Die richtige Lehre
Ich setzte die Worte „Heiliger Geist“ und „Bibel“ oben absichtlich in Anführungszeichen, damit jeder prüft, welches Buch er als „die Bibel“ und welchen Geist er als „den Heiligen Geist“ bezeichnet. Genau derselbe Johannes, der vom „Tag des Herrn“ schreibt in der Offenbarung, warnt uns an anderer Stelle auch:
Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind! Denn es sind viele falsche Propheten in die Welt ausgegangen. (1.Johannes 4,1)
Die falschen Propheten bringen uns durch falsche Worte auf Abwege. So wie der falsche Jesaja im Masoretentext. Der richtige Jesaja spricht durch die Septuaginta zu uns. Und darum zitierten Jesus und alle Seine Apostel Jesaja immer aus der Septuaginta, wie bereits erwähnt. Ähnlich verhält es sich mit den Geistern. Der wahre Heilige Geist lässt sich nicht von Menschen vorschreiben, dass er nur in der Bibel Antworten zeigen darf. Der wahre Heilige Geist ist Jesus Christus untertan, von dem er geschickt wurde, und führt das aus, was Christus ihm befiehlt. Deswegen führte er Philippus zum Kämmerer von Äthiopien (Apg 8,26ff), Petrus zum Hauptmann Kornelius (Apg 10), Paulus zu Timotheus (Apg 16) und Aquila und Priscilla zu Apollos (Apg 18,26), um nur vier Beispiele aus dem Neuen Testament nach Pfingsten zu nennen. Der Heilige Geist führt immer die apostolischen Lehrer zu ihren Schülern. Das ist das biblische Prinzip, das ist der Weg, den der Heilige Geist führt, das ist die Lehre der Apostel. Sie findet immer durch Überlieferung vom Lehrer zu seinen Schülern statt und begann bei Jesus Christus selbst, der Seine Apostel lehrte und ihnen diesen Lehrauftrag erteilte bevor Er in den Himmel fuhr. Und deswegen blieb die Urgemeinde nach Pfingsten, wo sie den Heiligen Geist empfing, täglich in der Lehre der Apostel. Und deswegen wussten die ersten Christen ganz genau, welcher Wochentag mit dem Begriff „Tag des Herrn“ gemeint war, denn er wurde gelehrt und ständig verwendet.
Wie können wir nun wissen, was die ersten Christen wussten?
Die Antwort liegt auf der Hand: wir müssen dem Weg folgen, dem die ersten Christen folgten: der Lehre der Apostel. Diese Lehre funktioniert nicht durch eigenwilliges, selbst zurecht gelegtes „Bibelstudium“, sondern nur indem man sich von den richtigen Lehrern führen lässt und von deren Praxis lernt. Und dazu muss man in jene Schriften sehen, die uns die Apostel und deren Schüler hinterließen. Dort erfahren wir erstaunliches.
Zum Beispiel gibt es die Didache, ein Buch, das schon vor der Offenbarung in den Gemeinden auflag und gelehrt wurde. Es wurde geschrieben als einige Apostel noch lebten. Es wurde laut der Überlieferung sogar von den Aposteln geschrieben. Und es galt bei den frühen Christen als vom Heiligen Geist inspiriert und wurde Jahrhunderte lang zu den Heiligen Schriften gezählt, bevor unser heutiger Bibelkanon im 4.Jh. festgelegt wurde. Warum dieses Buch heute nicht in unserer „Bibel“ ist? Das ist eine sehr gute Frage, die wir bei Gelegenheit an einer anderen Stelle behandeln werden. Jedenfalls steht in der Didache folgendes:
Am Tage des Herrn versammelt euch, brechet das Brot und saget Dank, nachdem ihr zuvor eure Sünden bekannt habet, damit euer Opfer rein sei. Jeder aber, der mit seinem Freunde einen Streit hat, soll sich nicht bei euch einfinden, bis sie versöhnt sind, damit euer Opfer nicht entweiht werde. (Didache (80-100), Lehre der zwölf Apostel (BKV), 14. Kap.)
Wir sehen hier schön, dass ein bestimmter Wochentag gemeint ist, der wie selbstverständlich „Tag des Herrn“ genannt wird. Es wird nicht erklärt, welcher Tag das ist. Es wird vorausgesetzt, dass jeder das weiß. Das ist eine bestätigende Übereinstimmung mit der Offenbarung des Johannes, wo auch nicht erklärt wird, welcher Tag das genau ist. Mit dem Wort „Opfer“ sind hier übrigens keine Brandopfer oder dergleichen am Altar vom Tempel in Jerusalem gemeint, denn zu der Zeit war der Tempel bereits zerstört, sondern jene christlichen Opfer, wie sie alle Apostel lehrten (Röm 12,1; Phil 4,18; 1.Petr 2,5) und von denen auch Johannes in seiner Offenbarung (8,3) schrieb. Und wie bereits gesagt: dieser Text ist noch älter als die Offenbarung, er rund 10 Jahre davor geschrieben oder vielleicht noch früher und war eine Anweisung an alle Gemeinden des ersten Jahrhunderts. An diesem Tag sollen sich die Christen jede Woche versammeln und das Abendmahl feiern. Welcher Tag ist gemeint?
