Im ersten Jahrhundert hatten die Apostel viel Energie in die Bekämpfung jüdischer Häresien gesteckt, die sich ständig in die christlichen Gemeinden einschleichen wollten. Paulus widmete beinahe in jedem seiner Briefe ein oder mehrere Kapitel diesem Abwehrkampf und übertrug diese Aufgabe später an seine Schüler, zum Beispiel an Titus:
Denn es gibt viele widerspenstige und leere Schwätzer und Verführer, besonders die aus der Beschneidung. Denen muss man den Mund stopfen, denn sie bringen ganze Häuser durcheinander mit ihrem ungehörigen Lehren um schändlichen Gewinnes willen. Einer von ihnen, ihr eigener Prophet, hat gesagt: »Die Kreter sind von jeher Lügner, böse Tiere, faule Bäuche!«
Dieses Zeugnis ist wahr; aus diesem Grund weise sie streng zurecht, damit sie gesund seien im Glauben und nicht auf jüdische Legenden achten und auf Gebote von Menschen, die sich von der Wahrheit abwenden. (Tit 1,10-14)
Neben dem Kampf gegen die jüdischen Irrlehren tat sich aber zunehmends eine zweite häretische Front auf, die „Gnosis“ (Erkenntnis) genannt wird und sich zu einem echten Problem für die christlichen Gemeinden auswachsen sollte. Denn auf den ersten Blick sieht sie richtig aus, verwendet alle biblischen Begriffe und scheint also von den selben Dingen und Lehren zu sprechen wie die Apostel. In Wahrheit ist es aber eine teuflische Irrlehre, die bis heute das Christentum unterwandert und viele naive, unaufmerksame und schlecht unterwiesene Christen zum Abfall bringt. Schon Paulus erkannte das Problem messerscharf und bildete seine Schüler gut für den Kampf dagegen aus:
O Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, meide das unheilige, nichtige Geschwätz und die Widersprüche der fälschlich so genannten »Erkenntnis« ! Zu dieser haben sich etliche bekannt und haben darüber das Glaubensziel verfehlt. Die Gnade sei mit dir! Amen. (1.Tim 6,20-21)
Am Ende des ersten Jahrhunderts schrieb Jesus Christus selbst Briefe durch die Hand seines Apostels Johannes an sieben Gemeinden. Gleich im ersten Brief lobt er die Gemeinde Ephesus, die den Kampf gegen die Häresie der Gnosis erfolgreich führt:
Ich kenne deine Werke und deine Bemühung und dein standhaftes Ausharren, und dass du die Bösen nicht ertragen kannst; und du hast die geprüft, die behaupten, sie seien Apostel und sind es nicht, und hast sie als Lügner erkannt; und du hast Schweres ertragen und hast standhaftes Ausharren, und um meines Namens willen hast du gearbeitet und bist nicht müde geworden. [..] Aber dieses hast du, dass du die Werke der Nikolaiten hasst, die auch ich hasse. (Off 2,2-3.6)
In dem Brief aber an die Gemeinde Pergamus, tadelt Jesus diese, weil sie nicht gegen die Gnosis kämpft sondern sie unter sich ungehindert gedeihen lässt:
Aber ich habe ein weniges gegen dich, dass du dort solche hast, die an der Lehre Bileams festhalten, der den Balak lehrte, einen Anstoß zur Sünde vor die Kinder Israels zu legen, sodass sie Götzenopfer aßen und Unzucht trieben. So hast auch du solche, die an der Lehre der Nikolaiten festhalten, was ich hasse. Tue Buße! Sonst komme ich rasch über dich und werde gegen sie Krieg führen mit dem Schwert meines Mundes. (Off 2,14-16)
Die Nikolaiten waren eine gnostische Sekte, die wir an einer anderen Stelle ausführlicher behandeln werden. Wie überhaupt das Thema der Häresien im Christentum ein so großes und wichtiges ist, dass wir ihm eine eigene Rubrik auf unserer Website eingerichtet haben.
Die frühen Christen nahmen das Vorbild der Apostel und deren Schüler, die apostolischen Väter, im Kampf gegen die Irrlehren sehr ernst, ahmten sie eifrig nach, und wurden von den beiden eben zitierten Briefe von Jesus Christus noch darin bestärkt. Und so verwundert es nicht, dass in der frühchristlichen Literatur ein deutlicher Schwerpunkt gegen die Häresien besteht.
- Irenäus schrieb fünf Bücher „Gegen die Häresien“
- Hippolytus von Rom schrieb zehn Bücher unter dem Titel „Widerlegung aller Häresien“
- Origenes schrieb acht Bücher „Gegen Celsus“
- Justin der Märtyrer hat zwei Apologien geschrieben und auch sein „Dialog mit dem Juden Trypho“ enthält einigen Stoff gegen die Häresien und beeinflusste andere frühchristliche Bücher.
- Minucius Felix schrieb den Dialog Octavius, wo ein Christ und ein Heide ausdiskutieren, wer von beiden der Anhänger einer Irrlehre sei. Am Ende ist das Ergebnis eindeutig. Das Buch ist ein Musterbeispiel eines Streitgesprächs über Glaube und Irrlehre auf hohem Niveau.
- Tertullian schrieb ein Buch „Gegen Hermogenes“, eines „Gegen die Juden“, eines „Gegen Praexes“, eines „Gegen die Valentianer“, fünf Bücher gegen Marcion, eines über den Götzendienst, ein Apologetikum und „Die Prozeßeinreden gegen die Häretiker“.
Wir werden alle diese frühchristlichen Schriften - und noch mehr - verarbeiten in unserer Schwerpunktrubrik „Gegen die Irrlehren“