Historisches Ereignis, das im 4.Jahrhundert stattfand und deswegen nicht in der Bibel stehen kann. Es veränderte das Christentum komplett.

Viele Menschen glauben heute, dass sich das Christentum im Laufe der Jahrhunderte langsam aber sicher weiterentwickelte oder es eine Art natürliche Fortentwicklung gab. Nichts davon stimmt. Es war in Wahrheit ein künstlicher, schlagartig herbei geführter Wendepunkt, der alles änderte. Heute wird er Konstantinische Wende genannt. Die Vorgeschichte dazu kurz umrissen:

Auslöser war die Schlacht des Konstantin gegen den Tyrannen von Rom namens Maxentius, deren Hergang und Ausgang wir ausführlich beschrieben in dem Beitrag über Konstantin, nach dem auch die Konstantinische Wende benannt ist. Konstantins Sieg machte ihn zum Römischen Kaiser. Er schrieb diesen Sieg aber nicht seiner Armee, sondern der Hilfe des Gottes der Christen zu.

Konstantins darauf folgende Beziehung zur Kirche kann nur im Licht der Beziehung verstanden werden, die römische Kaiser immer mit der Religion ihrer Untertanen hatten. Die Römer waren im Grunde ein religiöses Volk, und sie schrieben ihren Erfolg und ihren Wohlstand den Göttern zu, die sie gesegnet hatten. Religion war im Römischen Reich eine Staatsangelegenheit, und Religion und Staat waren immer eng miteinander verbunden. In öffentlichen Zeremonien wurden die Götter beschworen und ihnen geopfert, und öffentliche Anbetung der Götter galt als eine patriotische Pflicht. Die Götter zu beleidigen war ein Staatsverbrechen.

Konstantin glaubte wirklich, dass der christliche Gott ihm seinen Sieg gegeben hatte, und dass genau dieser Gott nun das Römische Reich beschützen würde - solange die Kaiser ihn anbeteten und die Kirche ihm treu war. Also begann Konstantin, die Kirchen und ihre Leiter mit Segnungen zu überhäufen. (David BercotZurück zum Start, S.180-181)

Der neue Westkaiser Konstantin der Große traf sich mit dem Ostkaiser Licinius, der dessen Halbschwester heiratete, 313 in Mailand, wo sie das sogenannte Toleranzedikt erließen:

„In der Erkenntnis, daß die Religionsfreiheit nicht verwehrt werden dürfe, daß es vielmehr einem jeden gemäß seiner Gesinnung und seinem Willen verstattet sein solle, nach eigener Wahl sich religiös zu betätigen, haben wir bereits früher Befehl erlassen, daß es auch den Christen unbenommen sei, den Glauben beizubehalten, den sie selbst erwählt und im Kulte bekunden. Da aber in jenem Reskripte, worin ihnen diese Freiheit zugestanden wurde, viele und verschiedenartige Bedingungen ausdrücklich beigefügt erschienen, so ließen sich vielleicht manche von ihnen nach kurzer Zeit von solcher Beobachtung abdrängen. Da wir, ich, Konstantinus Augustus, und ich, Licinius Augustus, durch glückliche Fügung nach Mailand gekommen und all das, was dem Volke zu Nutz und Vorteil gereiche, erwogen, so haben wir unter den übrigen Verfügungen, die dem Interesse der Allgemeinheit dienen sollten, oder vielmehr zuvörderst, den Erlaß jener Verordnungen beschlossen, die sich auf die Achtung und Ehrung des Göttlichen beziehen, um den Christen und allen Menschen freie Wahl zu geben, der Religion zu folgen, welcher immer sie wollten. Es geschah dies in der Absicht, daß jede Gottheit und jede himmlische Macht, die es je gibt, uns und allen, die unter unserer Herrschaft leben, gnädig sein möge. (Eusebius von Cäseräa, Historia Ecclesiastica Kirchengeschichte (BKV), Zehntes Buch, 5. Kap. Abschriften kaiserlicher Verordnungen zugunsten der Christen)

