• Sollen wir vor den Apokryphen warnen oder vor denen, die vor den Apokryphen warnen?

1. Die Apokryphen sind eine Sammlung uninspirierter, unechter Bücher.

Das ist eigentlich kein Argument, sondern eine Behauptung. Sie kommt immer ohne Beweisführung daher und das aus gutem Grund: Es gibt keinen Beweis dafür. Am Ende ist es höchstens eine Glaubensfrage, über die trefflich gestritten werden kann. Genauso kann man das Gegenteil behaupten, dass nämlich die Apokryphen eine Sammlung inspirierter, echter Bücher sind. Und das ist aber beweisbar, dazu kommen wir noch.

Die entscheidenden Fragen dabei sind:

  1. Was ist das Kriterium für echt und unecht und wer befindet darüber?
  2. Wer hat die Kompetenz zu urteilen, welche Bücher inspiriert sind?

Beleuchten wir nun diese beiden Fragen.

I. Was ist das Kriterium für echt und unecht und wer befindet darüber?

Die Begriffe „echt“ und „unecht“ werden in der Kunst und Literatur verwendet, um zu klären, ob ein Werk von demjenigen stammt, von dem es vorgibt zu stammen. Also zum Beispiel ob ein Rembrandt-Gemälde wirklich von Rembrandt ist oder eine Mozart-Oper wirklich von Mozart oder, um zum Thema Bibel zu kommen, ob der zweite und dritte Johannesbrief wirklich von Johannes geschrieben wurde. Das wird heute tatsächlich von vielen Historikern und Bibelwissenschaftlern angezweifelt und war schon zur Zeit der frühen Christen ein Thema.

Wenn die Johannesbriefe nicht wirklich von Johannes geschrieben wurden, nennt man sie „unechte Johannesbriefe“. Das heißt aber nicht automatisch, dass sie falsch oder verwerflich oder nicht von Gott inspiriert wären, sondern eben nur, dass sie von jemand anderem geschrieben wurden. So etwas war in der Antike nicht selten und kommt auch heute noch vor. Viele Autoren schreiben auch heute noch unter anderem Namen (z.B. Künstlernamen), schreiben im Namen von Dritten oder überhaupt anonym. Auch der berühmte Bibelübersetzer Martin Luther versteckte sich jahrelang hinter einem Pseudonym namens „Junker Jörg“. Das erschwert die Beurteilung, ob ein Schriftstück echt oder unecht ist.

Heute wird die Echtheit von übrigens sehr vielen biblischen Büchern angezweifelt. Für die meisten „Experten“ steht heute fest, dass die fünf Bücher Moses alle unecht sind. Als Beweis führen sie u.a. an, dass Mose sie gar nicht schreiben konnte, weil er kein Alphabet hatte, schon gar nicht ein Hebräisches. Das sei damals noch nicht erfunden worden, sagen sie. Die ganze Streiterei ist unter dem Begriff „Die Mose Kontroverse“ in der Fachwelt bekannt und es gibt eine sehr gute Dokumentation des preisgekrönten Filmemachers Timothy Mahoney darüber.

Und ja, es stimmt, dass bereits die frühen Christen diskutierten, welche Bücher echt und welche unecht seien. Das geschah aber nicht, um diese Bücher abzuwerten oder aus den Gemeinden zu werfen. Im Gegenteil, es waren einige Bücher, die als unecht galten, im frühen Christentum hoch angesehen und wurden als Lehrbücher in den Gemeinden eingesetzt. Das wird heute von Unwissenden übersehen.

Wir müssen mit dem Begriff „unecht“ also sehr vorsichtig und seriös umgehen und dürfen ihn nicht gleichsetzen mit negativen Begriffen wie „falsch“, „gefälscht“, „irregeleitet“ oder „nicht anerkannt“. Denn die frühen Christen anerkannten auch unechte Bücher.  Und nach ihnen, im vierten Jahrhundert, wurden mehrere dieser unechten Bücher in den offiziellen Kanon des Neuen Testaments der neuen Kirche unter Führung von Kaiser Konstantin aufgenommen. Dieser Kanon gilt bis heute für fast alle Christen als korrekt und verbindlich. Aber er enthält einige Bücher, die damals schon als unecht galten. Wir werden die Entstehung des Bibelkanons in einem eigenen Beitrag beleuchten und erklären und wollen hier nur noch erwähnen, dass solche Diskussionen bezeichnender Weise erst Jahrhunderte nach dem Tod der Autoren entstanden, als alle Zeugen längst tot waren. Und hier sind wir am Kern: Wer den echten Autor kennt, muss nicht darüber diskutieren. Zur Zeit als die Bücher geschrieben wurden, kannte man deren echte Autoren. In vielen Fällen wurden aber leider nicht deren Namen aufgeschrieben und in den anderen Fällen, wurde das Jahrhunderte später angezweifelt. Wenn wir die Wahrheit erfahren wollen, müssen wir also zurück an den Ursprung gehen, in die Zeit, wo wir noch wissende Zeugen finden und nicht bloß zweifelnde Unwissende. Und wir müssen uns ansehen, wie die frühen Gemeinden mit diesen Büchern umgingen. Die Praxis sagt mehr als tausend Konzile.

