• Lehrte Jesus die Selbstverstümmelung?

Es gibt kaum ein Gebot des Herrn Jesus, das heutzutage so selten gelehrt und so oft ignoriert wird wie dieses. Ja dieses scheinbar unsinnige Gebot führte sogar dazu, dass viele Bibelausleger und Lehrer die gesamte Bergpredigt belächelten und als unhaltbar verwarfen.

Hier der zugehörige Auszug aus der berühmten Bergpredigt von Jesus Christus

Wenn dir aber dein rechtes Auge ein Anstoß [zur Sünde] wird, so reiß es aus und wirf es von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. Und wenn deine rechte Hand für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab und wirf sie von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. (Mt 5,29+30)

Wie kommt es nun, dass heutige Bibellehrer diesen Abschnitt oder sogar die gesamte Bergpredigt abschwächen? Und war das schon immer so oder ist das ein Teil des von Jesus prophezeiten großen Abfalls von der richtigen Lehre am Ende der Zeit?

Werfen wir ein paar Blicke auf all diese Fragen und schauen wir uns insbesondere an, ob und wie dieses Gebot von wem gehalten wurde.


Auf den ersten Blick sieht das wie ein Befehl zur Selbstverstümmelung aus

Jesus schaffte es immer wieder Predigten so zu formulieren, dass die Zuhörer entsetzt oder verärgert wurden und Ihn darauf hin ablehnten. So zum Beispiel auch jene Predigt:

Darum sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wahrhaftig Speise, und mein Blut ist wahrhaftig Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich um des Vaters willen lebe, so wird auch der, welcher mich isst, um meinetwillen leben. (Joh 6,53-57)

Das ist ein Auszug aus der Predigt Jesu, die er in der Synagoge von Kapernaum hielt. Auch hier geht es um die Zerstörung des Körpers. Auch hier glauben viele auf den ersten Blick, Jesus würde Unmoralisches befehlen, nämlich dass man ihn buchstäblich aufessen solle.

Diese Reden führten dazu, dass sich viele Zuhörer empörten und mit Jesus nichts mehr zu tun haben wollten. Der Ruf, dass Christen Menschenfresser seien, die ihren Heiland aufessen und sich selbst verstümmelten, ließ nicht lange auf sich warten und hält sich bis heute bei dem einen oder anderen Spötter.

Wollte Jesus das? Wenn nein, war Er sich nicht dessen bewusst, dass Er sich total missverständlich ausdrückte? War Er so ein schlechter Lehrer und Prediger, dass Er es nicht schaffte, die richtige Lehre mit den richtigen, unmissverständlichen Worten zu predigen sodass alle sie verstanden?

Werfen wir also einen weiteren Blick darauf.


Auf den zweiten Blick erkennen wir eine Absicht dahinter

Es war Ihm sehr wohl bewusst, dass Er viele Menschen mit Seinen Reden verärgerte und verlor. Denn es steht geschrieben:

Viele nun von seinen Jüngern, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede! Wer kann sie hören? Da aber Jesus bei sich selbst erkannte, dass seine Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: Ist euch das ein Ärgernis? Wie nun, wenn ihr den Sohn des Menschen dorthin auffahren seht, wo er zuvor war? Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben. Aber es sind etliche unter euch, die nicht glauben. Denn Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben! Aus diesem Anlass zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm. 

Wir stellen also fest, dass Jesus erkannte, dass seine Zuhörer murrten und verärgert waren, ja sogar seine Jünger. Und was tat Er dagegen? Formulierte Er seine Rede um, sodass sie leichter zu verstehen und zu ertragen war und Er wieder Zuhörer gewann? Nein, ganz im Gegenteil! Er setzte sogar noch eins drauf, wurde noch härter in den Worten, sodass Ihn viele verließen, nämlich nicht nur das Volk, sondern viele seiner Jünger, die darauf nicht mehr mit ihm gingen! Und das Wort „viele“ bedeutet nicht wenige sondern wirklich viele!

Hier erschütterte Jesus das Bild sehr vieler seiner Fans und Er verlor sie. Gefreut hat das vorallem seine Feinde. Der Teufel lachte sich höchstwahrscheinlich ins Fäustchen, sah sich als Sieger, denn der Sohn Gottes verlor zunehmends Zuhörer und Nachfolger. Man könnte meinen, Jesus hätte hier dem Teufel alle Ehre gemacht anstatt Gott, denn Er hat Menschen verärgert, gespalten und abgestoßen, anstatt sie zu gewinnen, zu sich zu ziehen und zu retten. Und das mit voller Absicht.

Was ist das für ein Jesus? Was ist das für eine Lehre?

Werfen wir also einen weiteren Blick darauf.


Auf den dritten Blick erkennen wir, dass Jesus absichtlich seine Jünger spaltet und aussortiert

Diese Erkenntnis wird viele Christen erschrecken, die meinen, dass Christen nicht streiten dürfen, dass sie keine Spaltungen unter sich zulassen dürfen, dass alle Christen eins sein sollen und dass der Herr Jesus nichts lieber sieht, als dass seine Nachfolger alle eins sind. Tatsächlich steht der eine oder andere Satz in etwa so in der Bibel!

Und dann soll genau dieser Herr Jesus höchst persönlich seine Nachfolger spalten und viele davon verlieren? Wie passt das zusammen? Manch ein Bibelleser wird vielleicht meinen, dass ich hier übertreibe. Aber das sind nicht meine Worte, das steht so in der Bibel. Und es wird noch härter: als Jesus sieht, wie ihn viele seiner Jünger verließen, lief er ihnen nicht hinterher um sie zurück zu gewinnen oder sich gar zu entschuldigen für seine harte Rede. Nein. Was tat er stattdessen?

Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollt ihr nicht auch weggehen?