Damit wurde den Christen die selbe Religionsfreiheit gewährt wie allen anderen Menschen und somit augenblicklich die Christenverfolgung im gesamten Römischen Reich gestoppt und das Christentum staatlich als Religion anerkannt. Hinzukam, dass der Kaiser Konstantin selbst Christ wurde und somit das Christentum praktisch von heute auf morgen einen radikalen Prestigewechsel erfuhr: gestern noch verhasst, verfolgt und öffentlich brutalst hingerichtet, waren die Christen heute plötzlich angesagt und erfreute sich das Christentum größter Beliebtheit. Der Kaiser machte großzügige Spenden an die ehemals verfolgten und zerstörten Kirchen und baute überall im Land Prunkbauten für sie. Dieser unerwartete Friede, Geldsegen und Zulauf, kam nicht nur überaus überraschend für die Christen, sondern sollte sie vor eine völlig neue Herausforderung stellen, der sie letzten Endes nicht gewachsen waren: alles wurde auf den Kopf und auf andere Beine gestellt, praktisch nichts sollte mehr bleiben von der Lehre der Apostel. Das Christentum ging ab da neue Wege, die alten wurden verworfen. Aber wie kam das und wie konnte das passieren?

Um das zu begreifen, werfen wir einen kurzen Blick auf die vergangenen 3 Jahrhunderte und wie das Christentum diese überdauerte:

Die Lehre der Apostel wurde von den Aposteln selbst in die Hände fähiger, geisterfüllter Lehrer gegeben, die diese wiederum an andere weitergeben sollten (2.Tim 2,20). Das Prinzip hatte schon Jesus Christus sie gelehrt. Bewahrt wurde diese Lehre von der festen Überzeugung, dass es nach der Zeit der Apostel keine neuen Offenbarungen mehr geben würde und somit jede Veränderung der Lehre als Fälschung sofort abgelehnt und bekämpft wurde:

Geliebte, da es mir ein großes Anliegen ist, euch von dem gemeinsamen Heil zu schreiben, hielt ich es für notwendig, euch mit der Ermahnung zu schreiben, dass ihr für den Glauben kämpft, der den Heiligen ein für alle Mal überliefert worden ist. (Judas 3)

Das war, wenn man so will, die erste Mauer, die das Christentum schützte.

Die zweite Mauer war die Trennung der Gemeinde (Kirche) von der Welt. Alle Christen wussten und lehrten, dass sie nicht Bürger dieser Welt waren und dass die Welt sie in Wahrheit hasste. Sie waren darauf eingestellt, keine Freundschaft mit der Welt zu schließen und sich nicht der Welt anzupassen. Damit waren die christlichen Gemeinden praktisch immun gegen die Einflüsse der Welt. Siehe auch: Die zwei Königreiche.

Das dritte Bollwerk der Lehre der Apostel war ihre Praxis bei auftauchenden Fragen stets zurück zum Ursprung zu gehen und also die Einheit und Einmütigkeit mit jenen Gemeinden zu suchen, die von den Aposteln gegründet und unterwiesen wurden. Somit gab es keine Alleingänge, sondern immer eine breite Abstimmung untereinander und stets mit Rückbezug auf die Apostel.

Viertens war die Unabhängigkeit und flache Hierarchie der örtlichen Gemeinden auch ein Schutz. Es konnte somit keine Irrlehre in Windeseile von oben eingeführt und rasch durch alle Gemeinden verbreitet werden. Denn jede Gemeinde nahm autonom die Pflege und Bewahrung der Lehre wahr, sie folgten keinem zentralistischen System, sondern waren eigenverantwortlich und gleichberechtigt. Keine Gemeinde konnte über eine andere bestimmen. Keine Gemeinde hatte Befehlsgewalt über andere und keine war Befehlsempfänger einer anderen.

Alle diese Schutzwälle, die über Jahrhunderte die Lehre der Apostel bewahrten, wurden mit der Konstantinischen Wende eingerissen. Plötzlich sah man die Apostel nicht mehr als unverrückbare Maßstäbe der Lehre, sondern war offen für neue Offenbarungen. Es wurde davon gesprochen, dass das Zeitalter der Apostel vorbei sei und ein neues angebrochen wäre. Christen redeten sich ein, dass die alten Regeln nicht mehr bindend seien und Gott die Regeln geändert hätte.

Christen, die Jahrhunderte lang sich vor dem Kaiser fürchten mussten, wurde in seine privaten Gemächer eingeladen und verkehrten gesellschaftlich mit ihm.

