• Und was passierte, als die Christen aufhörten sie zu predigen

Die Ironie an der heutigen Kirche ist, dass ein grundlegender Kern des Glaubens des Christentums fast völlig verloren gegangen ist.

Der Glaube, auf den ich mich beziehe, wird manchmal die Zwei-Königreiche-Lehre (oder Zwei-Reiche-Lehre) genannt. Diese Lehre wurde universal im ganzen Urchristentum geglaubt, und doch ist es eine Lehre, die man heute kaum noch wo hört. Doch wenn Sie diese Lehre und alle ihre Auswirkungen nicht vollständig begreifen, werden Sie das Ur- und Frühchristentum nie verstehen können. Aus deren Sicht werden Sie sicherlich niemals das authentische apostolische Christentum verstehen können. In dieser Botschaft werden wir uns also damit befassen, was die frühen Christen mit dieser Lehre meinten und was sie für uns heute bedeutet. Ich beginne damit, die Lehre von den zwei Königreichen zu definieren:

Kurz gesagt, es ist der Glaube, dass es heute zwei Königreiche oder zwei Reiche gibt.

  1. Das Königreich Gottes, und
  2. Das Königreich dieser Welt.

Es gibt das Königreich des Lichts und das Königreich der Finsternis. Nach dieser Lehre ist das Königreich Gottes (Reich Gottes) notwendigerweise getrennt und verschieden von der Weltordnung, die es umgibt.


Das Königreich Gottes ist nicht etwas Zukünftiges oder etwas, in das wir erst nach unserem Tod oder nach der Wiederkunft Christi kommen. Es ist etwas, das hier und jetzt in den wahren Jüngern von Jesus Christus besteht. Außerdem ist das Königreich Gottes kein geistliches, symbolisches oder bildliches Reich, sondern etwas Konkretes mit eigenen Gesetzen, Werten, einer eigenen Führung und einer eigenen Weltanschauung wie jedes andere Reich. Infolgedessen lebt das Volk Gottes in dieser Welt lediglich als Fremde und Ausländer, weil es bereits Bürger eines anderen Königreiches ist. Sie leben also nach ganz anderen Gesetzen. Sie haben andere Werte und eine andere Sicht auf die Welt als die Bürger dieser Welt.

Nach dieser Lehre sind alle Reiche dieser Welt Teil des Königreiches der Finsternis. Das liegt daran, dass Satan der Fürst dieser gegenwärtigen Welt ist. Das heißt aber nicht, dass Jesus Christus und Sein Vater nicht in die Reiche dieser Welt involviert sind, denn Gott ist immer noch derjenige, der letztlich die Kontrolle über die Reiche dieser Welt hat. Auch wenn sie es nicht zugeben, leiten die irdischen Herrscher ihre Macht von Gott ab; allerdings ist Gottes Herrschaft über die irdischen Reiche etwas völlig anderes als Seine Aufsicht über Sein Königreich.

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass diese beiden Königreiche nicht vermischt werden können.

Jetzt werden Sie vielleicht denken: „Okay, diese Lehre von den zwei Königreichen klingt nicht besonders einzigartig. Viele Kirchen lehren das heute“.

Ich stimme zu, dass es heute viele Kirchen gibt, die ein Lippenbekenntnis zu dieser Lehre ablegen, aber es gibt nur sehr wenige Kirchen, die diese grundlegende Lehre des Christentums tatsächlich noch vertreten. Ich sage das, weil viele Kirchen zwar ein Lippenbekenntnis zur Lehre von den zwei Königreichen ablegen, aber wenn es hart auf hart kommt, denken die meisten bekennenden Christen heute immer noch, dass sie diese zwei Königreiche miteinander vermischen können.

Wenn es hart auf hart kommt, verhalten sich sogar Menschen, die sich als bibeltreue Christen bezeichnen (sie sagen, dass sie nicht von dieser Welt sind), sich fast nicht unterscheiden von der Welt, abgesehen von ein paar auffälligen Themen wie Abtreibung, Homosexualität oder illegale Drogen.

Nur weil sie in ein paar Fragen einen konservativen Standpunkt einnehmen, machen sie sich vor, dass sie sich wirklich von dieser Welt unterscheiden. Die Wahrheit ist jedoch, dass die meisten bekennenden Christen heute durch und durch ein Teil dieser Welt sind. Sie sind Teil der weltlichen Regierung, weltlichen Mentalität und weltlichen Wirtschaftszweige, und das war schon immer so, seit Konstantin.


Für die frühen Christen war dies jedoch kein Lippenbekenntnis, sondern die blanke Realität. Sie waren wirklich Bürger eines anderen Königreiches als die Menschen um sie herum, und die Römer nahmen zur Kenntnis, wie anders und eigentümlich diese Christen waren.

Der größte Teil dieses Vortrages wird nun nicht darin bestehen, dass ich die beiden Königreiche erkläre und was die Urchristen darüber glaubten. Es werden die Urchristen selbst sein, die uns allen erklären, was sie meinten und was sie glaubten.

Das erste Zitat, das ich vorbringen möchte, stammt von Origenes, geschrieben um das Jahr 248. Er schrieb als Antwort auf einen Heiden namens Celsus, der ein Werk gegen das Christentum verfasst hatte. Darin verunglimpfte Celsus die Christen und griff sie wegen ihrer Ansichten an. Dies ist ein äußerst wichtiges Werk, weil man erfährt, was die Heiden damals über die Christen sagten und wie die frühen Christen darauf reagierten.

Origenes schreibt:

Celsus ermahnt uns weiter, „wir sollten obrigkeitliche Ämter in der Vaterstadt übernehmen, wenn die Erhaltung der Gesetze und die Gottesfurcht auch dieses fordere“ (Origenes, Gegen Celsus (BKV), Achtes Buch, Kapitel 75)

Hier kritisiert der Heide Celsus also die Christen, indem er sagt sie sollten Ämter in den Regierungen ihrer Länder übernehmen, weil sie das nicht taten. Er würde sie nicht dafür kritisieren, hätten sie es ohnehin getan.

Origenes antwortet:

Wir aber wissen, daß in jeder Stadt [wörtlich: in jedem Staat] noch eine andere Heimatgemeinde [wörtlich: nationale Organisation. Leider trifft die BKV mit ihrer Übersetzung den ursprünglichen Sinn nicht wirklich, auf den sich aber David Bercot bezieht. Origenes benutzte absichtlich weltliche Begriffe um zu zeigen, dass die Christen sehr wohl ein „nationales“ Denken mit „nationalen“ Begriffen hatten, aber nicht im weltlichen sondern im christlichen Sinne. Die Christen dienten in nationalen christlichen Organisationen, die von Jesus Christus gegründet wurden, nicht in Ämtern, die von der weltlichen Staatsregierung gegründet wurden. Anm. des Übersetzers] durch das Wort Gottes gegründet ist, und ermahnen deshalb diejenigen, welche durch ihre Redegabe und sittliche Lebensführung zum Regieren fähig sind, die Gemeinden [wörtlich: Kirchen. Gemeint sind also nicht politische Gemeinden sondern christliche. Anm. des Übersetzers] zu leiten.... Wenn nun die Christen die Übernahme von staatlichen Ämtern ablehnen, so tun sie das nicht, um sich den gemeinsamen Dienstleistungen des bürgerlichen Lebens zu entziehen, sondern um sich für den göttlicheren und notwendigeren Dienst an der Kirche Gottes zum Wohle der Menschen zu erhalten. (Origenes, Gegen Celsus (BKV), Achtes Buch, Kapitel 75)

Mit dem „Wort Gottes“ meint er die Person Jesus Christus. Origenes bestreitet dies also nicht, indem er sagt: Oh nein, wir nehmen ja an der Regierung teil und bekleiden öffentliche Ämter!

Er sagt vielmehr: Du hast recht, wir tun das nicht, und der Grund dafür ist, dass wir sehen, dass es ein anderes Königreich gibt, das „in jedem Staat gegründet ist“, und unsere Führer sind Herrscher in diesem göttlichen Königreich. Sie leiten in diesem Königreich indem sie christliche Gemeinden regieren.

Auch die frühen Christen bezeugten und erkannten, dass zwischen diesen beiden Königreichen Feindschaft besteht. Die älteste Predigt, die uns außerhalb des Neuen Testaments vorliegt, wurde um das Jahr 150 n.Chr. gehalten und besagt Folgendes:

Die jetzige und die zukünftige Welt sind zwei Feinde. Die jetzige predigt Ehebruch, (sittliches) Verderben, Geldgier und Trug, die andere widersagt diesem. Wir können also nicht beider Freund sein; wir müssen dieser Welt entsagen und uns der anderen anschließen. (Zweiter Brief des Klemens von Rom an die Korinther (BKV), 6. Kap.)

