Auf den dritten Blick erkennen wir, dass Jesus absichtlich seine Jünger spaltet und aussortiert
Diese Erkenntnis wird viele Christen erschrecken, die meinen, dass Christen nicht streiten dürfen, dass sie keine Spaltungen unter sich zulassen dürfen, dass alle Christen eins sein sollen und dass der Herr Jesus nichts lieber sieht, als dass seine Nachfolger alle eins sind. Tatsächlich steht der eine oder andere Satz in etwa so in der Bibel!
Und dann soll genau dieser Herr Jesus höchst persönlich seine Nachfolger spalten und viele davon verlieren? Wie passt das zusammen? Manch ein Bibelleser wird vielleicht meinen, dass ich hier übertreibe. Aber das sind nicht meine Worte, das steht so in der Bibel. Und es wird noch härter: als Jesus sieht, wie ihn viele seiner Jünger verließen, lief er ihnen nicht hinterher um sie zurück zu gewinnen oder sich gar zu entschuldigen für seine harte Rede. Nein. Was tat er stattdessen?
Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollt ihr nicht auch weggehen?
Es ist eigentlich unfassbar. Jeder moderne Kommunikationsberater würde hier Jesus längst die gelbe Karte zeigen, wenn nicht schon die rote. Anstatt seine verärgerten Jünger zu beruhigen, sie zu trösten, ihr Vertrauen wieder zu gewinnen zu suchen, legte er sogar noch dem letzten Rest, der geblieben ist, den Abmarsch nahe und zeigt ihnen die offene Tür! Wird heute nicht jeder „gute Motivationsredner“ geschult, dass er niemals verlustbringende Wege zeigen und ansprechen, sondern immer nur verkaufsorientierte Impulse geben soll? Nie das Negative, das man nicht will, aussprechen, sondern immer nur das Positive, das man erreichen will, stärken?
Jesus war nicht so gebrieft. Gott sei Dank. Er dachte ganz anders als die Menschen. Er war kein Motivationsredner. Er war kein Produktverkäufer. Er war kein Marketingexperte. Und schon gar nicht wollte er so viele Menschen wie möglich um jeden Preis gewinnen. Und das ist genau der springende Punkt in diesem und vielen ähnlichen Konflikten: es prallen hier zwei gegensätzliche Geisteshaltungen aufeinander. Und genau das sprach Jesus klar an:
Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben.
Das ist der Schlüsselsatz. Hier zeigt Jesus seinen Jüngern, in welcher Geisteshaltung er lehrt und in welcher Geisteshaltung aber die meisten Menschen zuhören. Hier prallt der Geist auf das Fleisch. Und die beiden sind einander Feind. Jedem ärgert genau der andere. So war es den Jüngern, die fleischlich dachten, ein Ärgernis wenn Jesus geistlich predigte. Auf der anderen Seite war es Jesus immer wieder ein Ärgernis, wenn er geistlich lehrte und seine Jünger nur fleischlich zuhörten und fragten. Es gibt Beispiele dafür in den Evangelien. Etwa als Jesus vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer warnte und die Jünger nur an Brot dachten (Mt 16,6ff) oder die Fälle wo die Jünger wegen ihres Unglaubens nicht Dämonen austreiben konnten und man in Jesu Klage darüber richtig seinen Ärger heraushört:
O du ungläubiges Geschlecht! Wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen?
Ganz besonders scharf wird Jesus einmal gegenüber einem seiner engsten Jünger:
Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Weiche von mir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis; denn du denkst nicht göttlich, sondern menschlich! (Mt 16,23)
Hier sieht man Jesu Ärger über die menschliche Denkweise sehr deutlich. Dahinter steckt Satan! Wer das nicht zugeben und erkennen will, hat Jesus zum Gegner, denn der nennt das Problem unverhohlen beim Namen: Satan. Wer menschlich denkt, hat nicht den Geist Gottes, sondern Satan als Berater. Der ist nicht vom Geist Gottes getrieben, sondern von Satan. So brutal und deutlich sagt hier Jesus seinem Petrus die Wahrheit ins Gesicht und drückt seinen Ärger darüber aus. Jesus umarmt hier nicht Petrus, um ihn zu trösten, wie viele Motivationstrainer, Seelsorger und Mentoren das heute vielleicht lehren würden, sondern Er stößt ihn von sich: weiche von mir!