Gemeindeälteste, Lehrer und Bischöfe, die es bisher als weltlich und ketzerisch ansahen, sich Lohn für ihre Dienste auszahlen zu lassen, nahmen auf einmal das Angebot des Kaisers an, staatlichen Lohn zu bekommen und wurden zu Staatsbeamten.

Hausgemeinden, die sich zuvor heimlich unter Todesgefahr in Privathäusern treffen mussten, bekamen prächtige Versammlungsräume und Prunkbauten vom Staat errichtet, wie Kathedralen und Dome.

Betrachtet man dies, dann könnte man wahrlich sagen, es müsse jetzt ein ganz neues und frisches Leben sich gezeigt haben, da dem Menschengeschlechte nach tiefer Finsternis ein außergewöhnliches Licht aufleuchtete; unbestritten sei das Ganze Gottes Werk, der der Rotte der Gottlosen den gottgeliebten Kaiser als Widersacher entgegengestellt habe. (Eusebius von Cäsarea, Vita Constantini et Oratio ad coetum sanctorum Vier Bücher über das Leben des Kaisers Konstantin und des Kaisers Konstantin Rede an die Versammlung der Heiligen, Buch III, Kap 1)

Aus verachtetem Abschaum der Gesellschaft wurden angesehene Bürger. Plötzlich war es nicht mehr existenzgefährdend Christ zu sein, sondern half sogar der Karriere! Die neuen christlichen Gemeinden konnten sich gar nicht des Zulaufs erwehren und fühlten sich wie in einem goldenen Zeitalter. Die zuvor so gut behüteten Mauern begannen rasch zu bröckeln, die äußerste Mauer war längst durchbrochen. Die Gemeinden setzten Veränderungen in Lehre und Praxis nicht mehr mit Verfälschung gleich, sondern begannen zu glauben, dass das Christentum noch zu verbessern wäre. Es wurden neue Ideen nicht nur akzeptiert, sondern erwartet. Neue Offenbarungen, neue Methoden, ein neuer Aufschwung. Und so wurde rasant die nächste Schutzmauer eingerissen, die nämlich, die die Freundschaft zur Welt verhinderte und die von Gott gebotene Absonderung sicher stellte. Die Welt wollte sich mit der Kirche anfreunden und die Kirche fand das toll. Sie suchte und genoss die Anerkennung des Staates und der Gesellschaft. Es war cool Christ zu sein und half der Karriere enorm, sogar bei der Vergabe von Regierungsämtern. Dadurch wurde die Kirche aber nicht besser, sondern verweltlicht. Und es verschwamm die Trennung zwischen gläubig und ungläubig. Während in Zeiten der Verfolgung und Ächtung nur jene Christen wurden, die es auch wirklich ernst mit Gott meinten und man Scheinbekehrung rasch erkannte, wenn Leute ihrem Glauben bereitwillig abschworen in dem Moment wo es ihnen an den Kragen ging, so war es nun praktisch nicht mehr zu erkennen, wer sich um der Karriere oder des Ansehens willen dem Christentum anschloss und wer es wirklich aus Glauben tat.

Eine sofortige Auswirkung der Freundschaft der Kirche mit der Welt war, dass sie begann, die Methoden der Welt zu übernehmen. Das war unvermeidlich, weil die Welt nicht göttlich handeln kann. Göttliches Handeln erfordert göttliche Kraft. Und Massen von unbekehrten Menschen, die sich „Christen“ nennen, haben keine göttliche Kraft. Noch wollen sie überhaupt göttlich handeln, weil göttliches Handeln Geduld, Leidensbereitschaft und absolutes Gottvertrauen erfordert. (David BercotZurück zum Start, S. 185)

Christliche Gemeinden, die Jahrhunderte lang sich wehrlos der Verfolgung stellten und höchsten vor ihren Verfolgern flüchteten, sich aber nie im Leben dazu hinreißen ließen, sich an ihren Verfolgern zu rächen, begannen unter dem Einfluss und Schutz von Kaiser Konstantin erstmals sich gegen ihre Feinde zu erheben und diese sogar zu ermorden. Konstantin stellte seine weltlichen, militärischen Methoden zur Verfügung um für „Einheit“ und „Gesundheit“ der Kirche zu sorgen:

64. Konstantins Erlaß gegen die Häretiker.

„Der Sieger Kaiser Konstantin der Große an die Häretiker.“

„Erkennet nun durch diesen Erlaß, ihr Novatianer, Valentinianer, Markionisten, Paulianer und ihr, die ihr nach den Phrygiern zubenannt seid, kurz alle, die ihr durch eure besonderen Versammlungen die Sekten bildet, erkennet, in welche Lügen eure Torheit sich verstrickt hat und wie eure Lehre von so tödlichem Gifte durchdrungen ist, daß durch euch die Gesunden zur Krankheit, die Lebenden zum ewigen Tode gebracht werden. O ihr Widersacher der Wahrheit, ihr Feinde des Lebens und Ratgeber zum Verderben! Alles ist bei euch der Wahrheit zuwider, in Einklang mit schändlichen Lastern, auf Torheit und Gaukelei berechnet, durch die ihr Lügen schmiedet, die Unschuldigen bedrängt und den Gläubigen das Licht versagt. Ihr schützt die Gottheit vor und häufet Frevel auf Frevel, ihr befleckt alles, verwundet unversehrte und reine Gewissen mit tödlichen Schlägen, ja fast möchte ich sagen, daß ihr sogar das Tageslicht den menschlichen Augen raubet. Doch was sollte ich einzelnes aufzählen, da ja weder die Kürze der Zeit noch auch unsere Arbeiten es erlauben, nur irgendwie entsprechend über eure Frevel zu reden? Denn so groß und so unermeßlich sind eure Torheiten, so abscheulich und so ganz und gar unmenschlich, daß auch ein ganzer Tag nicht hinreichen würde, sie zu beschreiben. Übrigens muß man ja das Ohr vor solchen Schändlichkeiten bewahren und die Augen davon wegwenden, um nicht durch eine ins einzelne gehende Aufzählung unsern aufrichtigen und reinen Glaubenseifer zu trüben. Was sollen wir also noch weiter solche Frevel dulden? Unsere lange Nachsicht macht ja nur, daß auch die Gesunden wie von einer pestartigen Krankheit angesteckt werden. Warum sollen wir also nicht durch öffentliche Strafen so schnell wie möglich dieses große Übel sozusagen mit der Wurzel ausrotten?“

65. Wegnahme der Versammlungsorte der Häretiker.

„Da also dieses Unheil, das eure Verderbtheit verursacht, unmöglich länger ertragen werden kann, so schreiben wir durch dieses Gesetz vor, daß keiner von euch es fortan mehr wage, Zusammenkünfte zu veranstalten. Darum haben wir auch den Befehl gegeben, eure Häuser, in denen ihr diese Zusammenkünfte haltet, wegzunehmen, und so weit geht unsere Sorge, daß nicht nur nicht öffentlich, sondern nicht einmal in einem Privathaus oder an Privatorten Versammlungen von euch abergläubischen Toren abgehalten werden dürfen. Übrigens, was das Bessere ist, kommet ihr alle, denen an der wahren und reinen Gottesverehrung gelegen ist, in die katholische Kirche und schließet euch an ihre Heiligkeit an, durch die ihr auch zur Wahrheit gelangen könnet. Gänzlich aber sollen verbannt sein aus den glücklichen Zeiten unserer Regierung die Täuschungen eurer verkehrten Lehre, ich meine die fluchwürdige und verderbliche Zwietracht der Häretiker und Schismatiker; denn angemessen ist es dem Glücke, das wir durch Gottes Gnade genießen, daß alle, die in gutem Glauben leben, aus aller ungeordneten Verirrung auf den rechten Weg, aus der Finsternis zum Licht, aus dem Irrwahn zur Wahrheit, aus dem Tode zum Heile geführt werden. Damit aber die Kraft dieser Heilung auch nötige, so haben wir, wie schon gesagt, den Befehl gegeben, alle Versammlungen eures Aberglaubens, ich meine die Bethäuser aller Häretiker, wenn anders man sie Bethäuser nennen darf, unweigerlich wegzunehmen und ohne allen Verzug der katholischen Kirche zu übergeben, die übrigen Örtlichkeiten aber dem Fiskus zuzusprechen und euch fürderhin durchaus keine Möglichkeit zu Versammlungen zu belassen, damit von dem heutigen Tage ab an keinem Orte mehr, weder an einem öffentlichen noch an einem privaten, eure gesetzwidrigen Versammlungen zusammenzutreten wagen. Zu veröffentlichen!“ (Eusebius von Cäsarea, Vita Constantini et Oratio ad coetum sanctorum, Vier Bücher über das Leben des Kaisers Konstantin und des Kaisers Konstantin Rede an die Versammlung der Heiligen, Buch III, Kap. 64-65)