Origenes hatte dies in einem anderen Werk um das Jahr 245 geschrieben:

Und es ist nicht möglich, dass jemand in das Himmelreich kommt, der sich nicht von den Angelegenheiten dieser Welt abgewandt hat und den kleinen Kindern, die den Heiligen Geist besitzen, gleich geworden ist. (Origenes Kommentar zum Matthäusevangelium, 13. Buch, Kap. 18 (ANF) (ca. 245, E), 9.485.)

Eine natürliche Folge von all dem ist, dass Sie, wenn Sie ein Bürger des himmlischen Reiches sind, sich natürlich nicht zu sehr für die Angelegenheiten des Reiches dieser Welt interessieren.

Tertullian, der um das Jahr 197 an die Römer schrieb, sagte:

Wir hingegen, die wir von dem Feuer der Ruhm- und Ehrsucht durchaus nichts empfinden, wir haben auch kein Bedürfnis einer Parteistiftung, und es ist uns nichts fremder als die Politik. (Tertullian, Apologetikum (BKV), 38. Kap.)

Jeder Eifer für Ruhm und Ehre ist in uns gestorben. Wir haben also keine dringende Veranlassung, an euren öffentlichen Versammlungen teilzunehmen. Es gibt auch nichts, was uns fremder wäre als die Staatsgeschäfte. (Tertullian, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 197, W), 3.46.)

Hier erklärt ein Christ den Römern, warum die Christen so anders sind als sie.

Wiederum schrieb Tertullian um das Jahr 197 an die Heiden:

Wir erkennen nur ein einziges Gemeinwesen für alle an, die Welt. Und sogar euren Schauspielen entsagen wir in demselben Maße, wie den Ursprüngen derselben, welche wir aus dem Aberglauben entnommen wissen, da wir auch den Dingen ganz fern stehen, wodurch sie sich vollziehen. Unsere Zunge, unser Auge, unser Ohr hat keine Beziehung zum Wahnsinn des Zirkus, zur Schamlosigkeit des Theaters, zu den Gräßlichkeiten der Arena, zu den Eitelkeiten der Fechthalle. […] Wodurch denn in aller Welt beleidigen wir euch, wenn wir uns andere Vergnügungen auswählen? (Tertullian, Apologetikum (BKV), 38. Kap.)

Könnte die Mehrheit der Christen das heute sagen? Könnten sie sagen: Wir sind anders als ihr und wir haben kein Interesse an euren Filmen, Dramen, Sport und dergleichen?

Nun, nein, das könnten wir nicht sagen. Die Welt würde sagen, wir würden lügen. Die Römer nannten sie nicht Lügner, sie nannten sie sonderbar. Sie sagten, sie seien Feinde der menschlichen Rasse.

Die ersten beiden Zitate von Tertullian stammen aus apologetischen Schriften, die er an die Römer schrieb, um das Christentum zu erklären. Das nächste Zitat stammt aus einem Brief an seine Mitchristen. Er sagte dies um das Jahr 210:

Solange du dich für einen Christen hältst, bist du ein anderer Mensch als ein Heide. Gib ihm seine eigene Sicht der Dinge zurück, da er sich ja auch nicht von der deinigen belehren lässt. Warum stütz Du Dich auf einen blinden Führer, wenn du selbst Augen hast? Warum lässt Du Dich von einem Nackten bekleiden, wenn du Christus angezogen hast? (Tertullian, Über die Auferstehung des Fleisches, Kap. 3, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 210, W), 3.547.) 

Dies erinnert sehr an die Worte des Paulus, als er sagte:

„Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden!“ (2. Kor. 5,17)

Dies stammt aus einem Brief, der von Cyprian von Karthago (einem Vorsteher oder auch Bischof genannt) um das Jahr 250 geschrieben wurde. Er sagte:

Wer Vertrauen erlangt und den alten Menschen abgelegt hat, der soll nur über himmlische und geistliche Dinge nachdenken, und der Welt, der er bereits entsagt hat, keine Beachtung mehr schenken. (Cyprian, Three Books of Testimonies Against the Jews, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 250, W), 5.535.)

Ein weiteres Zitat aus der Antwort des Origenes auf Celsus. Er schrieb:

Celsus fährt fort zu sagen: „Sie [gemeint sind die Christen] müssen sich zwischen zwei Alternativen entscheiden. Wenn sie sich weigern, den Göttern den gebührenden Dienst zu erweisen und diejenigen zu ehren, die über diesen Dienst gesetzt sind, dann sollen sie sich weder freien lassen noch eine Frau heiraten, noch sich auf irgendeine andere Art am Leben beteiligen, sondern sollen sie sofort mit aller Eile abreisen und keine Nachkommenschaft zurücklassen, damit eine solche Menschenrasse vom Angesicht der Erde ausgerottet wird.“ (Origenes, Gegen Celsus, 8.Buch, Kapitel 55, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 248, E), 4.660.)

Sehen Sie noch einmal, wie sehr sich die frühen Christen von der Welt um sie herum unterschieden, und sehen Sie den Kontrast zwischen den bekennenden Christen von heute und den Christen damals, als das Christentum noch neu war?

Wie ich bereits erwähnt hatte, erkannten die frühen Christen, dass man diese beiden Königeiche nicht vermischen kann. Man kann nicht versuchen, ein Freund dieser Welt und ein Freund des Königreiches Gottes zu sein. Man kann nicht zwei Herren dienen.

Tertullian schrieb um das Jahr 195:

Aber auch die Kaiser hätten an Christus geglaubt, wenn entweder die Kaiser nicht für die Welt notwendig gewesen wären oder anderseits die Christen Kaiser hätten sein können. (Tertullian, Apologetikum, 21.Kapitel, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 195, W), 3.35.)

Man beachte, dass er einräumt, dass Christen natürlich keine Kaiser sein können. Man kann nicht gleichzeitig ein Teil des Königreiches Gottes und ein Teil des Königreiches dieser Welt sein.

In den Apostolischen Konstitutionen, die um das Jahr 390 aus Material zusammengestellt wurden, das viel früher geschrieben wurde, heißt es:

23. Wenn ein Bischof sich weltlicher Machthaber bediente, um durch sie in den Besitz der Kirche zu gelangen, so soll er abgesetzt und exkommuniziert werden und Alle, die mit ihm verkehren. (Die kirchlichen Canones der hl. Apostel, 23 (BKV), (zusammengestellt um 390, E), 7.501.)

Obwohl die Zusammenstellung dieser Kirchenordnung nach Konstantin geschah, gab es also immer noch das Verständnis, dass die Kirche vom Reich dieser Welt getrennt ist. Diese Trennungslinie ging zwar schnell verloren, aber direkt nach Konstantin war sie immer noch die Auffassung der Christen. Wenn man irgendwie das Amt eines Bischofs oder Aufsehers durch die Herrscher dieser Welt erlangt, wird man aus der Kirche exkommuniziert, ebenso wie jeder, der mit einem in Gemeinschaft steht. Wäre dies 100 Jahre später geschehen, wäre fast die gesamte Kirche (d. h. alle, die sich als Christen bekennen) exkommuniziert worden.


Nachdem Sie diese Zitate gelesen haben, denken Sie vielleicht, dass die frühen Christen auf dem Holzweg waren. Sie könnten wie viele Menschen heute sagen, dass Christen die Gesellschaft, in der sie leben, erlösen müssen. Christen sollen sich in der Regierung, in der Politik und in allen Arten von Unternehmen und sozialen Einrichtungen engagieren, damit sie dort etwas bewirken können und relevant sind. Was die frühen Christen taten, war unverantwortlich. Das sagen heute viele Leute. Aber lassen Sie mich fragen: Wessen Beispiel folgten die ersten Christen? Die Antwort ist, dass sie keinem anderen Beispiel folgten als dem von Jesus Christus selbst. Hat sich Jesus selbst in die Politik seiner Zeit eingemischt? Stellen Sie sich vor, was für einen Unterschied Er hätte machen können, wenn Er in die Regierung eingetreten wäre. Aber was sagt die Heilige Schrift dazu?