Und noch etwas erkennt man in diesen Reden von Jesus: wer fleischlich denkt, der glaubt nicht. Jesus bezeichnet es immer wieder als Unglaube, wenn die Menschen fleischlich denken und reden.
Wir müssen verstehen, dass es dem Geist Gottes ein echtes Ärgernis ist, wenn Menschen fleischlich gesinnt sind und daher fleischlich lesen, zuhören, denken und reden. Und umgekehrt genauso. Das haben die Apostel bei Jesus gelernt. Paulus drückt das so aus:
Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muss.
Der geistliche [Mensch] dagegen beurteilt zwar alles, er selbst jedoch wird von niemand beurteilt; denn »wer hat den Sinn des Herrn erkannt, dass er ihn belehre?« Wir aber haben den Sinn des Christus.
Paulus referiert ausführlich über die Weisheit Gottes und im Gegensatz dazu die Weisheit der Welt. Die beiden sehen jeweils die andere als Torheit. Nachzulesen in den ersten beiden Kapiteln des ersten Korintherbriefes. Und Paulus verurteilt die Korinther, dass sie fleischlich sind (1.Kor 3,1-4). Ja er kommt schließlich sogar zu dem Befund:
Demnach ist also nicht ein einziger Weiser unter euch … (1.Kor 6,5)
Das ist hart. Aber genau das haben die Apostel von Jesus gelernt. Und so ermahnt Paulus die Korinther in beiden Briefen, endlich geistlich mündig zu werden und zu leben. Er führt ihnen mit vielen Worten und Geboten vor Augen, wie das funktioniert und aussehen muss.
Zurück zu Jesu Frage an die verbliebenen Zwölf:
Wollt ihr nicht auch weggehen?
Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? Und doch ist einer von euch ein Teufel! Er redete aber von Judas, Simons Sohn, dem Ischariot, denn dieser sollte ihn verraten, er, der einer von den Zwölfen war.
Auch hier wiederum gibt es Höhen und Tiefen. Petrus beweist hier als Sprecher der Zwölf, dass sie die Sache geistlich beurteilten und darum blieben. Ein Erfolg. Ein Tropfen Trost auf den heißen Stein, wo viele Jünger Jesus verließen. Und dennoch setzt Jesus gleich die nächsten entmutigenden und verurteilenden Worte drauf: er spricht wieder mal vom Teufel und personifiziert einen seiner letzten verbliebenen Jünger damit!
Baut man so Gemeinde? Gewinnt man so Menschen und ruft man so die verlorenen Seelen zusammen, auf dass sie gerettet werden?
Menschen, die fleischlich denken, würden es sicher nicht so machen.
Jesus, der geistlich denkt, macht das aber so und sieht sich als Vorbild. Er will Nachfolger, also Jünger, die ihn nachahmen. Das ist das wesentliche Merkmal der Lehre Jesu und seiner Aposteln: sie zeigen vor, was sie meinen. Sie sehen sich als Vorbilder und wollen Nachahmer. Nachfolger Christi zu sein ist also nicht nur Zuhörer oder Leser der Worte Christi zu sein, sondern Nachahmer seiner Schüler.
Deswegen schreiben Paulus und Timotheus:
Werdet meine Nachahmer, ihr Brüder, und seht auf diejenigen, die so wandeln, wie ihr uns zum Vorbild habt (Phil 3,17).
oder Paulus und Sosthenes:
Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich [Nachahmer] des Christus bin! (1.Kor 11,1)
Die Apostel und deren Schüler lehrten also, dass man sie nachahmen soll und überlieferten uns dieses Gebot in der Heiligen Schrift. Nachahmen kann man nur einen Menschen, den man erlebt und mit dem man sich ausgiebig beschäftigt.
Aber wozu soll das gut sein? Reicht denn nicht der Heilige Geist allein?
Werfen wir also einen weiteren Blick darauf.