So schnell war der Hass auf Kritiker der katholischen Kirche aufgebaut, sie wurden wie Pest behandelt und enteignet. Die katholische Kirche konnte sich an ihren Feinden bereichern, deren Häuser fielen ihr zu. Vor wenigen Jahrzehnten noch war es ein todeswürdiges Verbrechen gewesen Christ zu sein. Jetzt war es ein todeswürdiges Verbrechen Häretiker oder Ketzer zu sein. Damit wurde wahrlich ein neues Zeitalter eingeläutet und die Kirche begann mit gutem Gewissen Blut zu vergießen. Aus einem verfolgten, wehrlosen Christentum wurde ein verfolgendes, wehrhaftes Christentum. Bald bezeichneten verschiedene christliche Gruppen einander als Ketzer und gingen mit dem Schwert aufeinander los. Schließlich wurden am Ende hundert mal mehr Christen durch das Schwert der Kirche umgebracht als jemals in der Christenverfolgung durch die Römer.

Die Kirche war gespalten. Denn nicht allen Christen gefiel diese neue Methodik, es kam zu Streit, unterschiedlichen Lehrmeinungen und Gewalt. Kaiser Konstantin machte sich Sorgen, dass Gott diese Spaltungen verärgern könnte und deswegen seinen Segen vom Römischen Reich wieder nehmen würde. Um das zu verhindern, griff Konstantin abermals in seine weltliche Trickkiste und organisierte eine große Versammlung, ein kirchenweites Konzil mit Vertretern jeder Ortsgemeinde. Die gesamte Kirche war in heller Aufregung, das war etwas neues und großes. Aus allen Ecken des Reiches reisten auf Staatskosten Gemeindevertreter nach Nizäa, in der heutigen Türkei. Für Verpflegung und Unterhaltung aller Teilnehmer sorgte der Staat. Diese erste große Konferenz in der Kirchengeschichte dauerte zwei Monate, wurde unter dem Vorsitz des Kaisers geführt und ging als „Konzil von Nizäa“ in die Geschichtsbücher ein. Dieses Konzil, das auf den ersten Blick rein menschlich positive Ziele verfolgte, erwies sich im Nachhinein als Totengräber der Lehre der Apostel. Damit war im Jahr 325 endgültig die Konstantinische Wende vollzogen.

Das Christentum vor Nizäa war nicht mehr vergleichbar mit jenem danach. Deswegen hat sich im Englischen der Begriff „Ante-Nicene Fathers“ (Vor-Nizäische Väter) eingebürgert als Bezeichnung für die frühen Christen, die noch die ursprüngliche Lehre der Apostel kannten, befolgten und lebten. Nach Nizäa fand das nur noch abseits der Staatskirche statt, denn am Konzil von Nizäa wurde ein für alle Christen und Gemeinden verpflichtendes Glaubensbekenntnis erlassen, das in Wahrheit noch mehr Spaltung als Einheit brachte. Denn alle, die dieses Bekenntnis nicht befolgen wollten, waren damit von heute auf morgen Ketzer und Häretiker, die ausgeschlossen und verfolgt wurden. Deswegen sind für uns und alle anderen Christen, die die Lehre der Apostel lernen, praktizieren und lehren möchten, ausschließlich die frühen Christen vor Nizäa ein Vorbild und eine glaubwürdige Quelle.

Mit dem Konzil von Nizäa wurde auch die letzte Schutzmauer der Lehre der Apostel platt gewalzt: die Autonomie der einzelnen Gemeinden wurde abgeschafft. Von nun an bestimmten Konzile und deren Dogmen was die ganze Christenheit glauben musste. Damit wurde eine Zentrale errichtet, die es vor Nizäa nie gab und die die Apostel aus gutem Grund nie praktizierten. Der weltliche römische Kaiser hatte auf allen Konzilen das letzte Wort, er war auch der Geldgeber und Gönner der langsam aber sicher korrupt werdenden katholischen Kirche. Er bestimmte was geschah, er gab die Richtung und das Ziel vor.

