Irenäus, der Schüler Polykarps von Smyrna, dessen Lehrer der Apostel Johannes war, also einer, der noch die Worte Johannes persönlich hörte, schrieb fünf Bücher gegen die Häresien (Irrlehren). Unser Glück ist es, dass schon damals Irrlehren über das Alter Jesu im Umlauf waren, denn so haben wir einen frühchristlichen Beweis und eine Begründung wie alt Jesus wurde. Lest weiter und staunet.
Eine damals beliebte Irrlehre zu dem Alter von Jesus kam von den Gnostikern. Sie meinten, Jesus wurde mit 30 Jahren getauft und lehrte daraufhin nur noch ein weiteres Jahr. Irenäus schreibt darüber folgendes:
Sehr verwundern muß man sich jedoch, wie die, welche von sich behaupten, daß sie die tiefsten Geheimnisse Gottes gefunden hätten, in den Evangelien nicht geforscht haben, wie oft nach der Taufe der Herr zur Osterzeit nach Jerusalem hinaufgestiegen ist, wie es bei den Juden Sitte war, jedes Jahr zu dieser Zeit aus allen Gegenden in Jerusalem zusammenzukommen und dort das Osterfest zu feiern. Das erstemal zog er zum Osterfeste hinauf, wie er zu Kana in Galiläa Wasser in Wein verwandelte, bei welcher Gelegenheit geschrieben steht: „Und viele glaubten an ihn, da sie die Zeichen sahen, welche er wirkte“. So ist bei Johannes, dem Jünger des Herrn, zu lesen. Nachdem er von dort sich zurückgezogen, findet man ihn in Samaria wieder, wo er mit der Samaritanerin das Gespräch hatte und den Sohn des Hauptmannes von ferne durch sein Wort heilte, indem er sprach: „Geh hin, dein Sohn lebt!“. Darauf stieg er zum zweitenmal wiederum zum Osterfeste hinauf nach Jerusalem, als er den Gichtbrüchigen, der achtunddreißig Jahre am Schwemmteiche gelegen hatte, heilte, indem er ihm befahl, aufzustehen, sein Bett zu nehmen und zu gehen. Darauf zog er auf das andere Ufer des Galiläischen Meeres, sättigte dort mit fünf Broten jene große Menge, die ihm dorthin gefolgt war, wobei noch zwölf Körbe mit Brosamen übrig blieben. Als er dann Lazarus von den Toten auferweckt hatte und die Pharisäer ihm nachstellten, zog er sich nach der Stadt Ephrem zurück, von wo aus er sich sechs Tage vor dem Osterfest nach Bethanien begab, um von dort nach Jerusalem hinaufzusteigen, das Osterlamm zu essen und am Tage darauf zu leiden. Daß aber diese drei Osterfeste nicht ein Jahr sind, wird ein jeder wohl zugeben. Sollten aber die, welche alles zu wissen sich brüsten, nicht wissen, daß der Monat, in welchem der Herr das Pascha gefeiert und gelitten hat, nicht der zwölfte, sondern der erste ist, dann mögen sie es von Moses lernen. Falsch also ist ihre Erklärung vom Jahr und vom zwölften Monat, und sie müssen entweder diese oder das Evangelium verwerfen. — Wie hätte außerdem der Heiland nur ein Jahr gepredigt? (https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1306/versions/gegen-die-haresien-bkv/divisions/324, Irenäus gegen die Häresien, 2. Buch 22, 3)
Wir erfahren hier also, dass die Gnostiker sich einbildeten, dass sie die tiefsten Geheimnisse Gottes kannten, aber nicht mal die Evangelien vollständig lasen. Das hört sich für mich sehr modern an. Jedenfalls erfahren wir hier von Irenäus, dass die Gnostiker das Alter von Jesus anhand der Dauer Seiner Lehrtätigkeit ausrechneten, die sie zum Alter bei Seiner Taufe addierten. Klingt auf den ersten Blick wie ein Plan. Er scheitert aber daran, dass sie der Meinung waren, dass Jesus nur ein einziges Jahr lang lehrte (heute vertreten übrigens immer noch einige Menschen diese Meinung). Diese Meinung leiteten sie aus ihrer Zahlenmystik ab, und demnach musste Jesus im zwölften Monat Seiner Lehrtätigkeit sterben - doch das ist sicher falsch, nämlich viel zu kurz. Den ersten Beweis, warum Jesus nicht nur ein Jahr gelehrt haben konnte, liefert uns Irenäus im vorigen Abschnitt: Jesus war nach Seiner Taufe mindestens 3-mal beim Osterfest. Das Osterfest fand aber nur einmal im Jahr statt. Dies steht alles in der Bibel. Vielleicht denken nun ein paar von euch, wenn Jesus mit ungefähr 30 Jahren getauft wurde und dreimal das Osterfest feierte, dann kommt das mit den 33 Jahren ja gut hin. Seht euch an, was Irenäus weiter schreibt:
Mit dreißig Jahren wurde er getauft, dann kam er in dem für einen Lehrer richtigen Alter nach Jerusalem, so daß er mit Recht von allen Lehrer sich nennen hörte. Denn nicht schien er ein anderer zu sein, als er war, wie es die möchten, die ihn als eine bloße Erscheinung auffassen, sondern was er war, das schien er auch.