Johannes sagt uns:

Da nun Jesus erkannte, dass sie kommen würden, um ihn mit Gewalt zum König zu machen, zog er sich wiederum auf den Berg zurück, er allein. (Joh 6,15)

Als sie also Jesus zum König machen wollten, ging Er von dort weg. Er entkam ihnen. War Jesus unverantwortlich? Vernachlässigte Er seine Verantwortung und Pflichten? Nein, natürlich nicht. Vielmehr wusste Er, dass es unmöglich ist, zwei Herren zu dienen, wie Er bei Matthäus sagt:

Niemand kann zwei Herren dienen, denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten. (Mt 6,24)

Jesus sprach hier speziell über Geld und Geschäfte, aber wie viel mehr gilt dieser Grundsatz in der Politik. Wer war es eigentlich, der Jesus alle Reiche dieser Welt angeboten hat? War es Sein Vater? Nein, es war Satan:

Wiederum nimmt ihn der Teufel mit auf einen sehr hohen Berg und zeigt ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und spricht zu ihm: „Dieses alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest!“ (Matthäus 4,8-9 siehe auch Lukas 4,5-7)

Was ist mit den Aposteln und ihren Jüngern? Haben sie einen anderen Weg eingeschlagen als ihr Meister? Engagierten sie sich stark in der örtlichen römischen Regierung und in der Wirtschaft?

Nein.

Wie Jakobus schrieb:

Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, der macht sich zum Feind Gottes! (Jakobus 4,4)

Sie haben also klar verstanden, dass man nicht mit beiden befreundet sein kann. Der Apostel Johannes schrieb ganz am Ende des ersten Jahrhunderts:

Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt lieb hat, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Fleischeslust, die Augenlust und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern von der Welt. (1.Johannes 2,15-16)

Sie werden vielleicht sagen: „Sicher, mir ist klar, dass wir die Welt nicht lieben können, aber das bedeutet nicht, dass wir uns nicht in die Angelegenheiten der Welt einmischen sollten, um dort hineinzukommen und die Dinge zu ändern.“ Aber was sagt die Heilige Schrift dazu?

Paulus schrieb:

Zieht nicht in einem fremden Joch mit Ungläubigen! Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit miteinander zu schaffen? Und was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? „Darum geht hinaus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt nichts Unreines an! Und ich will euch aufnehmen" (2. Kor 6,14.17)

Paulus sprach hier nicht von der Ehe, auf die dieser Abschnitt normalerweise angewandt wird, obwohl ich denke, dass das Prinzip dort durchaus anwendbar ist. Er sprach davon, getrennt von der Welt zu leben.

Ich möchte Sie fragen: Wie kann ein Christ in die Politik gehen, ohne mit Ungläubigen zusammenzuarbeiten? Die Antwort lautet: Man kann es nicht.


Was ist also die Alternative, wenn wir uns nicht in die Regierungen und die anderen Angelegenheiten dieser Welt einmischen? Nun, die Antwort ist einfach. Wir leben als Fremdlinge in dieser Welt. Haben Sie schon einmal als Fremder in einem anderen Land gelebt? Ich schon, und es ist ein ganz anderes Gefühl. Sie lesen vielleicht in der Zeitung von den Wahlen, aber Sie verstehen, dass das nicht für Sie gilt, weil Sie kein Bürger dieses Landes sind.

Als ich 19 Jahre alt war, lebte ich eine Zeit lang in Honduras, und ich erinnere mich an Wahlslogans und solche Dinge, aber das hatte nichts mit mir zu tun, denn ich war amerikanischer Staatsbürger und konnte nicht an den Wahlen in Honduras teilnehmen. Es wäre dumm gewesen, wenn ich versucht hätte, mich in ihre Politik einzumischen. Das hätten sie von einem Ausländer nicht gewollt. Ich war zwar von den Entscheidungen ihrer Regierung betroffen, aber meine Staatsbürgerschaft lag woanders. Genau so haben die Urchristen in dieser Welt gelebt.

Laktanz schrieb ganz am Ende der frühchristlichen Ära (d. h. vor dem Konzil von Nizäa und Konstantins Eingreifen in die so genannte Kirche):

Denn wenn er [gemeint ist Gott] seinem Volk [gemeint sind die Christen] auch Reichtümer und Königreiche hätte schenken können, wie er sie zuvor den Juden gegeben hatte, deren Nachfolger und Nachkommen wir sind, so wollte er doch, dass sie unter der Macht und Herrschaft anderer lebten, damit sie nicht, verdorben durch das Glück des Wohlstandes, in den Luxus verfielen und die Gebote Gottes verachteten, wie unsere Vorfahren. (Laktanz, The Divine Institutes, Book V., Chap. XXIII, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 304-313, W), 7.160.)

Er sagt also, dass Gott uns in die Regierung hätte einbinden können. Wir hätten ein eigenes Reich des Christentums haben können, aber Gott wusste, dass uns das verderben würde. Deshalb leben wir unter der Herrschaft dieser irdischen Reiche.

Hermas schrieb um das Jahr 150, vielleicht sogar früher, vielleicht nur 50 Jahre oder weniger nach dem Tod des Apostels Johannes:

Er sprach zu mir: „Wisset, dass ihr Diener Gottes in der Fremde wohnet! Denn eure (Heimat-) Stadt ist weit entfernt von dieser Stadt. Wenn ihr nun aber eure Heimat kennet, in der ihr wohnen sollet, wozu erwerbet ihr hier Grundbesitz, kostspielige Einrichtungen, Wohnungen und überflüssige Bauten? Wer sich in dieser Stadt so einrichtet, der erwartet nicht, dass er zurückkehren werde in seine eigentliche Vaterstadt. […] Gib acht, dass dir die Verleugnung deines Gesetzes nicht verderblich werde; denn wenn du in deine (Heimat-) Stadt zurückkehren willst, wirst du nicht aufgenommen, weil du das Gesetz deiner (Vater)stadt verleugnet hast, sondern von ihr ausgeschlossen werden. (Der Hirte des Hermas (BKV), III, Erstes Gleichnis)

Tatian, ein Christ, der in der Mitte des zweiten Jahrhunderts mehrere Verteidigungen des Christentums verfasste, schrieb um das Jahr 160 als Christ (er sprach nicht von sich selbst):

Ich möchte kein König sein, nach Reichtum strebe ich nicht, militärische Würden lehne ich ab, Unzucht ist mir verhaßt, aufs Meer treibt mich kein unersättlicher Hunger nach Gold, um Siegeskränze kämpfe ich nicht, vom Wahnsinn der Ruhmsucht bin ich frei, den Tod verachte ich, über jede Krankheit bin ich erhaben, kein Leid verzehrt meine Seele. Bin ich ein Sklave, so ertrage ich die Sklaverei; bin ich ein Freier, so prahle ich nicht mit meinem Adel. [..] Stirb der Welt, indem du der Tollheit ihres Treibens entsagst; lebe für Gott, indem du dich durch Erkenntnis seines Wesens des alten Menschen entledigst. (Tatian, Rede an die Bekenner des Griechentums (BKV), 11.Kapitel, Übersetzung leicht korrigiert gemäß des englischen Textes der ANF, den Brother David zitiert.)

„Um Siegeskränze kämpfe ich nicht“, das bezieht sich auf militärische Ehren. „Stirb der Welt, indem du der Tollheit ihres Treibens entsagst; lebe für Gott, indem du dich durch Erkenntnis seines Wesens des alten Menschen entledigst.“, damit wendet er sich an die Heiden.

Tertullian schrieb um das Jahr 212 an seine Mitchristen:

Aber du - du bist ein Fremdling in dieser Welt, ein Bürger Jerusalems, der himmlischen Stadt. „Unser Wandel“, heißt es, „ist im Himmel“. Du hast deine eigene Schatzung, deinen eigenen Festkalender, nichts darfst du mit den Freuden der Heidenwelt gemein haben, du mußt ihnen vielmehr entgegen sein. „Die Welt wird frohlocken, ihr aber werdet trauern“ (Tertullian, Vom Kranze des Soldaten (BKV), 13. Kap.)

Clemens von Alexandria, der um das Jahr 195 schrieb, sagte:

Deshalb haben wir ja keine Heimat auf Erden, daß wir den irdischen Besitz verachten. (Clemens von Alexandrien, Paidagogos (BKV), Drittes Buch, VIII. Kapitel.)

Cyprian von Karthago schrieb um das Jahr 250:

Zu beherzigen haben wir, geliebteste Brüder, und immer wieder zu bedenken, daß wir der Welt entsagt haben und nur als Gäste und Fremdlinge hier leben. (Cyprian, Über die Sterblichkeit (BKV), Schluss, Kap. 26)

Können Sie sehen, wie buchstäblich sie die Worte Jesu in Johannes 17,16 erfüllten, als Er über seine Jünger sagte:

Sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin. (Johannes 17,16)


Das war eines der Erkennungsmerkmale der frühen Christen: Sie waren nicht von dieser Welt. Sie lebten hier als Fremde, als Fremde und Ausländer. Sie waren Bürger des Königreiches Gottes. Da Christen in den Reichen dieser Welt fremd sind, haben sie natürlich andere Werte und Gesetze, denen sie folgen. So lebten auch die Urchristen.