Es ist eigentlich unfassbar. Jeder moderne Kommunikationsberater würde hier Jesus längst die gelbe Karte zeigen, wenn nicht schon die rote. Anstatt seine verärgerten Jünger zu beruhigen, sie zu trösten, ihr Vertrauen wieder zu gewinnen zu suchen, legte er sogar noch dem letzten Rest, der geblieben ist, den Abmarsch nahe und zeigt ihnen die offene Tür! Wird heute nicht jeder „gute Motivationsredner“ geschult, dass er niemals verlustbringende Wege zeigen und ansprechen, sondern immer nur verkaufsorientierte Impulse geben soll? Nie das Negative, das man nicht will, aussprechen, sondern immer nur das Positive, das man erreichen will, stärken?

Jesus war nicht so gebrieft. Gott sei Dank. Er dachte ganz anders als die Menschen. Er war kein Motivationsredner. Er war kein Produktverkäufer. Er war kein Marketingexperte. Und schon gar nicht wollte er so viele Menschen wie möglich um jeden Preis gewinnen. Und das ist genau der springende Punkt in diesem und vielen ähnlichen Konflikten: es prallen hier zwei gegensätzliche Geisteshaltungen aufeinander. Und genau das sprach Jesus klar an:

Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben. 

Das ist der Schlüsselsatz. Hier zeigt Jesus seinen Jüngern, in welcher Geisteshaltung er lehrt und in welcher Geisteshaltung aber die meisten Menschen zuhören. Hier prallt der Geist auf das Fleisch. Und die beiden sind einander Feind. Jedem ärgert genau der andere. So war es den Jüngern, die fleischlich dachten, ein Ärgernis wenn Jesus geistlich predigte. Auf der anderen Seite war es Jesus immer wieder ein Ärgernis, wenn er geistlich lehrte und seine Jünger nur fleischlich zuhörten und fragten. Es gibt Beispiele dafür in den Evangelien. Etwa als Jesus vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer warnte und die Jünger nur an Brot dachten (Mt 16,6ff) oder die Fälle wo die Jünger wegen ihres Unglaubens nicht Dämonen austreiben konnten und man in Jesu Klage darüber richtig seinen Ärger heraushört:

O du ungläubiges Geschlecht! Wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen? 

Ganz besonders scharf wird Jesus einmal gegenüber einem seiner engsten Jünger:

Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Weiche von mir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis; denn du denkst nicht göttlich, sondern menschlich! (Mt 16,23)

Hier sieht man Jesu Ärger über die menschliche Denkweise sehr deutlich. Dahinter steckt Satan! Wer das nicht zugeben und erkennen will, hat Jesus zum Gegner, denn der nennt das Problem unverhohlen beim Namen: Satan. Wer menschlich denkt, hat nicht den Geist Gottes, sondern Satan als Berater. Der ist nicht vom Geist Gottes getrieben, sondern von Satan. So brutal und deutlich sagt hier Jesus seinem Petrus die Wahrheit ins Gesicht und drückt seinen Ärger darüber aus. Jesus umarmt hier nicht Petrus, um ihn zu trösten, wie viele Motivationstrainer, Seelsorger und Mentoren das heute vielleicht lehren würden, sondern Er stößt ihn von sich: weiche von mir!

Und noch etwas erkennt man in diesen Reden von Jesus: wer fleischlich denkt, der glaubt nicht. Jesus bezeichnet es immer wieder als Unglaube, wenn die Menschen fleischlich denken und reden.

Wir müssen verstehen, dass es dem Geist Gottes ein echtes Ärgernis ist, wenn Menschen fleischlich gesinnt sind und daher fleischlich lesen, zuhören, denken und reden. Und umgekehrt genauso. Das haben die Apostel bei Jesus gelernt. Paulus drückt das so aus:

Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muss. 

Der geistliche [Mensch] dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemand beurteilt; denn »wer hat den Sinn des Herrn erkannt, dass er ihn belehre?« Wir aber haben den Sinn des Christus.

Paulus referiert ausführlich über die Weisheit Gottes und im Gegensatz dazu die Weisheit der Welt. Die beiden sehen jeweils die andere als Torheit. Nachzulesen in den ersten beiden Kapiteln des ersten Korintherbriefes. Und Paulus verurteilt die Korinther, dass sie fleischlich sind (1.Kor 3,1-4). Ja er kommt schließlich sogar zu dem Befund:

Demnach ist also nicht ein einziger Weiser unter euch … (1.Kor 6,5)

Das ist hart. Aber genau das haben die Apostel von Jesus gelernt. Und so ermahnt Paulus die Korinther in beiden Briefen, endlich geistlich mündig zu werden und zu leben. Er führt ihnen mit vielen Worten und Geboten vor Augen, wie das funktioniert und aussehen muss.

Zurück zu Jesu Frage an die verbliebenen Zwölf:

Wollt ihr nicht auch weggehen?

Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? Und doch ist einer von euch ein Teufel! Er redete aber von Judas, Simons Sohn, dem Ischariot, denn dieser sollte ihn verraten, er, der einer von den Zwölfen war.

Auch hier wiederum gibt es Höhen und Tiefen. Petrus beweist hier als Sprecher der Zwölf, dass sie die Sache geistlich beurteilten und darum blieben. Ein Erfolg. Ein Tropfen Trost auf den heißen Stein, wo viele Jünger Jesus verließen. Und dennoch setzt Jesus gleich die nächsten entmutigenden und verurteilenden Worte drauf: er spricht wieder mal vom Teufel und personifiziert einen seiner letzten verbliebenen Jünger damit!

Baut man so Gemeinde? Gewinnt man so Menschen und ruft man so die verlorenen Seelen zusammen, auf dass sie gerettet werden?

Menschen, die fleischlich denken, würden es sicher nicht so machen.

Jesus, der geistlich denkt, macht das aber so und sieht sich als Vorbild. Er will Nachfolger, also Jünger, die ihn nachahmen.  Das ist das wesentliche Merkmal der Lehre Jesu und seiner Aposteln: sie zeigen vor, was sie meinen. Sie sehen sich als Vorbilder und wollen Nachahmer. Nachfolger Christi zu sein ist also nicht nur Zuhörer oder Leser der Worte Christi zu sein, sondern Nachahmer seiner Schüler.