II. Wer hat die Kompetenz zu urteilen, welche Bücher inspiriert sind?

Die Römisch-Katholische-Kirche schreibt seit ihrer Entstehung im 4. Jahrhundert diese Kompetenz dem „demokratischen“ Beschluss aller anwesenden Bischöfe auf römischen Kirchenkonzilen unter dem Vorsitz von weltlichen Herrschern (damals Kaiser Konstantin) zu. Frei nach dem Motto „die Mehrheit der Bischöfe kann nicht irren“. Dass Gegenstimmen eingeschüchtert und mit Gewalt verfolgt und hingerichtet wurden, wird oft verschwiegen. Dass durch die gezielte Auswahl der geladenen Bischöfe das gewünschte Endergebnis des Konzils sichergestellt wird, wird ebenso verschwiegen.

Die Protestanten erachten dafür sogar allein eine Einzelperson kompetent, nämlich den deutschen Mönch Dr. Martin Luther im 16. Jahrhundert.

Und in den Freikirchen erachtet sich beinahe jeder selbst kompetent und berufen darüber zu befinden, was von Gott inspiriert ist und was nicht.

Das sind aber alles menschliche Versuche sich über Gott zu erheben. Im Prinzip verhalten sich solche Menschen nicht anders als die heidnischen Religionen, wo Menschen entschieden, wer und wie die Götter sind und was sie können.

Bei den wahren Juden und frühen Christen war das hingegen ganz anders: da war Gott allein derjenige, der festlegte, was von Ihm kommt und inspiriert ist. Kein Menschen darf und kann darüber befinden. Gott braucht und schickt auch keine menschlichen „Sachverständigen“, die Gottes Wort beurteilen oder bestätigen. Das macht Gott allein auf Seine Art. Er tat das im Alten Testament durch seine Propheten. Ein für allemal aber tat Er das durch Seinen Sohn Jesus Christus, der einerseits die Heilige Schrift des Alten Testaments bestätigte und heiligte, nämlich die Septuaginta, und der andererseits persönlich Seine Apostel berief und unterwies und ihnen allein göttliche Vollmacht gab für die Bücher des Neuen Testaments. Die von Christus bevollmächtigten Apostel wirkten im ersten Jahrhundert und bestätigten vor ihrem Tod die komplette inspirierte Schrift und gaben diese an ihre Schüler weiter. Somit wurde die Frage im ersten Jahrhundert geklärt und abgeschlossen. Sie bedarf keiner weiteren Diskussion. Deswegen ist jeder spätere Versuch daran zu rütteln oder herumzudoktern, sei es im 4., 16. oder 21. Jahrhundert, gottlos.

Wenn wir die göttliche Wahrheit erfahren wollen, müssen wir also zurück zur Quelle gehen, zu Gottes Sohn Jesus Christus. Auf Ihn müssen wir schauen und auf Seine Apostel im ersten Jahrhundert und auf diejenigen, die die Lehre der Apostel noch kannten, lehrten und befolgten – das sind die frühen Christen der ersten drei Jahrhunderte - und nicht auf Konzile nach der Konstantinischen Wende, und schon gar nicht auf menschliche Meinungen von Einzelpersonen ab dem 16. Jahrhundert, die sich über die frühen Christen, und damit über die überlieferte Lehre der Apostel, hinwegsetzen.

Die Kirchengeschichte lehrt uns übrigens, dass die Heilige Schrift ab dem 4. Jahrhundert bis heute immer dünner wurde. In allen modernen „Bibeln“ des 21. Jahrhunderts fehlt mittlerweile mehr als ein Drittel der Texte, die die frühen Christen im zweiten Jahrhundert von den Aposteln und deren Schüler übernahmen, lasen, zitierten, lehrten, als inspiriert betrachteten, bewahrten und gegen alle Angriffe des Teufels verteidigten. Davon sind wir heute weit entfernt. Über die Entstehung des Bibelkanons und die damit einhergehende systematische Ausdünnung des Wortes Gottes werden wir einen eigenen Beitrag verfassen. Das würde hier zu weit führen. Hier sei nur festgehalten, dass in der breiten Masse des Christentums seit rund 1700 Jahren sukzessive Wort Gottes verloren geht, mit steigender Tendenz. Nur eine winzige Minderheit kennt und bewahrt noch das Wort Gottes in seinem vollen, ursprünglichen Umfang. Genau das ist eine zu erwartende Begleiterscheinung des großen Abfalls von Gott in der Endzeit.