Athenagoras von Athen, ein weiterer frühchristlicher Apologet und Schriftsteller, der das Christentum vor den Römern verteidigte, sagte zum Beispiel Folgendes über seine Mitchristen:

Denn wir haben die Lehre empfangen, Leute, die uns quälen, nicht ebenfalls zu schlagen, und Leute, die uns vertreiben und ausrauben, nicht einmal vor Gericht zu fordern, sondern ersteren, wenn sie uns schmählich auf die Schläfe schlagen, auch die andere Seite des Kopfes zum Schlage darzubieten und letzteren, wenn sie uns den Leibrock nehmen, auch noch den Mantel auszuliefern. (Athenagoras, Bittschrift für die Christen (BKV), 1.Kap. (c. 175, E), 2.129.)

Sie sehen darin zweifellos eine Reflexion der Lehren Jesu aus der Bergpredigt.

Clemens von Alexandria schrieb:

Vor allem dürfen Christen die Vergehen von Sündern nicht mit Gewalt korrigieren. (Clemens von Alexandrien, aus dem Englischen übersetzt (ANF), Fragments of Clemens Alexandrinus (um 195, E), 2.581.)

Tertullian schrieb:

Denn was ist der Unterschied zwischen dem Provokateur und dem Provozierten? Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Erstere zuerst das Böse getan hat, der Letztere aber danach. Jeder von ihnen ist in den Augen des Herrn verurteilt, weil er einen Menschen verletzt hat. Denn Gott verbietet und verurteilt jede Schlechtigkeit. Bei bösen Taten wird keine Rücksicht auf die Ordnung genommen. Das Gebot ist absolut: Böses soll nicht mit Bösem vergolten werden. (Tertullian, Über die Geduld, Kapitel 10, übersetzt aus dem Englischen (ANF), (c. 200, W), 3.713.)

Tertullian spricht hier nicht nur theoretisch und sagt, es wäre schön, wenn die Christen so leben würden. Dies war eine Schrift, die an die Römer gerichtet war. Tatsächlich kritisierten die Heiden die Christen, weil sie anders waren. Etwa der Heide Celsus spottete über Jesus:

Also ist nachgewiesen, dass, wenn Jesus sich, wie Celsus sagt, „in bäurischer Form“ so ausdrückt: „Dem, der dich auf die Wange schlägt, biete auch die andere dar“ und „Wer mit dir rechten und deinen Leibrock wegnehmen will, dem lasse auch den Mantel“ , dass er mit diesem in solche Form gekleideten Gebot dem menschlichen Leben mehr Nutzen gebracht hat, als Plato in seinem Kriton. (Origenes, Gegen Celsus (BKV), Siebentes Buch, 61 (c. 248, E), 4.634.)

Die Welt wusste also schon, dass Christen nicht Böses mit Bösem vergelten, und der Grund dafür ist, dass sie verstanden haben, dass im Christentum die Mittel, die man einsetzt, um etwas zu tun, genauso wichtig sind wie der Zweck.


Die Welt lebt im Allgemeinen nach der Maxime, dass der Zweck die Mittel heiligt. Mit anderen Worten: Wenn man etwas aus einem guten Grund tut, dann ist jede Methode, die man anwendet, akzeptabel. Die Christen wussten jedoch, dass, sobald man anfängt, Satans Mittel zu benutzen, man den Zweck bereits verdorben hat. Leider hat die Kirche diese Lehre nach Konstantin verloren.

Commodianus, der um das Jahr 240 schrieb, sagte dies:

Wende nicht willentlich Gewalt an und erwidere keine Gewalt, wenn sie gegen dich angewendet wird. (Commodianus, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (um 240, W), 4.212.)

Laktanz, der am Ende dieser Epoche schrieb, sagte:

Wenn wir alle von einem Menschen abstammen, den Gott geschaffen hat, sind wir eindeutig von einem Blut. Deshalb ist es die größte Bosheit, einen Menschen zu hassen - auch wenn er schuldig ist. Aus diesem Grund hat Gott uns verboten, jemals Feindschaften zu schließen. Vielmehr sollen sie beseitigt werden, so dass wir diejenigen, die unsere Feinde sind, besänftigen, indem wir sie an ihre Beziehung erinnern. Denn wenn wir alle von dem einen Gott inspiriert und belebt sind, was sind wir dann anderes als Brüder? Daher sind sie als wilde Tiere zu betrachten, die den Menschen verletzen, die - entgegen jedem Gesetz und Recht der menschlichen Natur - plündern, foltern, töten und vertreiben. Wegen dieses brüderlichen Verhältnisses lehrt uns Gott, niemals Böses zu tun, sondern immer nur Gutes. (Laktanz, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 304-313, W), 7.172, 173.)

Wiederum schrieb er:

Wenn wir solche gottlosen Dinge erleiden, wehren wir uns nicht einmal mit Worten. Vielmehr überlassen wir die Rache Gott. (Laktanz, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 304-313, W), 7.158.)

Wieder schrieb er:

Der Christ fügt niemandem Schaden zu. Er begehrt nicht das Eigentum anderer. Er verteidigt nicht einmal sein eigenes Eigentum, wenn es ihm mit Gewalt genommen wird. Denn er versteht es, eine ihm zugefügte Verletzung geduldig zu ertragen. (Laktanz, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 304-313, W), 7.160.)

Verstehen Sie, was ich meine, wenn ich sage, dass man damals nach anderen Werten lebte? Es war nicht nur ein Lippenbekenntnis, das sagte: „O ja, wir sind kein Teil dieser Welt“ und all das. Nein, es war ganz anders, und die Welt nahm zur Kenntnis: Diese Menschen leben nicht wie wir. Sie lebten nach ganz anderen Werten, und einer der wichtigsten dieser Werte war, dass sie Böses nicht mit Bösem vergelten.

Wenn du ihnen Unrecht tust, werden sie nicht kommen und sich an dir rächen. Sie werden es dir nicht heimzahlen und dann sagen: „Nun, das ist dir eine Lehre“ und so weiter. Und sie haben sich das nicht ausgedacht. Das steht direkt in der Heiligen Schrift.

Jesus sagte uns im Matthäusevangelium:

Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Auge um Auge und Zahn um Zahn!« Ich aber sage euch: Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen; sondern wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, so biete ihm auch die andere dar; und dem, der mit dir vor Gericht gehen und dein Hemd nehmen will, dem lass auch den Mantel; und wenn dich jemand nötigt, eine Meile weit zu gehen, so geh mit ihm zwei. (Matthäus 5,38-41)

Wann haben Sie das letzte Mal gehört, dass diese Lehre Jesu Christi in Ihrer Kirche oder Gemeinde gelehrt wurde? Ich meine, richtig angewandt, nicht gepredigt und verwässert und abgeschafft, sondern dass Ihr Prediger gesagt hat: „Siehst du, wie Jesus uns gesagt hat, wie wir leben sollen? So sollten wir Tag für Tag leben.“

Das ist eine seltene Botschaft in der Kirche. Es gibt auch heute noch Gemeinden, die dies lehren, aber sie sind definitiv in der Minderheit.

Paulus schrieb:

Vergeltet niemand Böses mit Bösem! Seid auf das bedacht, was in den Augen aller Menschen gut ist. Ist es möglich, soviel an euch liegt, so haltet mit allen Menschen Frieden. Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: »Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr«. »Wenn nun dein Feind Hunger hat, so gib ihm zu essen; wenn er Durst hat, dann gib ihm zu trinken! Wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln.« Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute! (Röm 12:17-21)

Wenn wir Böses mit Bösem vergelten, werden wir vom Bösen überwunden; wir haben uns auf die gleiche Stufe gestellt wie die Person, die uns Böses angetan hat.

Es ist so traurig, wenn ich mir heute Nordirland anschaue und den religiösen Hass und die Kämpfe, die dort seit Jahrhunderten stattfinden. Beide Seiten, sowohl die Katholiken als auch die Protestanten, glauben, dass sie sich gegenüber der anderen Seite christlich verhalten. Beide Seiten sind überzeugt, dass Gott mit ihnen ist, und das traurige Ergebnis ist, dass der Rest der Welt darauf schaut und nicht nur sagt: „Ihr Christen seid genauso schlecht wie die Welt“, sondern im Allgemeinen sagt: „Ihr Christen seid schlimmer als der Rest der Welt.“ Ein großer Teil der Kämpfe in den letzten 30 oder 40 Jahren in Westeuropa und in dieser Region wurde wegen der Religion geführt. Kein Wunder, dass sich die Menschen vom Christentum abwenden und sagen, dass sie damit nichts zu tun haben wollen, besonders in Europa.