Deswegen schreiben Paulus und Timotheus:

Werdet meine Nachahmer, ihr Brüder, und seht auf diejenigen, die so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt (Phil 3,17). 

oder Paulus und Sosthenes:

Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich [Nachahmer] des Christus bin! (1.Kor 11,1)

Die Apostel und deren Schüler lehrten also, dass man sie nachahmen soll und überlieferten uns dieses Gebot in der Heiligen Schrift. Nachahmen kann man nur einen Menschen, den man erlebt und mit dem man sich ausgiebig beschäftigt.

Aber wozu soll das gut sein? Reicht denn nicht der Heilige Geist allein?

Werfen wir also einen weiteren Blick darauf.


Auf den vierten Blick schauen wir auf die apostolischen Vorbilder

Wir wollen beobachten, wie der Herr Jesus und seine Jünger selbst diese Gebote verstanden, vorlebten und weitergaben.

Wenn heute die Meinung vorherrscht, oder wenigstens die Tendenz, dass etwa das „Gebot der Selbstverstümmelung“ (wie ich es polemisch nenne) vernachlässigbar ist und daher weder beachtet noch gelehrt werden braucht, so sollten wir diese Meinung also auch bei den Aposteln und deren Schülern vorfinden. Andernfalls wäre es eine falsche Lehrmeinung, also eine Irrlehre.

Haben die Apostel und deren Schüler dieses Gebot aus der Bergpredigt vernachlässigt und totgeschwiegen, so wie es die meisten modernen Prediger und Gemeinden heute tun?

Matthäus, ein Apostel des Herrn, hat dieses Gebot jedenfalls niedergeschrieben und für alle Ewigkeit festgehalten in seinem Evangelium. Und zwar nicht nur einmal. Er schrieb es sowohl in die Bergpredigt (Kapitel 5) als auch in eine längere Predigt Jesu, die er in Kapernaum hielt (Kapitel 18). Hier ein Auszug daraus:

Wenn aber deine Hand oder dein Fuß für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab und wirf sie von dir! Es ist besser für dich, dass du lahm oder verstümmelt in das Leben eingehst, als dass du zwei Hände oder zwei Füße hast und in das ewige Feuer geworfen wirst. Und wenn dein Auge für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so reiß es aus und wirf es von dir! Es ist besser für dich, dass du einäugig in das Leben eingehst, als dass du zwei Augen hast und in das höllische Feuer geworfen wirst. 

Auch Markus, ein Schüler vom Apostel Petrus, überlieferte uns dieses Gebot schriftlich in seinem Evangelium in einer Predigt Jesu in Kapernaum (Kapitel 9). Ein Auszug daraus:

Und wenn deine Hand für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab! Es ist besser für dich, dass du als Krüppel in das Leben eingehst, als dass du beide Hände hast und in die Hölle fährst, in das unauslöschliche Feuer, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt. Und wenn dein Fuß für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue ihn ab! Es ist besser für dich, dass du lahm in das Leben eingehst, als dass du beide Füße hast und in die Hölle geworfen wirst, in das unauslöschliche Feuer, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt. Und wenn dein Auge für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so reiß es aus! Es ist besser für dich, dass du einäugig in das Reich Gottes eingehst, als dass du zwei Augen hast und in das höllische Feuer geworfen wirst, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt. 

Wir haben also den schriftlichen Beweis, dass auch Petrus dieses Gebot lehrte, denn Markus schrieb das Evangelium anhand der Predigten seines Meisters Petrus. Hier sehen wir schon die Überlieferungskette. Das zeigt deutlich, dass nicht nur die Apostel dieses Gebot lehrten und überlieferten, sondern auch deren Schüler. Und das ist nicht verwunderlich, denn der Herr Jesus selbst gab ihnen ja den Auftrag:

Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. So geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe. (Mt 28,18-20)

Jesus tritt hier also bereits als Weltherrscher und Gebieter auf und befiehlt seinen elf Aposteln, dass sie die Völker lehren sollen alles zu halten, was er befohlen hatte. Das schließt selbstverständlich das Gebot mit ein, sich ein Auge auszureißen oder sich eine Hand oder einen Fuß abzuhauen. Und der Gebieter Jesus begnügt sich hier nicht nur damit, dass dieses Gebot nur theoretisch gelehrt wird, sondern es soll gelehrt werden es zu halten! Also die Umsetzung, die Praxis ist mitgeboten. Die von Christus eingesetzten Aposteln waren also nicht nur Lehrer der Völker, sondern Vorbilder, die alle die Gebote auch selbst halten mussten.

Hiermit stehen sie im krassen Gegensatz zu vielen modernen Lehrern, die dieses Gebot weder lehren noch befolgen und die schon gar nicht Vorbilder dafür sind, wie man die Gebote befolgt.

Apropos befolgen: Wie befolgten die Apostel dieses Gebot? Hat irgendeiner sich selbst verstümmelt, sich etwa ein Auge ausgerissen oder einen Fuß abgehauen? Nein, das tat keiner.

Auch Jesus tat nichts dergleichen mit seinem Körper, der vollständig blieb bis zu seiner Auferstehung.

Was kann man daraus schließen?