Zur Zeit der Apostel gab es auch ein Konzil, das Konzil in Jerusalem, über das Apostelgeschichte Kapitel 15 berichtet. Dieses verlief aber völlig anders als Nizäa. Es gab beim Apostelkonzil in Jerusalem weder eine demokratische Wahl, noch einen weltlichen oder sonst wie gearteten mächtigen Vorsitz, der alles beherrschte. Alle Apostel standen auf einer Stufe und diskutierten das große Thema brüderlich. Im Vordergrund stand kein mehrheitsfähiger Beschluss, dem sich alle zu beugen hatten, schon gar nicht ein Dogma, auch kein Kompromiss, sondern die Wahrheit! Die Apostel wollten die Wahrheit wissen, wie ihr Herr und König Christus darüber dachte. Der Heilige Geist wurde befragt. Es war keine menschliche Methodik, keine weltliche Demokratie, sondern eine geistliche Einheit. Denn der Heilige Geist hat nur eine Meinung zu einem Thema: die Wahrheit. Und die offenbart er allen. Er zeigt jedem das selbe. Daran erkennt man den Heiligen Geist, dass er nicht verschiedene Erkenntnisse einflüstert wie das irreführende Geister (1.Tim 4,1) machen, sondern zu einem Thema immer nur die eine, die dann in einer einmütigen Erkenntnis aller mündet. Und so lautete das Ergebnis in Jerusalem: „Es hat nämlich dem Heiligen Geist und uns gefallen...“ (Apg 15,28). Es war eine gemeinschaftliche, einmütige Erkenntnis, geboren aus der Lehre der Apostel und dem Heiligen Geist. Das funktioniert natürlich nur, wenn alle Teilnehmer auch wirklich den Heiligen Geist haben und auf ihn hören. Bei den Aposteln war das unbestritten der Fall. Bei den Teilnehmern des Konzils von Nizäa ist das jedoch höchst fraglich. Überhaupt wenn man sich deren Ergebnisse und Früchte ansieht.

Die Nachwirkungen von Nizäa waren, dass die Kirche noch gespaltener, dogmatischer und gewaltbereiter wurde. Es wurde schlimmer statt besser. Es löste eine Flut an Glaubensbekenntnissen, Konzilen und Dogmen aus, die den frühen Christen völlig fremd waren. 

Die einfache, flexible Theologie der frühen Kirche wich bald rigiden, dogmatischen Glaubensbekenntnissen. Diese Glaubensbekenntnisse ersetzten schließlich die Bibel als die erste Autorität für kirchliche Lehre. Mit jedem ökumenischen Konzil wurden mehr außerbiblische Begriffe dem Kirchendogma zugefügt. In den meisten Fällen war die Absicht hinter den Bekenntnissen angeblich nur, mit anderen Worten das zu sagen, was die Kirche immer schon geglaubt hatte. Schlussendlich trugen sie aber zu einer Verfälschung der apostolischen christlichen Lehre bei. (David BercotZurück zum Start, S. 198)

Eine ausführlichere Schilderung der Konstantinischen Wende und deren Bewertung ist im zitierten Buch Zurück zum Start von David Bercot in den Kapiteln 12 („Wurde die Lehre der Aposteln absichtlich verändert?“), 13 („Wie das frühe Chirstentum korrumpiert wurde“) und 14 („Die restlichen Barrieren zerbröseln“) nachzulesen. Eine weiterführende, vertiefende Beschreibung der verheerende Geschichte und den Weg, wie wir wieder hinaus kommen aus der theologischen Abwärtsspirale, beinhaltet das Buch: Würden die Theologen sich bitte setzen.

Im Überblick

Bibelübersetzungen
Deutsche und Englische Bibeln mit Eckdaten und Beschreibungen

Historische Persönlichkeiten
Biographien und Erklärungen zu Persönlichkeiten rund um die Kirchengeschichte aus und neben der Bibel

Bücher
Biblische und anderen Bücher der Kirchengeschichte

  • K
    • KJV

      Abkürzung für King James Version

    • Konstantinische Wende

      Historisches Ereignis, das im 4.Jahrhundert stattfand und deswegen nicht in der Bibel stehen kann. Es veränderte das Christentum komplett.