Verstehen Sie jetzt, warum wir gesagt haben, dass es unmöglich ist, zu versuchen, eine der Nationen dieser Welt zu regieren und gleichzeitig nach den Lehren des Königreichs zu leben? Kann ein Präsident eine Rede halten und sagen, dass wir Böses mit Gutem vergelten und die andere Wange hinhalten müssen, wenn uns jemand etwas antut? Man könnte nicht gewählt werden, wenn man das praktizieren würde. Man kann einfach nicht Teil beider Königreiche sein. Man wird am Ende den Lehren des einen folgen und die Lehren des anderen verachten. Die frühen Christen haben das erkannt.

Tertullian schrieb:

Es ist darüber kürzlich ein Disput entstanden, ob ein Diener Gottes die Verwaltung irgend einer Ehrenstelle oder eines obrigkeitlichen Amtes übernehmen dürfe, wofern er sich infolge einer Vergünstigung oder seiner eigenen Gewandtheit von jeder Art Idololatrie frei zu halten imstande ist, nach der Analogie eines Joseph und Daniel, die von der Idololatrie frei blieben und doch Ehrenstellen und Ämter bekleideten, mit dem Abzeichen und dem Purpur der Statthalter von ganz Ägypten und Babylon angetan. (Tertullian, Über den Götzendienst (BKV), 17. (c. 200, W), 3.72.)

Die Frage lautet also: Kann ein Christ ein Regierungsamt bekleiden, ohne sich mit heidnischen Götzen zu beschäftigen? Tertullian sagt, dass die Menschen diese Frage gestellt haben, weil es das Beispiel von Joseph und Daniel gibt, die sich vom Götzendienst fernhielten und dennoch sowohl Würde als auch Macht in Ägypten und Babylonien ausübten.

Tertullian fährt fort:

Geben wir zu, dass es jemand gelingen könne, als Inhaber irgend einer Ehrenstelle mit dem bloßen Titel derselben aufzutreten, ohne zu opfern, ohne die Opfer durch seine Anwesenheit zu autorisieren, ohne Lieferungen von Opfervieh zu vergeben, ohne die Abgabe für die Tempel an andere zu übertragen, ohne die Tempelsteuern zu verwalten, ohne selbst oder von Staatswegen Spiele zu veranstalten oder bei den veranstalteten zu präsidieren, ohne bei einer Feierlichkeit zu sprechen oder sie anzusagen, ja ohne auch nur zu schwören oder Eide abzunehmen, ferner, was auch Handlungen der Amtsgewalt sind, gesetzt, er spreche kein Urteil über Leben und Tod oder die bürgerliche Ehre eines Menschen - denn in Geldangelegenheiten, das würdest du dir wohl gefallen lassen, - er verurteile nicht, er gebe keine Strafgesetze, er lasse niemand fesseln, niemand einkerkern oder foltern - wenn das glaubhaft ist, dann mag es sein. (Tertullian, wie oben)

Nun, natürlich ist es nicht glaubhaft, es ist nicht möglich. Man kann nicht in der Regierung dienen,

  • ohne in diese Dinge verwickelt zu sein, denen die Christen entsagt haben,
  • „ohne selbst oder von Staatswegen Spiele zu veranstalten oder bei den veranstalteten zu präsidieren“, er spricht hier von den Spielen, Wagenrennen, Gladiatorenkämpfe und solchen Dingen,
  • „ohne bei einer Feierlichkeit zu sprechen oder sie anzusagen“ Er sagt dies, weil so viele der Feste heidnischen Göttern gewidmet waren,
  • „ohne auch nur Eide abzunehmen“. Jesus gebot: „Ihr sollt nicht schwören“. 

Wie Tertullian später schrieb:

Wird er [der Christ] Bande, Kerker, Foltern und Todesstrafen zum Vollzug bringen, er, der nicht einmal die ihm selber zugefügten Beleidigungen rächt? (Tertullian, Vom Kranze des Soldaten (BKV), 11.Kap. (c. 211, W), 3.99.)

Wenn Sie sich nicht rächen, wenn jemand Ihnen Unrecht tut, ist es dann vernünftig, dass Sie Unrecht, das anderen angetan wurde, rächen werden?

Das ist so, als würde man versuchen, Grau zu erhalten, indem man mit schwarzer Farbe beginnt und etwas weiße Farbe dazu mischt. Ich habe das auch einmal versucht, ich kann also aus Erfahrung sprechen. Ich brauchte einen schönen Grauton, also habe ich mit einer Dose schwarzer Farbe angefangen und dann ein paar Löffel weißer Farbe in die schwarze Farbe geschüttet, und es hatte fast keine Wirkung. Wenn sie oben war, konnte man diesen weißen Klecks auf dem Schwarz sehen, aber als ich sie umrührte, verschwand er ziemlich schnell. Vielleicht hat sich das Schwarz ein wenig verändert, aber es war immer noch schwarz. Es war nicht grau. Schließlich lernte ich, dass man, wenn man Grau will, mit Weiß anfangen und dann ein wenig Schwarz untermischen muss, bis man den gewünschten Grauton hat.

So ist es, wenn wir versuchen, das Licht des Königreiches Gottes in die Reiche dieser Welt zu bringen. Wir denken vielleicht, dass wir dort hineingehen und Licht sein und einen guten Einfluss ausüben können, und ja, man kann etwas Gutes erreichen, daran zweifle ich nicht. Gleichzeitig werden wir aber auch in die Welt hineingezogen. Unser Einfluss auf sie wird um ein Vielfaches geringer sein als ihr Einfluss auf uns. Es wird so sein, als würde man weiße Farbe auf schwarze mischen, und Satan hat wirklich nichts dagegen, wenn etwas Gutes in die weltliche Gesellschaft kommt, wenn die Kirche im Gegenzug etwas Weltlichkeit und Korruption in sich selbst akzeptiert. Satan war im Laufe der Geschichte immer wieder bereit, diesen Handel einzugehen.


Konstantin

Schauen wir uns einen Moment lang an, was wir aus einigen Lektionen der Geschichte lernen können. Beginnen wir mit Konstantin. Vor der Zeit Konstantins waren die Christen völlig von dieser Welt getrennt. Die Welt sah sie als etwas ganz anderes an. Konstantin hatte das Christentum bevorzugt, und es wird viel darüber diskutiert, ob er jemals wirklich zum Christentum übergetreten ist oder nicht, und das will ich in Gottes Hand legen. Ob er sich bekehrt hat oder nicht, kann ich nur so viel sagen: Er hat die Welt nie losgelassen. Wenn er an Christus glaubte, glaubte er auch an die Reiche dieser Welt.

Konstantin war der Meinung, dass er die Kirche segnen und fördern konnte, indem er seine Mittel und seine Macht nutzte, um ein Freund der Kirche zu sein. So baute er zum Beispiel alle christlichen Gotteshäuser wieder auf, die während der großen Verfolgung kurz vor seinem Machtantritt zerstört worden waren, und zwar auf Kosten der Allgemeinheit. Er baute die Gebäude nicht nur als einfache Gebetshäuser wieder auf, wie es sie zuvor gegeben hatte, sondern er ließ sie aufwändig und reich verziert gestalten. Er wollte, dass sie in ihrer Pracht mit den heidnischen Tempeln wetteiferten, und all dies wurde aus der Staatskasse finanziert.

Er war der Meinung, dass die Leiter der Kirche ihre Arbeit noch effektiver erledigen könnten, wenn sie sich keine Sorgen um ihren Unterhalt machen müssten, und ließ ihnen ein öffentliches Gehalt bezahlen. Die Staatskasse zahlte ihre Gehälter, und er hatte das Gefühl, dass er der Kirche einen Gefallen tat. Ich denke, seine Motive waren wahrscheinlich rein, aber auch das kann ich nicht wirklich wissen. Aber unabhängig davon, ob seine Motive rein waren oder nicht, hätte die Kirche erkennen müssen, dass wir das Königreich Gottes nicht mit dem Reich dieser Welt vermischen dürfen, denn das würde Gottes Königreich verderben, und genau das ist geschehen.

Wie ich schon sagte, haben Christen, wenn sie sich in weltlichen Regierungen engagieren, in mancher Hinsicht einen guten Einfluss. Konstantin zum Beispiel förderte Christen in seiner Regierung. Er wollte Christen auf allen Ebenen seiner Regierung haben, und die Christen gingen einen Kompromiss ein; sie stimmten zu, wo sie sich 50 Jahre zuvor noch geweigert hätten. Als Ergebnis ihres Einflusses auf Konstantin wurden einige gute Dinge erreicht.

