• Und wer hat die Orientierung verloren?

Haben alle vier Evangelisten ein gemeinsames Navigationsproblem im Prophet Jesaja, weil sie die Wüste an die falsche Stelle setzen?

Alle Evangelien sind sich darin einig, dass nicht nur der Messias von den Propheten des Alten Testaments vorhergesagt wurde, sondern auch dessen Wegbereiter. Und alle vier weisen uns auch darauf hin. Zum Beispiel Matthäus:

In jenen Tagen aber erscheint Johannes der Täufer und verkündigt in der Wüste von Judäa und spricht: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen!
Das ist der, von welchem geredet wurde durch den Propheten Jesaja, der spricht: »Die Stimme eines Rufenden [ertönt] in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Pfade eben!« (Matthäus 3,1-3 SCH2000)

Johannes der Täufer wurde also laut dem Apostel Matthäus vom Prophet Jesaja angekündigt mit dem zitierten Satz. Schlägt man den Satz aber bei Jesaja nach, dann lautet der dort jedoch so:

Die Stimme eines Rufenden [ertönt]: In der Wüste bereitet den Weg des HERRN, ebnet in der Steppe eine Straße unserem Gott! (Jesaja 40,3 SCH2000)

Hat Matthäus richtig zitiert? Auf dem ersten Blick mag das so aussehen. Auf dem zweiten Blick, wenn man auf die Wüste achtet, fällt aber ein wesentlicher Unterschied auf. Wo ist die Wüste, bzw. wer ist in der Wüste? Der Prophet Jesaja sagt, dass der Weg in der Wüste bereitet werden soll. Gemeint ist der Weg des Herrn. Der soll in der Wüste bereitet werden. Oder vielleicht doch in der Steppe? Der Prophet scheint da etwas zu schwanken oder sich nicht festlegen zu wollen. Aber der Apostel sagt, dass der Rufende aus der Wüste kommt und seine Stimme von dort ertönt. Der Weg jedoch soll nur allgemein bereitet werden, kein Wort davon, dass dies in der Wüste oder Steppe geschehen soll. Das ist schon ein Unterschied. Und der Evangelist berichtet, wie Johannes der Täufer in der Wüste predigte und dort lebte. War die Prophezeiung des Jesaja vielleicht unpräzise und musste Matthäus sie ein wenig an die Realität anpassen? Denn in der Realität lebte und predigte Johannes in der Wüste. Der Weg für den Herrn Jesus Christus wurde jedoch überall bereitet, im ganzen Land, in allen Städten, nicht nur in der Wüste oder Steppe.

Vielleicht hat sich Matthäus nur ein bisschen vertan bei seiner Formulierung im Matthäusevangelium? Sehen wir uns zur Sicherheit die anderen drei Evangelien an.

Markus 1,3-4 SCH2000 »Die Stimme eines Rufenden [ertönt] in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Pfade eben!«
So begann Johannes in der Wüste, taufte und verkündigte eine Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden. 
Lukas 3,4 SCH2000 wie geschrieben steht im Buch der Worte des Propheten Jesaja, der spricht: »Die Stimme eines Rufenden [ertönt] in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Pfade eben!
Johannes 1,23 SCH2000 Er sprach: Ich bin »die Stimme eines Rufenden, [die ertönt] in der Wüste: Ebnet den Weg des Herrn!«, wie der Prophet Jesaja gesagt hat.

Markus bezeugt ebenso, dass der Rufende laut Prophezeiung in der Wüste ist und dass Johannes der Täufer demzufolge in der Wüste begann. Damit hat der Täufer die Prophezeiung wortwörtlich erfüllt. Auch Lukas verrät uns den Namen des Propheten, nämlich Jesaja, und zitiert ihn so, dass der Rufende in der Wüste ertönt. Der Apostel Johannes lässt Johannes den Täufer selbst zitieren und dieser nennt auch den Propheten Jesaja beim Namen und überliefert den Wortlaut exakt so, wie die anderen drei Evangelien, dass nämlich die Stimme des Rufenden in der Wüste ertönt. Dass aber der Weg in der Wüste bereitet wird, davon ist in keinem der vier Evangelien die Rede, und schon gar nicht von einer Steppe.