Ignatius von Antiochien war ein persönlicher Jünger vom Apostel Johannes. Wie hat er die Worte seines Lehrers von wegen Tag des Herrn verstanden?
Wenn nun diejenigen, die in den alten Dingen erzogen wurden, in den Besitz einer neuen Hoffnung gekommen sind, indem sie nicht mehr den Sabbat halten, sondern in der Beachtung des Tages des Herrn leben, an dem auch unser Leben durch ihn und seinen Tod - den manche leugnen - aufgesproßt ist, ein Geheimnis, durch das wir den Glauben erhielten und wegen dessen wir ausharren, damit wir als Jünger Jesu Christi, unseres einzigen Meisters, befunden werden, wie werden wir leben können ohne Ihn, dessen Schüler im Geiste sogar die Propheten waren, und den sie als ihren Lehrer erwarteten? Und deshalb ist Er, den sie in Gerechtigkeit erwarteten, euch erschienen und hat sie von den Toten erweckt. (Ignatius von Antiochien (35-110) Epistulae VII genuinae Epistles of Ignatius, The Epistle of Ignatius to the Magnesians Shorter and Longer Versions, Chapter IX.--Let us live with Christ., aus dem Englischen übersetzt)
Hier sehen wir, dass der Schüler den Wortlaut „Tag des Herrn“ verwendet wie sein Lehrer. Er kennt diesen Tag als Wochentag. Aber er unterscheidet ihn deutlich vom Sabbat und schreibt ihm eine neue Hoffnung, ja sogar lebenswichtige, geheimnisvolle Bedeutung, zu, ohne näher zu definieren welcher Wochentag das nun sein soll, auch er ging wie selbstverständlich davon aus, dass man das nicht zu erklären braucht. Schauen wir also mal ein paar Jahrhunderte später ins Christentum, ob dort der Tag definiert wird.
Athanasius gibt im vierten Jahrhundert Gesangsempfehlungen für jeden Tag der Woche:
(Athanasius von Alexandrien (295-373) Epistula ad Marcellinum Des Athanasius Brief an Marcellinus über die Erklärung der Psalmen (BKV) 22 und 23)
- Willst Du am Sabbat singen, so paßt der einundneunzigste.
- Willst Du Dank sagen am Tag des Herrn, so hast Du den dreiundzwanzigsten.
- Willst Du am zweiten Tag der Woche singen, so paßt, was der vierundneunzigste enthält.
- Willst Du singen am Tage der Parasceve, so paßt der Lobgesang im zweiundneunzigsten [..]
Und so weiter. Für jeden Wochentag wird ein anderer Psalm empfohlen. Was fällt auf? Erstens haben die Christen den Wochentagen geistliche Namen zugeordnet. Zweitens ist der Sabbat zwar ein gebräuchlicher Name auch noch bei den Christen im vierten Jahrhundert, aber er ist nicht der Tag des Herrn, denn jener ist viertens ein eigener Tag, und zwar am Tag nach dem Sabbat und damit vor dem zweiten Tag der Woche. Manche werden jetzt vielleicht einwenden: „Im vierten Jahrhundert ist doch die Römisch-Katholische-Kirche entstanden und die hat willkürlich neue Begriffe und Dogmen eingeführt, die mit der Lehre der Apostel nichts mehr zu tun hatten!“. Ja, das stimmt auch in vielen Belangen, aber nicht in diesem Fall, wie wir gleich zeigen werden.
Ebenfalls im 4.Jh wurden die „Apostolischen Konstitutionen und Kanones“ zusammengestellt und zwar aus einer Sammlung von allen Kirchenordnungen der Jahrhunderte davor. Es handelt sich hierbei also nicht um neue Regeln der RKK sondern um alte der frühen Christen. Viele dieser Texte stammen sogar noch aus dem ersten und zweiten Jahrhundert. Darin steht zum Beispiel:
Am Tage der Auferstehung des Herrn, den wir den Tag des Herrn nennen, sollet ihr ohne Versäumnis zusammenkommen, Gott loben und preisen für seine Güte, mit welcher er euch durch Christum überhäuft hat, indem er euch von Unwissenheit, Irrtum und Knechtschaft befreite, auf daß euer Opfer sei unbefleckt und wohlgefalle dem Herrn, welcher von seiner über die ganze Erde ausgebreiteten Kirche sagt: „An allen Orten wird meinem Namen Rauchwerk und ein reines Opfer dargebracht werden; denn ein großer König bin ich, spricht der Herr der Heerschaaren, und mein Name ist wunderbar unter den Heiden.” (Kirchenordnungen Constitutiones Apostolorum Apostolische Konstitutionen und Kanones, Siebentes Buch: Vom christlichen Leben; verschiedene Gebete; Taufritus., 30. Von der Feier des Tages des Herrn.)