Zum Beispiel:

  • Die Gladiatorenkämpfe, bei denen Gefangene bis zum Tod gegeneinander kämpfen mussten, wurden abgeschafft.
  • Die damaligen Theater, die sich so sehr auf Verbrechen und Unmoral konzentrierten (wie auch die heutigen), wurden geschlossen. 
  • Die Abtreibung, die im heidnischen Rom frei praktiziert wurde, wurde verboten.
  • Magie und Zauberei wurden ebenfalls verboten. 

Sie werden jetzt vielleicht sagen: „Siehst du, das ist gut, wenn Christen sich in der Regierung engagieren“, und ja, es gab einige gute Dinge, aber was ging verloren?

Nun, hier ist die Liste, was verloren ging:

1. Nummer eins war die Haltung zum Krieg. Vor der Zeit Konstantins, wie wir bereits lasen, glaubten die Christen einheitlich, dass es falsch ist, Böses mit Bösem zu vergelten. Sie glaubten, dass es falsch ist, das Schwert zu ergreifen, um das zu verteidigen, was richtig und gut ist. Sie werden in ihren Schriften nicht eine einzige Ausnahme finden. Die frühen Christen zogen nicht nur nicht gegeneinander in den Krieg, sie würden nicht einmal gegen einen heidnischen Ungläubigen Krieg führen. Das war damals ein Erkennungsmerkmal für einen Christen. Außerdem würden die Christen einen Glaubensbruder nicht vor Gericht bringen und verklagen. In der Tat würden sie im Allgemeinen niemanden vor Gericht bringen; doch all das hat sich geändert.

  • Zuerst sagten die Christen: „Okay, wir werden in den Krieg ziehen, aber nur gegen die Heiden, um das Königreich Gottes zu verteidigen“, das sie nun mit dem Römischen Reich in Verbindung brachten. Jetzt mussten sie es also verteidigen. Schon waren diese beiden Königreiche, die bisher getrennt gewesen waren, zusammengeführt worden, und sie erkannten sofort, dass sie die Mittel der Welt einsetzen mussten, wenn sie ein Reich verteidigen wollten, das offensichtlich Teil dieser Welt ist.
  • Doch innerhalb von 50 Jahren waren sie nicht nur übereingekommen, sich am Krieg gegen die Heiden zu beteiligen, sondern sie bekämpften und töteten sich nun gegenseitig. Mehr noch, bekennende Christen schlachten sich gegenseitig im Krieg ab, und zwar bis zum heutigen Tag. 
  • Natürlich zogen sie vor Gericht und verklagten sich gegenseitig.

2. Merkwürdigerweise verlor die Kirche ihren Glauben an die Religionsfreiheit. Die frühen Christen hatten sich für Religionsfreiheit eingesetzt, nicht nur weil sie verfolgt wurden, sondern weil sie erkannten, dass Gott niemanden in Sein Königreich zwingen will. Er will nur Freiwillige. Man kann niemanden gegen seinen eigenen Willen zum Glauben zwingen; deshalb haben die frühen Christen nie jemanden verfolgt, auch wenn sie die Möglichkeit dazu hatten.

  • Die Christen begannen nun, andere bekennende Christen zu verfolgen, die nicht als orthodox galten. Die Donatisten weigerten sich zum Beispiel, Konstantin und andere römische Kaiser in die Kirche aufzunehmen. Sie sagten: Was hat das Reich dieser Welt mit der Kirche zu tun, da es sich um zwei verschiedene Reiche handelt? Die Donatisten wurden sowohl von den Römern als auch von den Christen verfolgt. Augustinus, der ursprünglich gegen die Verfolgung anderer war, schrieb schließlich eine ganze Verteidigung darüber, warum es in Ordnung ist, andere zu verfolgen und sie gegen ihren Willen in die Kirche zu zwingen.
  • Ein anderer frühchristlicher Führer namens Priscillian wurde von Christen, die die Macht der Regierung hinter sich hatten, gefoltert und enthauptet, und das war vor dem Jahr 400. Es dauerte also nur eine kurze Zeit. Innerhalb von 75 Jahren nach der angeblichen Bekehrung von Konstantin handelten die Christen nicht viel anders als die Welt zuvor.

Die Ironie daran ist, dass das Römische Reich zusammenbrach, sobald die Christen zum Schwert griffen, um es zu verteidigen. Es bestand nur etwa hundert Jahre nach Konstantins Bekehrung weiter. Es hatte all diese Jahrhunderte existiert, als es so verkommen war und von Heiden geführt wurde. Als aber die Christen hinzukamen, dauerte es noch etwa ein weiteres Jahrhundert, und dann fielen Rom und das Reich im Westen an die Heiden. Wir können also aus der Geschichte lernen, dass ein bisschen weiße Farbe auf schwarzem Grund vielleicht einen kleinen Unterschied macht, aber die Folgen für das Königreich Gottes viel größer sein werden. Wir könnten durch die Geschichte gehen und viele Beispiele anführen.


Eine weitere Lektion, die für die Amerikaner von Bedeutung sein sollte, ist der englische Bürgerkrieg Mitte des 16. Jahrhunderts. Damals beschlossen die Puritaner, zu den Waffen zu greifen und die Regierung zu stürzen. Sie kämpften nicht gegen Heiden oder Ungläubige; sie kämpften gegen andere bekennende anglikanische Christen. Sie kämpften gegen das Königtum und die hohen Kirchenführer wie die Bischöfe in der Kirche. Sie waren mit ihrer Revolution erfolgreich und stürzten die Regierung und enthaupteten den König und den Erzbischof, was einige Vorteile mit sich brachte. Zum Beispiel:

  • Sie gewannen Religionsfreiheit. Bis dahin hatte die Kirche diesen verschiedenen kleinen Sekten und Gruppen keine Religionsfreiheit gewährt; sie wurden verfolgt und ins Gefängnis geworfen. Sie wurden zwar nicht gehängt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt, aber sie wurden immer noch verfolgt, und nun konnten sich Gruppen wie die Quäker und die Baptisten zum ersten Mal offen treffen.
  • Sie hatten eine moralische Wirkung auf die Gesellschaft. Sie erließen zum Beispiel Gesetze, die das Theater schlossen, und es wurden Gesetze erlassen, die das Kartenspielen und andere Aktivitäten am Sonntag verboten. 

Sie könnten also sagen: „Siehst du, wir können uns in der Regierung engagieren und etwas bewirken“. Aber noch einmal: Was ist verloren gegangen?

3. Was verloren ging, war die Unschuld und Reinheit des Christentums, falls sie zu diesem Zeitpunkt existierten, was ich nicht glaube.

  • Im Grunde genommen gab es bekennende Christen (die sich selbst als vollkommen Jesus Christus verpflichtet sahen), die alle Mittel dieser Welt einsetzten, wie z. B. das Töten anderer bekennender Christen und die Enthauptung eines Königs.
  • Auch bei der Unterdrückung der römisch-katholischen Bevölkerung in Irland gingen sie sehr brutal vor. Cromwell und sein Heer von Puritanern kannten fast keine Gnade. Es gibt viele Beispiele, aber eines davon ist, dass die Katholiken (alle Ehemänner, Frauen und ihre Kinder im ganzen Dorf) in ihre Kirchen flüchteten, um den Armeen zu entkommen. Cromwell befahl seinen Soldaten einfach, alle Heu- und Weizengarben und alles Holz, das sie aus den Scheunen abreißen konnten, vor der Kirche aufzuschichten und alle Menschen darin lebendig zu verbrennen.
  • Als die Puritaner an der Macht waren, verfolgten sie die Leute der Hohen Kirche. Diejenigen, die weiterhin das Book of Common Prayer verwenden und einen traditionellen anglikanischen Gottesdienst abhalten wollten, mussten dies im Untergrund tun. Außerdem waren die römischen Katholiken in England immer noch geächtet.

Die Kirche hatte sich also auf das Niveau der Welt herabgelassen, und auch das führte zu schrecklichen Rückwirkungen. Nach etwa 20 Jahren hatten die Menschen die Nase voll davon, dass ihnen die Religion von der Regierung aufgezwungen wurde, und so begrüßte das Volk fast einstimmig Karl II (des Sohnes des Königs, den Cromwell enthauptet hatte) als König und die Wiederherstellung der anglikanischen Kirche.

Eine der großen Auswirkungen dieser Entwicklung war der Aufstieg des Deismus. Viele Beobachter hatten die Nase voll von beiden Seiten. Sie hatten die unchristlichen Dinge gesehen, die beide Seiten getan hatten, und all das Töten im Namen von Christus. Sie hatten die Nase voll von der Religion im Allgemeinen, verließen sie und wandten sich der so genannten Aufklärung zu.