Da er also als Lehrer auftrat, hatte er auch das Alter des Lehrers, indem er die menschliche Natur weder verschmähte, noch überholte, noch in sich das Gesetz des menschlichen Geschlechtes aufhob, sondern jedes Alter durch die Ähnlichkeit mit ihm heiligte. Ist er doch gekommen, um alle zu retten, alle, die durch ihn für Gott wiedergeboren werden, die Säuglinge und die Kleinen, die Kinder, die Jünglinge und die Greise. So durchlebte er jedes Lebensalter, wurde den Säuglingen zuliebe ein Säugling und heiligte die Säuglinge; wurde den Kindern zuliebe ein Kind und heiligte die, welche in diesem Alter stehen, indem er ihnen das Vorbild der Frömmigkeit, der Gerechtigkeit und des Gehorsames gab; wurde den Jünglingen zuliebe ein Jüngling, wurde ihnen ein Vorbild und heiligte sie für den Herrn. So wurde er auch den Männern zuliebe ein Mann, um allen ein vollkommener Lehrer zu sein, nicht nur, indem er die Wahrheit vortrug, sondern auch dem Alter nach, indem er auch die Männer heiligte, indem er ihnen zum Vorbild wurde. Und schließlich schritt er auch zum Tode, damit er, der Erstgeborene aus den Toten, auch selbst in allem den Vorrang behaupte. Er, der Fürst des Lebens und der erste von allen, wollte auch allen voranleuchten.
Um aber ihre Phantasterei in betreff des „Gnadenjahres des Herrn“ zu bestätigen, sagen sie, er habe nur ein Jahr gepredigt und im zwölften Monat gelitten. So vergessen sie ihre eigne Lehre, der Mensch müsse alles durchmachen und streichen aus seinem Leben das notwendigste und ehrenvollste Alter, jenes nämlich, in dem er als Lehrer allen voranleuchtete.
Wie soll er denn Schüler haben, wenn er nicht gelehrt hat? Denn als er zur Taufe kam, hatte er die Dreißig noch nicht vollendet, so nämlich gibt Lukas seine Jahre an, indem er schreibt: „Jesus aber war ungefähr ins dreißigste Jahr gehend“. Nach der Taufe hat er nur noch ein Jahr gepredigt und gelitten, nachdem er das dreißigste Jahr vollendet hatte? Damals war er erst ein Jüngling, der das Alter der Reife noch nicht erreicht hatte.
Allgemein aber gilt das dreißigste Jahr erst als der Anfang der Reife, die sich bis in das vierzigste Jahr erstreckt. Vom vierzigsten bis zum fünfzigsten Jahr reicht das Alter der Vollendung, welches unser Herr hatte, als er lehrte. Das bezeugen das Evangelium und die Priester in Kleinasien, die es so von Johannes, dem Schüler des Herrn, empfangen haben. Dieser aber blieb mit ihnen zusammen bis zu den Zeiten Trajans. Manche aber von ihnen haben nicht nur Johannes, sondern auch andere Apostel gesehen und dieses ebenso von ihnen empfangen und sind dafür Zeugen. Wem soll man nun mehr glauben? Ihnen oder dem Ptolemäus, der die Apostel niemals gesehen hat, ja nicht im Traume einmal zu den Füßen eines Apostels gesessen hat? (https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1306/versions/gegen-die-haresien-bkv/divisions/325; Irenäus gegen die Häresien 2. Buch 22, 4. u. 5.
Diese Frage sollten wir uns auch stellen: Wem soll man nun mehr glauben? Menschen, die Jahrtausende später leben und weder Jesus noch Seine Apostel je persönlich sahen, aber dafür „die Wissenschaft“ verkörpern, die sich oft selbst widerspricht oder jedenfalls irrt, oder den frühen Christen, die noch die Aposteln sahen oder von deren Schülern persönlich unterrichtet wurden und die die Kultur und Sprachgepflogenheiten der Juden zur Zeit Jesu kannten und miterlebten?