Drei Möglichkeiten gäbe es darauf als Antwort:

  1. Weder Jesus noch seine Aposteln bekamen je von ihren Augen, Händen oder Füßen einen Anstoß zur Sünde
  2. Sie bekamen zwar von ihren Augen, Händen oder Füßen Anstoß zur Sünde, missachteten aber das Gebot
  3. Sie verstanden das Gebot nicht fleischlich sondern geistlich und befolgten es also auch nur geistlich anstatt fleischlich

Punkt 1 kann man aus der Heiligen Schrift und erst Recht aus der Kirchengeschichte widerlegen. Jeder Mensch wurde immer wieder zur Sünde verführt, selbstverständlich auch die Apostel und auch Jesus, und natürlich auch körperlich. Ich möchte hier nicht ausführlicher darauf eingehen, sondern verweise nur auf die Verführungen Jesu in der Wüste, wo Satan gezielt die körperliche Erschöpfung Jesu nutzte, um ihm Anstoß zur Sünde zu geben. Hier wären die Augen und Hände Jesu sehr wohl beteiligt gewesen. Er riss sich aber dennoch kein Auge aus und hieb sich auch keine Hand ab. Jesus selbst wäre also ein schlechter Lehrer, ein schlechtes Vorbild, wenn er nicht selbst seine eigenen Regeln befolgte und sich nicht selbst ein Auge ausgerissen oder selbst einen Fuß abgehauen hätte, obwohl er dies aber so gemeint hätte. Ebenso wenig gibt es eine Überlieferung irgendeiner Selbstverstümmelung irgendeines Apostels.

Punkt 2 hieße, dass sie alle Heuchler waren und daher keine tauglichen und authentischen Überbringer des Evangeliums. Wir könnten dann getrost das sogenannte „Neue Testament“ in den Papierkorb werfen und die Lehre der Apostel vergessen.

Punkt 3 ist für aufmerksame Leser der einzig wahre. Hinweise und Indizien dafür haben wir bisher schon gesammelt. Wo bleiben aber die Beweise und die geistliche Lehre samt Vorbild wie diese Gebote geistlich zu verstehen sind?

Werfen wir also einen weiteren Blick darauf.


Auf den fünften Blick erkennen wir, was Jesus geistlich lehrte und meinte

Hier noch einmal der Wortlaut des Gebotes:

Wenn dir aber dein rechtes Auge ein Anstoß [zur Sünde] wird, so reiß es aus und wirf es von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. Und wenn deine rechte Hand für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab und wirf sie von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.

Wenn man dieses Gebot fleischlich, also wörtlich, verstehen und befolgen will, merkt man rasch, dass es keinen Sinn macht. Denn warum soll man sich ausgerechnet das rechte Auge ausreißen? Sind denn nicht beide Augen beteiligt gewesen? Verführt einem denn nur ein Auge? Selbiges gilt für die rechte Hand. Verführt sie mehr als die linke?

Und dann bleiben noch weitere Fragen offen: sind einäugige und einhändige Menschen denn immun gegen Verführung zur Sünde? Die hier gebotenen Maßnahmen (Auge ausreißen, Hand abhauen) sind nachhaltig und nicht wieder rückgängig zu machen, deren Wirkung ist aber gar nicht nachhaltig! Denn auch einäugige Menschen sind genauso weiterhin zur Sünde verführbar. Was bringt diese Maßnahme also, außer eine Gemeinde, die im Laufe der Zeit aus lauter verstümmelten Menschen besteht, die dann mehr einem Lazarett aus wimmernden, humpelnden, blinden Menschen gleicht als das Licht der Welt oder einer Stadt auf dem Berg? Welch ein Zeugnis wäre so eine Gemeinde für den Schöpfer und Herrscher der Welt?

All diese Fragen und das Zeugnis der frühen Christen, das sie sich nämlich nicht verstümmelten, bewegt wohl viele moderne Lehrer, dass sie dieses Gebot schlicht und einfach unter den Tisch fallen lassen. Denn ein Gebot, das niemand hält, braucht man weder lehren noch bewahren. Logisch. Manche kommen vielleicht noch auf den Gedanken, dass das Gebot nicht wörtlich zu verstehen ist, sondern irgendwie symbolisch. Aber es bleibt für sie dennoch dunkel oder kurios und sie ignorieren es praktisch.

Wir haben schon erkannt, dass die Apostel und deren Schüler anders unterwiesen waren. Sie wussten, dass sie die Worte und Gebote Christi geistlich beurteilen, lehren und befolgen mussten und überlieferten diese auch. Sie ließen keines weg und sie hielten alle. Auch dieses. Wo sehen wir es aber?

Wenn man etwas sucht, ist es hilfreich zu wissen, wonach man Ausschau halten soll. Sonst passiert es leicht, dass man ein Leben lang nichts entdeckt, weil man immer auf das Falsche achtet. Und genau deswegen setzte Gott immer schon Lehrer und Propheten ein, um die Menschen zu unterweisen und sie für die Wahrheit achtsam zu machen, ihnen genau zu zeigen, worauf sie sehen und achten müssen! Das ist immer schon Gottes Weg gewesen. Leider ignorieren das heute die meisten. Sie tun so, als hätte Gott ein heiliges Buch vom Himmel geworfen und sie müssten es nun so gut sie könnten jeder für sich auslegen. Manche berufen sich dann höchstens noch auf den „Heiligen Geist“ als Lehrer. Dabei fällt es ihnen nicht mal auf, dass in der Bibel niemand so an die Heiligen Schriften heranging. So geht nicht die Lehre der Apostel.

Wie oft habe ich schon einen Satz gehört wie „das ist ja alles nur Auslegungssache“ oder „das ist deine Auslegung. Ich habe aber eine andere…“!

Wem fällt auf, dass diese Sätze nirgendwo in der Bibel zu finden sind?

Wem fällt auf, dass kein Lehrer oder Prophet in der Bibel je mit so einer Geisteshaltung abgespeist wurde?

Solche Sätze und Gedanken sind nämlich genau die fleischliche Gesinnung, die den Herrn Jesus geärgert hat und wegen der Gott zürnt! Gott schickt richtige, gute Lehrer und Propheten und sogar seinen eigenen Sohn um die Menschen zu lehren, was sie tun sollen, was richtig und falsch ist, was die richtige Lehre ist, damit sie eben nicht nachher sagen können, „das ist ja alles nur Auslegungssache“ oder „das ist deine Wahrheit, ich habe aber eine andere“.