Ein weiteres Beispiel ist die religiöse Rechte, die in den letzten Jahrzehnten versucht hat, durch ihre Beteiligung Einfluss auf die amerikanische Regierung zu nehmen. Ich habe sogar gesehen, wie Fernseh-Evangelisten für öffentliche Ämter kandidierten und versuchten, Präsident zu werden. Ihr Engagement hat einiges bewirkt. Zum Beispiel:

  • Einige Abtreibungsmethoden sind immer noch illegal.
  • In einigen Gemeinden haben sie dazu beigetragen, dass Orte der Pornographie oder des unzüchtigen Tanzes und ähnliches geschlossen wurden.

Aber was ist verloren gegangen?

4. Was verloren gegangen ist, ist, dass die Kirche sich so sehr mit der Welt identifiziert hat (indem sie versucht hat, die Welt zu verändern), dass die Welt einen viel größeren Einfluss auf die Kirche hatte als die Kirche auf die Welt.

  • Ein Beispiel: Scheidung. Vor 50 Jahren waren fast alle bekennenden Christen gegen die Scheidung. Man hätte fast nirgendwo sehr viele geschiedene Menschen in den Kirchen gefunden, egal welcher Überzeugung. Heute zeigen die Statistiken, dass die Scheidungsrate unter den Evangelikalen höher ist als in der Welt, und ich glaube nicht, dass jemand bestreiten würde, dass sie genauso hoch ist wie in der Welt. Und warum sollten sich die Ansichten der Christen über die Scheidung ändern? Weil sich die Ansichten der Welt geändert haben. Die Christen haben sich so sehr in die Welt verstrickt, dass, als die Welt ihre Ansichten über die Scheidung änderte, auch die Christen ihre Ansichten änderten.
  • Ein weiteres Beispiel sind die biblischen Lehren, dass Väter und Männer Oberhäupter sind in der Kirche und Familie. Diese sind heute furchtbar politisch unkorrekt, was in Ordnung ist, frei nach Tertullian: „Gebt der Welt ihre eigene Sicht der Dinge zurück“; wen kümmert es, was sie denkt; wir leben nach einer anderen Werteordnung. Heute jedoch haben diese Ansichten fast alle bibelgläubigen Kirchen erfasst. Noch einmal: Es gibt Ausnahmen, aber nur sehr wenige.
  • Es ist so absurd, wenn ich sehe, wie bekennende Christen für öffentliche Ämter kandidieren. Sie lassen sich auf dieselben Schlammschlachten und dieselbe Politik ein, die die Welt betreibt. Sie lassen sich auf ihr Niveau herab.

Wenn ich also all dies über die zwei Königreiche erkläre, will ich dann damit sagen, dass die frühen Christen die Nationen dieser Welt als etwas Böses oder etwas außerhalb von Gottes Plan sahen? Will ich damit sagen, sie hätten sich geweigert, die Gesetze des Staates zu befolgen, weil er ein anderes Königreich war?

Nein, denn sie erkannten, dass alle staatliche Autorität letztlich von Gott kommt. So lehrt es die Heilige Schrift.

Wie Paulus sagte:

Jedermann ordne sich den Obrigkeiten unter, die über ihn gesetzt sind; denn es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre; die bestehenden Obrigkeiten aber sind von Gott eingesetzt. Wer sich also gegen die Obrigkeit auflehnt, der widersetzt sich der Ordnung Gottes;  (Röm 13,1-2)

Das ist genau das, was die frühen Christen befolgten.

Wie ich schon oft gesagt habe: Wenn Sie wissen wollen, was die Urkirche glaubte, lesen Sie einfach das Neue Testament und nehmen Sie jede Lehre sehr ernst und sehr wörtlich, und Sie werden feststellen, dass die frühen Christen genau das taten [Anmerkung des Übersetzers: alle Aussagen im Neuen Testament und der frühen Christen beziehen die Obrigkeit, die von Gott eingesetzt ist, ausnahmslos auf einen Kaiser oder König, also nur im Sinne eines Königreiches. Vergleiche dazu auch: Jedermann ordne sich den Obrigkeiten unter].

Polykarp von Smyrna wurde von den Römern gemartert und seine Jünger haben sein Martyrium aufgeschrieben. Darin steht:

„… denn man hat uns gelehrt, den von Gott gesetzten Obrigkeiten und Gewalten die gebührende Ehre zu erweisen, wenn sie unserm Gewissen keinen Schaden bringt“ (Martyrium des Polykarp (BKV) in voller Länge auch auf unserer Website hier zu lesen).

Dies geschah, nachdem sie diesen älteren, hoch angesehenen Bischof getötet hatten. Die Mitglieder seiner Kirche konnten immer noch an die Römer schreiben und sagen: „Wir sind gelehrt, dir alle gebührende Ehre zu erweisen, weil wir erkennen, dass deine Macht von Gott kommt.“

Theophilus, ein anderer christlicher Apologet, schrieb um das Jahr 180:

In gewissem Sinne ist die Regierung des Königs ihm von Gott anvertraut. Deshalb sollst du den König ehren, ihm untertan sein und mit treuem Geist für ihn beten. Wenn ihr dies tut, werdet ihr den Willen Gottes erfüllen. (Theophilus, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (um 180, E), 2.92.)

Tertullian schrieb an die Römer:

Indessen, was soll ich noch länger über die Ehrfurcht und Pietät der Christen gegen den Kaiser reden, den wir mit Notwendigkeit hochachten müssen, als einen, den unser Gott auserwählt hat, weshalb ich mit Recht sagen könnte: Als von unserem Gott eingesetzt, gehört der Kaiser mit größerem Recht uns. (Tertullian, Apologetikum (BKV), 33.Kap. (c. 197, W), 3.43.)

Was für ein interessanter Kontrast. Einerseits weigerten sie sich, Teil der Welt zu sein und die Werte dieser Welt zu akzeptieren und nach den Werten dieser Welt zu leben. Andererseits gab es niemanden im Kaiserreich, der gehorsamer oder gewissenhafter seine Steuern zahlte und nach den Gesetzen lebte als die Christen (mit Ausnahme der Fälle, in denen diese Gesetze den Lehren Gottes widersprachen). Daher ehrten die frühen Christen die irdischen Kaiser und Könige und beteten regelmäßig für sie. Genau das sollten wir auch tun.

Paulus schrieb:

So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen darbringe für alle Menschen, für Könige und alle, die in hoher Stellung sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Gottesfurcht und Ehrbarkeit. (1.Tim 2,1-2)

Unsere Aufgabe ist es also, für diese Herrscher zu beten - nicht, dass unsere Nation mächtig und tapfer wird und andere Nationen erobert - sondern dass wir ein ruhiges und friedliches Leben in aller Frömmigkeit und Ehrfurcht führen können.

Es ist nicht falsch, um Frieden für unser Land und um ein langes Leben für unsere Herrscher zu beten.

Wie Tertullian sagte, als er wieder an die Heiden schrieb:

Wenn du also etwa glaubst, es liege uns nichts an der Wohlfahrt des Kaisers, so tue einen Blick in die Aussprache Gottes, in unsere Schriften, womit wir selbst einerseits nicht zurückhalten und welche andererseits der Zufall sehr oft in fremde Hände spielt. Wisset, daß uns darin, damit unsere Güte überfließe, die Vorschrift gegeben wird, auch für unsere Feinde Gott zu bitten und für unsere Verfolger Gutes zu erflehen. Welche sind nun ärgere Feinde und Verfolger der Christen als die, um derentwillen wir als Majestätsverbrecher belangt werden? Aber auch mit Nennung des Namens und ganz ausdrücklich heißt es: „Betet für die Könige, Fürsten und Gewalten, damit ihr in allem Ruhe habt“ (Tertullian, Apologetikum (BKV), 31.Kap. (c. 197, W), 3.42.)

Also ja, sie beteten für ihre Verfolger, und zwar ganz wörtlich. Außerdem weigerten sich die frühen Christen, zu den Waffen zu greifen und zu versuchen, die Regierung zu stürzen, wie es die Puritaner getan hatten. Sie überließen dies Gottes Hand.