Irenäus war der Schüler eines direkten Schülers des Apostel Johannes und kannte noch jede Menge Leute, die ebenfalls Johannes sahen und von ihm unterrichtet wurden und konnte so auf deren Wissen und Lehre unterbrechungsfrei zurück greifen. So erfahren wir nun von ihm einige interessante Fakten, die in der damaligen Zeit galten. So galt man bis zum 30. Lebensjahr als ein Jüngling. Das war damals „allgemein“ bekannt. Heute offenbar nicht mehr. Danach fing man erst an zu reifen bis man zur Vollendung kam, die mit den 40er Jahren begann und bis zum 50. reichte. In diesem letzten Reifestadium befand sich Jesus, das heißt, Er muss mindestens 40 Jahre alt gewesen sein. Aber das ist ja noch nicht alles:
Haben doch die Juden selbst, die damals mit unserm Herrn Jesus Christus sich stritten, ganz offenkundig dieselbe Ansicht gehabt. Als nämlich der Herr zu ihnen sprach: „Abraham, euer Vater, frohlockte, meinen Tag zu sehen, er sah ihn und freute sich“, da antworteten sie ihm: "Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?“. So spricht man zutreffenderweise von dem, der die fünfundvierzig schon überschritten, das fünfzigste Jahr aber noch nicht erreicht hat, aber immerhin nicht mehr weit davon entfernt ist. Von einem, der erst dreißig Jahre alt ist, müßte man doch sagen: „Du bist noch nicht vierzig Jahre alt.“ Die ihn einer Lüge überführen wollten, die werden ihm doch nicht so viele Jahre mehr zulegen, als er offensichtlich hatte, sondern sein Alter möglichst genau angeben, sei es, daß sie es genau aus den amtlichen Listen wußten, oder sei es, daß sie ihn nach dem Augenschein für älter als vierzig, nicht bloß als dreißig halten mußten. Man kann doch vernünftigerweise nicht annehmen, daß sie ihm zwanzig Jahre hinzulogen, indem sie nachweisen wollen, daß er zu Abrahams Zeiten noch nicht gelebt habe. Wie sie ihn sahen, so sprachen sie auch. Wie er aber aussah, so war er auch der Wahrheit nach. Also war er nicht mehr weit von fünfzig, und deswegen sprachen sie zu ihm: „Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?“ Folglich hat er nicht bloß ein Jahr gepredigt, und im zwölften Monat gelitten. (https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1306/versions/gegen-die-haresien-bkv/divisions/327; Irenäus gegen die Häresien 2. Buch 22, 6.)
Und da haben wir den nächsten Beweis, dass Jesus auf die 50 zuging! Und noch dazu ein ziemlich schlagender. Ich wundere mich, warum da noch niemand anderer draufgekommen ist? Denn die Stelle in Johannes 8, die Irenäus als Zeuge anführt, ist doch ein wirklich eindeutiges Zeugnis und lasen wohl schon viele Millionen Bibelleser. Es geht darum. dass Jesus meinte Er habe Abraham schon gesehen, woraufhin die Juden sich empörten und meinten: „Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und hast Abraham gesehen?“ Dies ist deswegen ein Beweis, dass Jesus über 45 Jahre alt war, da die Juden Ihn als einen Feind und großen Heuchler ansahen und deswegen machten sie die Zeitspanne so kurz wie möglich. Wieso sollte man seinem Feind, den man der übertreibenden Lüge bezichtigen möchte, 20 Jahre schenken? Dann hätten sie doch gesagt „Du bist noch keine 40!“ Oder „Du bist gerade mal 30 geworden!“
Und so hat Irenäus die Irrlehren besiegt und bloßgestellt, mit der Bibel! Es ist das Problem von uns Menschen, dass wir oft ganz falsch und verkehrt suchen, manchmal vielleicht aus Unwissenheit. Oft vielleicht aber auch aus Stolz und Hochmut. Und so erheben sich heute viele „Christen“ gerade über Irenäus, weil sie sich einbilden, sie wüssten besser wie alt Jesus war und spotten über das aus ihrer Sicht unglaubwürdige hohe Alter, das Irenäus lehrte. Dabei übersehen sie aber, von welcher Qualität seine Argumente sind, und von welcher ihre eigenen. Denn sind wir uns ehrlich: welche Argumente haben wir denn für das angebliche Alter von 33 Jahren? Viele Christen meinen, weil sie das glauben, was die Mehrheit der anderen Christen, Historiker oder Bibelkommentatoren glauben, sei das schon ein gutes Argument. Und Irenäus stünde mit seiner Meinung demgegenüber schließlich alleine da. Aber stimmt das?
Erstens sollte nach der Lesung der Texte von Irenäus jeder erkennen können, dass Irenäus eben nicht allein da steht, sondern sich auf viele andere beruft, praktisch alle Priester in Kleinasien, die Johannes kannten. Und er beruft sich auf seinen Lehrer. Das ist genau das biblische Prinzip der Lehre der Apostel. Ich erinnere mich, wie Paulus an Timotheus schrieb:
Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und was dir zur Gewissheit geworden ist, da du weißt, von wem du es gelernt hast. (2.Tim 3,14)
Es kommt also nicht darauf an, dass man mit der Mehrheit der Wölfe heult, sondern dass man von dem richtigen Lehrer lernt. Und den hatte Irenäus. Und bei dessen Lehre blieb Irenäus treu sein Leben lang und gab sie an seine Schüler weiter ganz nach Paulus Vorbild und Anweisung:
Und was du von mir gehört hast vor vielen Zeugen, das vertraue treuen Menschen an, die fähig sein werden, auch andere zu lehren. (2. Tim 2,2)
Zweitens war Irenäus also nicht irgendwer, sondern einer der besten und geachtetsten Lehrer des Christentums seiner Zeit, einer Zeit, die noch sehr nahe an der Zeit der Apostel war und wo die Lehre noch unverfälscht weiter gegeben wurde - gerade auch wegen Irenäus!
Und drittens gibt es noch andere Quellen, die wir zu dem Thema befragen können.