Wollen wir also wissen, worauf wir achten müssen, müssen wir die Apostel beobachten und sie „befragen“, wie sie das verstanden und gelehrt haben. Jesus spricht hier vom Leib, von Augen, Händen und Füßen. Genau diese Bilder verwendet der Apostel Paulus:

Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. Wenn der Fuß spräche: Ich bin keine Hand, darum gehöre ich nicht zum Leib!— gehört er deswegen etwa nicht zum Leib? Und wenn das Ohr spräche: Ich bin kein Auge, darum gehöre ich nicht zum Leib! — gehört es deswegen etwa nicht zum Leib? Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör? Wenn er ganz Ohr wäre, wo bliebe der Geruchssinn? Nun aber hat Gott die Glieder, jedes einzelne von ihnen, so im Leib eingefügt, wie er gewollt hat. Wenn aber alles ein Glied wäre, wo bliebe der Leib? Nun aber gibt es zwar viele Glieder, doch nur einen Leib. Und das Auge kann nicht zur Hand sagen: Ich brauche dich nicht!, oder das Haupt zu den Füßen: Ich brauche euch nicht! Vielmehr sind gerade die scheinbar schwächeren Glieder des Leibes notwendig, und die [Glieder] am Leib, die wir für weniger ehrbar halten, umgeben wir mit desto größerer Ehre, und unsere weniger anständigen erhalten umso größere Anständigkeit; denn unsere anständigen brauchen es nicht. Gott aber hat den Leib so zusammengefügt, dass er dem geringeren Glied umso größere Ehre gab, damit es keinen Zwiespalt im Leib gebe, sondern die Glieder gleichermaßen füreinander sorgen. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit. 

Paulus beschreibt den Körper, wie Gott ihn geschaffen und geordnet hat und jedem einzelnen Glied eine eigene Aufgabe zudachte und wie aber alle Glieder zusammen wirken und auf einander achten müssen, damit es dem ganzen Leib gut geht. Dieses auf den ersten Blick fleischliche Szenario hat Paulus aber nur geistlich gemeint:

Ihr aber seid [der] Leib des Christus, und jeder ist ein Glied [daran] nach seinem Teil.

Paulus führt dann näher aus, wie Gott die einzelnen Menschen wie Glieder im gesamten Leib der Gemeinde zusammenfügt und zusammen arbeiten lässt. Diese geistliche Sichtweise wendet er auch schon auf die Taufe an:

Denn wir sind ja alle durch einen Geist in einen Leib hinein getauft worden, ob wir Juden sind oder Griechen, Knechte oder Freie, und wir sind alle getränkt worden zu einem Geist.

Nachzulesen ist das alles im 1.Korintherbrief Kapitel 12.

Auch an die Römer schreibt Paulus das selbe geistliche Bild:

Denn gleichwie wir an einem Leib viele Glieder besitzen, nicht alle Glieder aber dieselbe Tätigkeit haben, so sind auch wir, die vielen, ein Leib in Christus, und als einzelne untereinander Glieder

Nachzulesen im Römerbrief Kapitel 12.

Die geistliche Sichtweise, dass die Gemeinde ein Leib ist, nämlich der Leib Christi, und jeder einzelne Mensch ein Glied daran, wobei Christus das Haupt, also der Kopf, ist, durchzieht die apostolische Lehre im gesamten neuen Testament.

Und genauso ist auch dieses Gebot Jesu zu verstehen: es geht um uns als Glieder, um Menschen! Das macht gerade auch im Zusammenhang der Predigten Sinn, denn in Wahrheit sind es ja immer Menschen, die Anstoß zur Sünde geben, und nicht die Augen, Hände oder Füße!

So lehrt Jesus in Matthäus 18 bevor er auf Hand und Fuß zu sprechen kommt dieses:

Wer aber einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Anstoß [zur Sünde] gibt, für den wäre es besser, dass ein großer Mühlstein an seinen Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde. Wehe der Welt wegen der Anstöße [zur Sünde]! Denn es ist zwar notwendig, dass die Anstöße [zur Sünde] kommen, aber wehe jenem Menschen, durch den der Anstoß [zur Sünde] kommt!

Das Selbe in Markus 9:

Wer aber einem der Kleinen, die an mich glauben, Anstoß [zur Sünde] gibt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde.

Auch Lukas überliefert uns diese Rede in Kapitel 17:

Er sprach aber zu den Jüngern: Es ist unvermeidlich, dass Anstöße [zur Sünde] kommen; wehe aber dem, durch welchen sie kommen! Es wäre für ihn besser, wenn ein großer Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde, als dass er einem dieser Kleinen einen Anstoß [zur Sünde] gibt. Habt acht auf euch selbst! Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt, so weise ihn zurecht; und wenn es ihn reut, so vergib ihm. Und wenn er siebenmal am Tag gegen dich sündigte und siebenmal am Tag wieder zu dir käme und spräche: Es reut mich!, so sollst du ihm vergeben.

Lukas war ein Schüler von Apostel Paulus. Er überliefert nicht die Bildsprache der Körperteile sondern kommt sofort auf den Menschen zu sprechen um den es geht: der Bruder, der sündigt.

Erst dann, wenn wir Menschen, und zwar nahestehende, in diesem Gebot Jesu erkennen, haben wir den Sinn verstanden. Auge, Hand und Fuß sind in der Regel jedem Menschen sehr nahe und wichtige Glieder. Diese stehen für sehr nahe und wichtige Menschen.

Wir haben auch heute noch in der Sprache etwa die Bezeichnung „die rechte Hand“ für den wichtigsten Mitarbeiter, Eingeweihten oder Stellvertreter. Auch ist es heute noch im Sprachgebrauch üblich, den Liebsten oder die Liebste „meinen Augapfel“ zu nennen.

