich schon zuvor gesagt habe, dass die, welche solche Dinge tun, das Reich Gottes nicht erben werden. (Gal 5,19-21)
und Jesus, der Justus genannt wird, die aus der Beschneidung sind. Diese allein sind meine Mitarbeiter für das Reich Gottes, die mir zum Trost geworden sind. (Kol 4,11)
ihr wisst ja, wie wir jeden Einzelnen von euch ermahnt und ermutigt haben wie ein Vater seine Kinder, und euch ernstlich bezeugt haben, dass ihr so wandeln sollt, wie es Gottes würdig ist, der euch zu seinem Reich und seiner Herrlichkeit beruft. (1.Thess 2,11-12)
Auch Paulus bekam das Evangelium nicht von irgendwem, er dachte es sich auch nicht aus, sondern legte großen Wert darauf, dass er es höchstpersönlich von Christus überliefert bekam:
Ich lasse euch aber wissen, Brüder, dass das von mir verkündigte Evangelium nicht von Menschen stammt; ich habe es auch nicht von einem Menschen empfangen noch erlernt, sondern durch eine Offenbarung Jesu Christi. (Gal 1,11-12)
Damit war Paulus ein vollwertiger Apostel, denn er hatte das Evangelium von der selben Quelle wie alle anderen Aposteln, nämlich von Jesus Christus selbst, und trat auch die Gegenprobe an: Er legte es den anderen Aposteln vor und wurde von ihnen bestätigt, dass er das richtige Evangelium lehrte und kannte, denn sonst wäre er vergeblich gelaufen (Gal 2,2). Und deswegen konnte Paulus so selbstsicher schreiben, dass er jeden verflucht, der ein anderes Evangelium predigt (siehe oben). Denn es gibt kein anderes Evangelium, das wahr wäre. Jeder, der von diesem Evangelium des Reiches abweicht, ist nicht nur ein Irrlehrer, sondern auch verflucht.
Wenn man die frühen Christen beobachtet, sieht man auch ihr ernsthaftes, eifriges Bemühen, nur ja nicht von diesem an sie überlieferten Evangelium abzuweichen, weder zur Linken noch zur Rechten. Denn Jesus Christus befahl genau das bei seiner letzten Ansage vor seiner Himmelfahrt, die schon ein Vorgeschmack auf sein kommendes Reich und seine Regentschaft als einziger, allherrschender König ist:
Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. So geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit! Amen. (Mt 28,18-20)