Das Zeugnis der vier Evangelisten ist also einstimmig und übereinstimmend. Der Wegbereiter Johannes der Täufer kam aus der Wüste und seine Stimme ist dort in der Wüste zu hören gewesen. Und alle vier Evangelien zitieren Jesaja so, als hätte er es exakt genauso vorhergesagt. Warum steht bei Jesaja dann aber ein anderer Wortlaut? Warum sagt Jesaja dann, dass der Weg in der Wüste bereitet werden soll, anstatt dass der Rufende aus der Wüste zu hören ist?

Manche Leute meinen, das läge an der Übersetzung. Aber das ist ein unschlüssiges Argument, denn warum sollen die Übersetzer ein Zitat an vier Stellen im Neuen Testament richtig übersetzen können, im Alten Testament aber die eine maßgebliche Quelle falsch übersetzen? Der Fehler tritt in allen Bibeln auf. Wir haben hier die Schlachter 2000 verwendet. Überprüfen Sie es doch selbst bei sich zu Hause mit Ihrer Lieblingsübersetzung! Sie werden sehen: es ist der selbe Konflikt: Jesaja hat einen anderen Wortlaut als Matthäus, Markus, Lukas und Johannes zitieren. Das ist schon seltsam. Oder nicht? 

Ja, es ist seltsam, wie wenigen Menschen das überhaupt auffällt, und wie wenige es stört. Denn wenn der Heilige Geist eine Prophezeiung einem Prophet eingibt, dann sollte sie nicht umgeschrieben werden müssen, damit sie erfüllt wird. Derselbe Heilige Geist, der Jesaja inspirierte, inspirierte auch die Evangelisten. Und er widerspricht sich nie. Jesaja prophezeite richtig und die Evangelisten zitierten ihn richtig. Aber sie zitierten die Septuaginta, und dort sagt Jesaja folgendes:

Da ist die Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht gerade die Straßen unseres Gottes! (Jesaja 40,3 Septuaginta Deutsch)

Und plötzlich stimmt alles perfekt zusammen. In der Septuaginta sagt Jesaja, dass der Rufende in der Wüste ist, aber nichts davon, dass der Weg in der Wüste sei und auch nichts von einer Straße in der Steppe. Das hingegen sagt nur der Jesaja im Masoretentext, der wieder einmal den Zitaten im Neuen Testament widerspricht. Ein weiteres Mal beweisen uns die Autoren des Neuen Testaments und der Geist, der durch sie wirkte, dass das wahre, unverfälschte Wort Gottes die Septuaginta ist, und dass nur der Jesaja aus der Septuaginta im NT erfüllt wurde, und dass am Ende die Masoreten es waren, die die Orientierung verloren haben, als sie die Septuaginta verwarfen und ihren eigenen Masoretentext konstruierten. Sie suchen den Weg in der Wüste. Jesus Christus sagte von sich selbst, dass Er der Weg sei. Brisant ist in dem Zusammenhang jene Aussage von Ihm, mit der Er seine Jünger im Voraus vor falschen Christussen und Propheten warnte:

Denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten und werden große Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen. Siehe, ich habe es euch vorhergesagt. Wenn sie nun zu euch sagen werden: »Siehe, er ist in der Wüste!«, so geht nicht hinaus; »Siehe, er ist in den Kammern!«, so glaubt es nicht! Denn wie der Blitz vom Osten ausfährt und bis zum Westen scheint, so wird auch die Wiederkunft des Menschensohnes sein. (Matthäus 24,24-27)

Mit dem richtigen Zitat aus dem richtigen Jesaja startet übrigens unser Adventkalender.