Genau von solchen Menschen spricht Jesus, wenn einem solche nahen und wichtigen Menschen Anstoß zur Sünde geben. Da muss man rasch und mitunter brutal handeln. Nämlich sie abtrennen, sich von ihnen trennen, zur eigenen Rettung. Genau das sprach Jesus auch in anderen Predigten deutlich aus:

Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert! Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; und die Feinde des Menschen werden seine eigenen Hausgenossen sein. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird es verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden! (Mt 10,34ff)

Es kann und wird also durchaus so sein, dass man sich von seinem Sohn, seiner Tochter, seinem Vater, seiner Mutter oder seinem besten Freund, Mitarbeiter oder Geschäftspartner trennen muss, weil die einem Anstoß zur Sünde geben. Es ist besser man trennt sich von diesen Menschen und geht ein ins Reich Gottes, als das sie einem zur Sünde Anstoß geben und man geht mit ihnen in die Hölle. So hart, so brutal hat das der Herr Jesus immer wieder gelehrt.

Und genau das lebten Jesus und seine Aposteln auch selbst authentisch und mit allem Eifer vor!

Ich erinnere, wie Jesus seinen Petrus scharf von sich stieß: „Weiche von mir Satan!“ Petrus war im Begriff Jesus Anstoß zur Sünde zu geben. Und Jesus stieß ihn von sich und hielt der Versuchung stand.

Und das ist typisch: Satan versucht Menschen am liebsten durch Menschen und zwar durch jene Menschen, denen sie am meisten vertrauen, die sie am meisten lieben. So wurde auch Paulus von lieben Freunden verführt. Etwa als er, vom Heiligen Geist getrieben, nach Jerusalem zog um dort gefangen genommen, geschlagen und verurteilt zu werden. Paulus wusste, dass das sein Ende wäre. Und einige seiner Freunde wussten das auch, weil es ihnen der Geist offenbarte. Doch anstatt Paulus zu stärken, zu ermutigen und Kraft zu geben auf diesem schweren, letzten Weg, versuchten sie ihn davon abzuhalten, mit vielen Worten und Tränen. Das war hart und zerriss Paulus mehrmals das Herz und tat seiner Seele weh. Nachzulesen in der Apostelgeschichte Kapitel 21. Oder halten wir uns Hiob vor Augen, wie seine Frau und seine besten Freunde ihm fortwährend Anstoß zur Sünde gaben. Nachzulesen im Buch Hiob. Auch König Salomo wurde durch seine Frauen zum Götzendienst verführt. Nachzulesen im Buch 1.Könige Kapitel 11. Es ist gefährlich auf die falschen Menschen zu hören, überhaupt, wenn man sie von Herzen liebt und ihnen vertraut.

Das Wort Gottes geizt nicht mit Warnungen und Geboten, die genau davor bewahren sollen:

Wohl dem, der nicht wandelt nach dem Rat der Gottlosen, noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern seine Lust hat am Gesetz des HERRN und über sein Gesetz nachsinnt Tag und Nacht. (Psalm 1)

Lasst euch nicht irreführen: Schlechter Umgang verdirbt gute Sitten! Werdet doch wirklich nüchtern und sündigt nicht! Denn etliche haben keine Erkenntnis Gottes; das sage ich euch zur Beschämung. (1.Kor 15,33)

Schließlich steht das Thema Gemeindezucht genau unter diesem Gebot. Wenn ein Gemeindemitglied anderen Anstoß zur Sünde gibt, muss es ausgerissen werden wie ein Auge oder abgehauen wie eine Hand oder ein Fuß. Es hinterlässt dann genau den selben Schmerz im zurück bleibenden Leib Christi, wie bei einem wörtlichen Ausreissen oder Abtrennen eines Gliedes bei einem menschlichen Leib. Aber diese Operation rettet den Rest des Leibes, damit er nicht komplett verloren geht. Das ist eine geistliche Wahrheit, die heute leider in den meisten Gemeinden überhaupt nicht verstanden und praktiziert wird. Und schon gar nicht als Gehorsam gegenüber dem Gebot des Herrn.

Paulus schreibt deutliche Worte zu diesem Thema:

Jetzt aber habe ich euch geschrieben, dass ihr keinen Umgang haben sollt mit jemand, der sich Bruder nennen lässt und dabei ein Unzüchtiger oder Habsüchtiger oder Götzendiener oder Lästerer oder Trunkenbold oder Räuber ist; mit einem solchen sollt ihr nicht einmal essen. Denn was gehen mich auch die an, die außerhalb [der Gemeinde] sind, dass ich sie richten sollte? Habt ihr nicht die zu richten, welche drinnen sind? Die aber außerhalb sind, richtet Gott. So tut den Bösen aus eurer Mitte hinweg! (1.Kor 5)

Wenn jemand fremde Lehren verbreitet und nicht die gesunden Worte unseres Herrn Jesus Christus annimmt und die Lehre, die der Gottesfurcht entspricht, so ist er aufgeblasen und versteht doch nichts, sondern krankt an Streitfragen und Wortgefechten, woraus Neid, Zwietracht, Lästerung, böse Verdächtigungen entstehen, unnütze Streitgespräche von Menschen, die eine verdorbene Gesinnung haben und der Wahrheit beraubt sind und meinen, die Gottesfurcht sei ein Mittel zur Bereicherung — von solchen halte dich fern! (1.Tim 6)

Wir gebieten euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch von jedem Bruder zurückzieht, der unordentlich wandelt und nicht nach der Überlieferung, die er von uns empfangen hat. (2.Thess 3)

An anderer Stelle wird Paulus noch deutlicher:

O dass sie auch abgeschnitten würden, die euch verwirren! (Galater 5,12)

Auch der Apostel Johannes lehrt dieses Gebot der Trennung von Brüdern, die andere verführen:

Jeder, der abweicht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, der hat Gott nicht; wer in der Lehre des Christus bleibt, der hat den Vater und den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, den nehmt nicht auf ins Haus und grüßt ihn nicht! Denn wer ihn grüßt, macht sich seiner bösen Werke teilhaftig. (2.Joh )

Und schließlich lobt auch der Herr Jesus persönlich die Gemeinde in Ephesus, weil sie dieses Gebot hielt:

Ich kenne deine Werke und deine Bemühung und dein standhaftes Ausharren, und dass du die Bösen nicht ertragen kannst; und du hast die geprüft, die behaupten, sie seien Apostel und sind es nicht, und hast sie als Lügner erkannt; und du hast [Schweres] ertragen und hast standhaftes Ausharren, und um meines Namens willen hast du gearbeitet und bist nicht müde geworden.