Wie Tertullian den Römern in seiner Entschuldigung sagen konnte:

Keine Verschwörung ist jemals von unserem Körper ausgegangen. Kein Blut Cäsars hat uns jemals im Senat oder gar im Palast befleckt. Keine Aneignung des Purpurs ist jemals in einer der Provinzen durch uns beeinträchtigt worden. (Tertullian, Ad Nationes, aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 197, W), 3.125. )

Wir greifen nicht nur nicht zu den Waffen, sagt er, wir sind nicht einmal an der Politik beteiligt. Niemand ist durch uns oder mit unserer Unterstützung an die Macht gekommen. Wie er in einem anderen Werk schrieb:

Ein Christ ist niemandes Feind - am allerwenigsten des Kaisers von Rom, von dem er weiß, dass er von seinem Gott eingesetzt ist. Da er weiß, daß derselbe von seinem Gott eingesetzt worden ist, so muss er ihn notwendig lieben, fürchten, ehren und seine Erhaltung wünschen mit der des gesamten römischen Reiches, solange die Welt steht. Denn so lange wird letztere auch bestehen. Wir verehren daher den Kaiser, aber auf eine Weise, wie es uns erlaubt ist und ihm selbst nützt, als einen Menschen, der nach Gott der zweite ist; der, was er ist, von Gott erhalten hat und nur Gott nachsteht. (Tertullian, An Scapula (BKV), 2.Kap. (c. 212, W), 3.105, 106.)

Doch wie ich bereits sagte, waren die Ehre und der Gehorsam, den die Christen den irdischen Herrschern entgegenbrachten, relativ. Sie gehorchten ihnen, solange ihre Gesetze nicht gegen die Gesetze Gottes verstießen. Sie ehrten die Herrscher, aber sie weigerten sich, sie anzubeten oder ihnen Göttlichkeit zuzuschreiben.

Wie Tertullian schrieb:

Zweifellos ermahnt der Apostel die Römer, sich allen Gewalten zu unterwerfen, denn es gibt keine Macht außer der Gottes.... Dann fährt er fort zu zeigen, wie er möchte, dass ihr den Mächten untertan seid, indem er euch ermahnt, „Tribut zu zahlen, wem Tribut gebührt, Gewohnheit zu zahlen, wem Gewohnheit [gebührt]“. Mit anderen Worten: Gebt das, was dem Cäsar gehört, dem Cäsar zurück, und das, was Gott gehört, Gott. Der Mensch aber ist das Eigentum Gottes allein. In ähnlicher Weise hatte Petrus zweifellos gesagt, dass der König tatsächlich geehrt werden muss. Aber er meint, dass der König nur dann geehrt wird, wenn er sich an seine eigene Sphäre hält - das heißt, wenn er weit davon entfernt ist, göttliche Ehren zu beanspruchen. Allerdings ermahnt er die Römer, allen Gewalten Untertan zu sein, weil es keine Gewalt gibt als von Gott, [..] Sodann fährt er fort und gibt an, wie du nach seiner Lehrmeinung den Gewalten Untertan sein sollst, indem er dich Steuer geben heißt, wem Steuer gebührt, und Zoll, wem Zoll, d. h. „dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“; der Mensch aber gehört Gott allein zu. So hatte nämlich auch Petrus gesagt: „Daß man den König zwar ehren müsse“, doch so, daß er als König geehrt werde, wenn er bei seinen Angelegenheiten bleibt und sich vom Verlangen nach göttlicher Ehre fernhält. (Tertullian, Arznei gegen Skorpionstich (BKV), 14. Kap. (c. 213, W), 3.647, 648.)

Sie sagten: Wir werden den König ehren, aber wir werden ihm keine Göttlichkeit zuschreiben, und wir werden eher sterben, als dass wir das tun, denn wenn wir ihn als Gott anerkennen, verwerfen wir Christus, wenn wir das tun.

Origenes schrieb:

Wenn aber das Naturgesetz, das ist das Gesetz Gottes, etwas ganz anderes anordnet als das geschriebene Gesetz, so entsteht die Frage, ob es nicht eine Forderung der Vernunft sei, den geschriebenen Satzungen und dem Willen jener Gesetzgeber durchaus den Abschied zu geben und dagegen Gott als Gesetzgeber anzuerkennen und sein Wort zur Richtschnur des Lebens zu wählen, wenn man dies auch unter Gefahren und Schande tun muß. Denn wenn das, was dem Willen Gottes gemäß ist, von dem verschieden ist, was einige Staatsgesetze verlangen, und wenn es unmöglich ist, zugleich Gott und denen zu gefallen, die solche Gesetze ehren, so wäre es unvernünftig, Handlungen gering zu schätzen, durch welche man dem Schöpfer aller Dinge wohlgefällig werden kann, und dagegen jene zu wählen, durch die man bei Gott Mißbilligung finden, aber den Gesetzen, die keine Gesetze sind, genügen und ihren Freunden gefallen wird. (Origenes, Gegen Celsus (BKV), Fünftes Buch, 37. (c. 248, E), 4.560.)

Ihr Entschluss stand bereits fest, bevor die Verfolgung überhaupt ausbrach. Sie sagten: „Wenn der Kaiser versucht, uns zu sagen, dass wir etwas tun sollen, das Gott widerspricht, werden wir es nicht tun, und wir werden nicht zu den Waffen greifen, um ihn zu stürzen. Wir werden uns sanftmütig unterwerfen, so wie Jesus es getan hat, auch wenn das bedeutet, dass wir gefoltert und zu Tode gebracht werden.“

Laktanz schrieb gegen Ende dieser Ära, und doch findet man immer noch die gleiche Lehre:

Wenn Menschen uns befehlen, gegen das Gesetz Gottes und gegen die Gerechtigkeit zu handeln, sollen wir uns nicht durch Drohungen oder Strafen abschrecken lassen, die über uns kommen. Denn wir ziehen die Gebote Gottes den Geboten der Menschen vor. (Laktanz, The Divine Institutes, Book VI, Chap. XVII., aus dem Englischen übersetzt (ANF) (c. 304-313, W), 7.182.)

Dies ist die gleiche Entscheidung, die Petrus und Johannes in der Apostelgeschichte getroffen hatten:

Und sie ließen sie rufen und geboten ihnen, überhaupt nicht mehr in dem Namen Jesus zu reden noch zu lehren. Aber Petrus und Johannes antworteten ihnen und sprachen: Entscheidet ihr selbst, ob es vor Gott recht ist, euch mehr zu gehorchen als Gott! (Apostelgeschichte 4,18-19)

Letztendlich glaubten die frühen Christen, dass unser Verstand, unser Herz, unsere Seele und unser Leben Gott gehören, und das wollten sie nicht für den Kaiser aufgeben.

Wie Tertullian sagte:

„Also gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“, d. h. das Bild des Kaisers, welches sich auf der Münze findet, dem Kaiser, und das Ebenbild Gottes, das sich im Menschen findet, Gott, so dass du dem Kaiser dein Geld gibst, Gott aber deine Person. Andernfalls aber, wenn dem Kaiser alles gehört, was wird für Gott übrig bleiben? (Tertullian, Über den Götzendienst (BKV), 15. (c. 200, W), 3.70.)

Das ist das Problem mit Kaisern und anderen Herrschern dieser Welt. Sie wollen, dass alles ihnen gehört. Sie wollen dein Leben und deine Seele, und die frühen Christen sagten nein. Sie sagten: „Unser Leben, unsere Seele und unser Sinn für Moral gehören Gott, und wir werden sie keiner weltlichen Regierung überlassen.“


Zusammenfassung

Lassen Sie uns nun zusammenfassen, was wir in dieser Botschaft betrachtet haben.

Wir haben gesehen, dass die frühen Christen und die Heilige Schrift das lehren, was ich als die Lehre von den zwei Königreichen bezeichne.

Es gibt zwei Reiche da draußen. Es gibt zwei Königreiche: das Königreich Gottes und das Königreich dieser Welt, und sie sind sehr unterschiedlich. Sie müssen voneinander getrennt und unterschieden werden, weil sie nach unterschiedlichen Werten leben.

Das Königreich Gottes existiert tatsächlich hier und jetzt in den wahren Jüngern von Jesus Christus. Es ist ein echtes Königreich mit Gesetzen und Führern, genau wie die menschlichen Regierungen es auch haben. Es hat eine ganze Reihe von Werten und eine Weltanschauung, genau wie es auch weltliche Reiche haben.

Wenn wir Bürger von Gottes Königreich sein wollen, müssen wir eine Entscheidung treffen. Entweder wird sie für Sein Königreich sein oder für das Reich dieser Welt. Wir können nicht beides miteinander vermischen, auch wenn viele Christen das versucht haben.

Aber wir haben auch gesehen, dass Gott letztlich die ganze Welt und alle Reiche, die es hier gibt, unter Kontrolle hat.

Er hat den Menschen das Recht und die Macht gegeben, irdische Herrscher zu haben, die ihre Macht von Gott ableiten.

Als Christen wissen wir, dass Christus irgendwann in der Zukunft mit Seiner Macht zurückkehren und all diesen irdischen Reichen ein Ende bereiten wird. Am Ende wird es nur noch ein einziges Reich geben, und das ist das Königreich Gottes.

Übersetzt aus dem Englischen von Bruder Michael