Im Gegenzug tadelt Jesus Christus die Gemeinde von Pergamus, die dieses Gebot nicht hielt:

Aber ich habe ein weniges gegen dich, dass du dort solche hast, die an der Lehre Bileams festhalten, der den Balak lehrte, einen Anstoß [zur Sünde] vor die Kinder Israels zu legen, sodass sie Götzenopfer aßen und Unzucht trieben. So hast auch du solche, die an der Lehre der Nikolaiten festhalten, was ich hasse. Tue Buße! Sonst komme ich rasch über dich und werde gegen sie Krieg führen mit dem Schwert meines Mundes.

Beides zu lesen in Offenbarung Kapitel 2

Wir sehen also, wenn wir wissen worauf wir schauen müssen, können wir Beispiele in der Bibel finden, wo gute Lehrer und gute Gemeinden dieses Gebot nicht nur lehrten sondern auch hielten!

Was war aber mit den nächsten Generationen von apostolischen Lehrern und Gemeinden? Hielten die dieses Gebot auch noch? Und warum wird es heute vom Großteil der Christen missachtet oder völlig falsch gelehrt?

Werfen wir also einen letzten Blick noch auf die Kirchengeschichte.


Auf den sechsten Blick erkennen wir, dass die Schüler der Apostel die Lehre bewahrten

Chrysostomus, ein Lehrer aus dem späten vierten Jahrhundert, schreibt folgenden Kommentar zu dem besagten Gebot Christi in Matthäus Kapitel 5:

Hätte darum der Herr die Glieder des Leibes gemeint, so hätte er nicht bloß von einem einzigen Auge geredet, und nicht nur vom rechten, sondern von beiden. Wer nämlich vom rechten Auge geärgert wird, dem widerfährt dasselbe offenbar auch durch das linke. Warum nimmt er also gerade das rechte und redet nur von der Hand? Damit du sehest, dass er nicht von den Gliedern des Leibes spricht, sondern von unseren Freunden. Wenn du jemand so sehr liebst, will Christus sagen, dass er dir so viel wert ist, wie dein rechtes Auge, oder glaubst, er sei dir so nützlich, dass du ihn wie deine rechte Hand betrachtest, so trenne dich trotzdem auch von solchen Freunden, wenn einer deiner Seele schadet. Beachte auch, mit welchem Nachdruck der Herr redet. Er sagte nicht: Stehe ab; nein, er will vielmehr die Größe der Trennung recht hervorheben und sagt darum: „Reiße es aus und wirf es von dir.“

Nachdem er aber etwas so Hartes verlangt hatte, zeigt er auch, welches in beiden Fällen der Lohn ist für das Gute sowohl wie für das Böse. Dann fährt er unter Beibehaltung des Vergleiches fort: „Es ist nämlich besser für dich, dass nur eines deiner Glieder zugrunde gehe, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde.“ Wenn dein Freund sich selbst nicht rettet, sondern auch dich noch ins Verderben führt, was wäre das wohl für eine Nächstenliebe, wenn man beide zugrunde gehen ließe, während wenigsten einer gerettet werden kann, wenn sie getrennt werden?

Chrysostomus († 407) (Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (In Matthaeum homiliae I-XC) Siebzehnte Homilie. Kap. V, V.27-37.

Und zu der Wiederholung des Gebotes in Matthäus 18 schreibt eben der selbe Chrysostomus:

Mit diesen Worten meint Jesus nicht etwa die eigentlichen Gliedmaßen, sondern die Freunde, die Angehörigen, welche uns ebenso teuer sind wie notwendige Glieder. Dasselbe hatte er schon früher einmal gesagt und wiederholt es jetzt. Es gibt eben nichts so Verderbliches wie bösen Umgang. Denn was oft der Zwang nicht vermag, das bringt die Freundschaft zuwege, sei es zum Schaden, sei es zum Nutzen. Daher sein strenges Gebot, alle zu entfernen, die uns zum Schaden gereichen; er versteht darunter jene, die uns Ärgernis gaben. Siehst du da, wie er den Schaden, der aus den Ärgernissen entspringt, abwehrt? Er sagt voraus, dass auf jeden Fall Ärgernisse kommen werden, damit niemand unvorbereitet davon Betroffen werde, sondern in Behutsamkeit dieselbe gewärtige; er weist darauf hin, dass Ärgernisse ein großes Übel seien ; endlich nennt er solche Leute, die Ärgernis geben, mit Nachdruck „unselig“. Denn durch die Worte: Wehe aber jenem Menschen“ kündigt er deutlich an, dass die Strafe eine schwere sein werde.

Zu diesen Worten fügt er auch noch ein Gleichnis, um das Fürchterliche der Sache noch mehr hervorzuheben. Auch das ist ihm noch nicht genug; er gibt auch die Art und Weise an, wie man das Ärgernis meiden kann. Und auf welche Weise soll das sein? Mit den Bösen, sagt er, mußt du jede Beziehung abbrechen, auch wenn sie deine größten Freunde wären. Der Grund, den er hierfür vorbringt, ist unwiderleglich. Wenn sie deine Freunde bleiben, sagt er, wirst du sie nicht gewinnen und obendrein noch selbst ins Verderben stürzen; wenn du hingegen mit ihnen brichst, wirst du wenigstens dein eigenes Heil sichern. Sobald dir also die Freundschaft mit irgendeinem Menschen zum Schaden gereicht, dann mache der Sache gründlich ein Ende. Wir lassen uns ja häufig ein oder das andere Glied wegschneiden, wenn es unheilbar krank ist und den übrigen verderblich geworden ist; wieviel mehr gilt das bei der Freundschaft. Wäre aber das Böse naturnotwendig, dann wäre unsere Mahnung und unser Rat ganz überflüssig; überflüssig wäre es auch, sich vor der erwähnten Gefahr in acht zu nehmen. Ist es aber nicht überflüssig und das ist es wirklich nicht , so erhellt deutlich, dass das Böse seine Quelle im Willen hat.

Chrysostomus († 407) Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (In Matthaeum homiliae I-XC) Neunundfünfzigste Homilie. Kap. XVIII, V.7-14.

Theodoret von Cyrus, ein Lehrer aus dem 5.Jh n.Chr, beschreibt in seinem Werk zur Kirchengeschichte wie ein gewisser Irrlehrer namens Arius (die Arianer werden nach ihm benannt) behandelt wurde von einem apostolischen Lehrer:

Arius dagegen nannte in direktem Widerspruch mit der Wahrheit den Sohn ein Geschöpf und ein Gebilde, und fügte hinzu: „Es gab eine Zeit, wo er nicht war“, und so noch anderes, was wir alles noch genauer aus seinen eigenen Schriften kennen lernen werden. Und solches behauptete er fortwährend nicht nur in der Kirche, sondern auch außerhalb derselben in Gesellschaften und Versammlungen. Ja er ging sogar von Haus zu Haus und machte so viele, als er konnte, zu Sklaven seines Irrtums. Alexander nun, der berufene Verteidiger der apostolischen Lehre, versuchte ihn zuerst durch Ermahnung und Zuspruch auf bessere Wege zu bringen; als er aber sah, daß jener ganz wie von Sinnen war und seine gottlose Lehre öffentlich ausposaunte, schloß er ihn vom priesterlichen Amte aus. Er folgte damit nur der göttlichen Vorschrift, die da lautet: „Wenn dich dein rechtes Auge ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir!“

Theodoret von Cyrus († 466) – Kirchengeschichte (Historia ecclesiastica), Erstes Buch [323—337], 2. Die Entstehung der arianischen Häresie

Auch hier sehen wir eindeutig, wie dieses Gebot noch im fünften Jahrhundert richtig verstanden, gelehrt und gehalten wurde.

Auch Baslius von Cäserea aus dem 4.Jh zitiert dieses Gebot im selben geistlichen Sinn:

Daher passt auf den, der die Sünder in Schutz nimmt, wenn er nicht würdige Früchte der Buße aufweist, das, was der Herr sagt: „Wenn dich dein rechtes Auge ärgert, so reisse es aus und wirf es von dir; denn es ist besser für dich, daß eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde.“

Basilius von Cäsarea († 379) – 313 kurzgefasste Vorschriften (Regulae brevius tractatae) Die dreihundertzehn kurzgefaßten Regeln in Form von Frage und Antwort. 

Hilarius von Poitiers zitiert in seinen Abhandlungen über Psalm 118 auch dieses Gebot Christi im selben geistlichen Sinn:

Der Herr wusste, dass diese Ärgernisse der häuslichen Ränke den schwersten Sturz des Glaubens herbeizuführen pflegen, denn er sagt: „Wenn dich dein rechtes Auge ärgert, und wenn dich dein rechter Fuß oder deine rechte Hand ärgert; so reiß sie heraus und wirf sie von dir.“ Nicht von den Gliedern der Leiber hat er dieses gesagt, da weder Fuß noch Hand Ärgernisse verursachen kann; sondern hinsichtlich der mit uns sehr eng verbundenen und mit uns sehr verwandten Glieder, (denn wir alle sind ein Leib in Christo) befiehlt er dieses, damit nicht durch häusliche Ränke und Ägernisse, welche unter uns herrschen, uns irgend ein Sündenmakel anklebe.

Hilarius von Poitiers († 367) – Abhandlungen über die Psalmen, Ps 118

Das waren nur ein paar Beispiele aus der frühen christlichen Kirchengeschichte, die deutlich zeigen, dass auch noch ein paar Jahrhunderte nach Christus dieses sein Gebot richtig geistlich gelehrt und gehalten wurde.


Wann hörte das aber auf und warum?

Ich denke, die Antwort liegt auf der Hand: die Lehre der Apostel wurde in dem Moment verlassen, wo man die Lehrtradition, wie sie vom Herrn Jesus eingeführt und vorgelebt wurde, aufgab.

Ab dem Moment, wo man nicht mehr apostolische Lehrer als Vorbilder hatte, die die richtige Lehre an deren Schüler überlieferten, und zwar genauso wie sie diese von ihren Lehrern empfingen, und ab dem Moment, wo genau dieses Gebot Christi des Abtrennens von Gliedern, die Anstoß zur Sünde geben, nicht mehr praktiziert wurde, da wurde Tor und Tür geöffnet für neue Lehren und Lehrtraditionen.

Ab dem Moment fragte kaum noch jemand, „was haben die alten Lehrer gelehrt?“ Sondern man begann sich auf ein paar Schriften und deren Auslegung nach persönlichem Dafürhalten zu beschränken. Es kamen „Lehrer“, die meinten, die Apostel hätten in einer anderen Zeit gelebt und so sei das, was sie damals lehrten nur für ihre Zeit gültig. Nun seien aber andere, neue Zeiten angebrochen. Und so haben sich viele von den Aposteln und deren Schülern distanziert und gingen andere, neue Wege, geleitet vom Zeitgeist. Und so kam es, dass es heute zigtausende verschiedene Lehren und Denominationen im Christentum gibt. Ein Wildwuchs an Unwissenheit, Irrlehren und Sünde. Wer aber kennt und lehrt noch die eine, wahre, gesunde Lehre der Apostel?