Wir sehen hier alles des bisher Gesagten bestätigt: Der „Tag des Herrn“ ist ein geläufiger Begriff, der den gemeinten Wochentag kennzeichnet und an dem sich alle Christen versammeln sollen um Gott zu loben, zu preisen und Opfer darzubringen. Das hatten wir schon alles. Eine neue Information ist aber auch dabei, nämlich der Grund, warum der Tag so heißt wie er heißt: es ist der Tag der Auferstehung des Herrn und daher wird er von den Christen „Tag des Herrn“ genannt. Es geht bei diesem Tag also klar um den Herrn Jesus und Seine Auferstehung, denn die gibt allen Grund zur Freude und Feier. Und an welchem Tag ist Jesus auferstanden? Am Tag nach dem Sabbat! Passt also alles bisher Gelesene völlig zusammen und bestätigt einander. Aber das ist noch nicht alles:
Ihr, Brüder, die ihr durch das kostbare Blut Christi erlöset seid, sollet die Paschatage genau und mit allem Eifer begehen, nach dem Äquinoktium, damit ihr nicht zweimal in einem Jahre des einen Leidens Gedächtnis begeht, sondern einmal im Jahre euch des einmal Gestorbenen erinnert. Haltet nicht mehr auf die Gewohnheit, mit den Juden das (Oster-)Fest zu begehen, denn wir haben keine Gemeinschaft mehr mit ihnen; selbst in der Zeitrechnung irren sie sich, welche sie als die richtige anzusetzen vermeinen, so daß sie nach allen Seiten in die Irre gegangen und von der Wahrheit abgefallen. Ihr aber beachtet genau das Frühlings-Äquinoktium, welches am zweiundzwanzigsten Tag des zwölften Monats d. i. des Dystrus einfällt, abwartend bis zum einundzwanzigsten Tag des ersten Mondes, damit der vierzehnte Tag des Mondes nicht in eine andere Woche einfalle und wir aus Unkenntnis zweimal im Jahre Pascha halten oder an einem andern Tage den Auferstehungstag unseres Herrn Jesu feiern als am Tag des Herrn allein. (Kirchenordnungen Constitutiones Apostolorum Apostolische Konstitutionen und Kanones, Fünftes Buch: Von den Martyrern., 17. Von der Feier des Osterfestes.)
Die frühen Christen legten also nicht nur großen Wert darauf, den Tag des Herrn am richtigen Tag zu begehen, sondern auch das Osterfest und damit den Jahrestag der Auferstehung des Herrn am richtigen Tag des Herrn zu feiern und sich damit zwangsläufig von den falschen Berechnungen und Bezeichnungen der Juden loszulösen. Das mag für viele Christen heute vielleicht überraschend sein, die sich gerne von Juden beraten lassen und sich an den jüdischen Bräuchen und Kalendern orientieren, auch in der Frage, wann das Osterfest stattfindet. Aber für die frühen Christen war das eine gebotene Praxis, denn sie wussten, dass die Juden sich in viele Irrtümer verstrickt hatten, und dass Jesus Christus extra kam, um die Juden von diesen Irrtümern zu befreien, was die große Mehrheit der Juden aber nicht annahm:
Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen. Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, denen gab er das Anrecht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben; die nicht aus dem Blut, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. (Johannes 1,5.11-14)
Auch das schrieb Johannes. Den Aposteln war bewusst, dass sie nicht auf die Juden hören durften, sondern es im Gegenteil ihre Aufgabe war, den Juden die Augen zu öffnen und sie die Wahrheit über Gott und die Schriften zu lehren, genau wie der Herr Jesus das seinerzeit bei ihnen tat.
Paulus schrieb über die Juden:
Aber ihre Gedanken wurden verstockt; denn bis zum heutigen Tag bleibt beim Lesen des Alten Testamentes diese Decke unaufgedeckt, die in Christus weggetan wird. Doch bis zum heutigen Tag liegt die Decke auf ihrem Herzen, sooft Mose gelesen wird. Sobald es sich aber zum Herrn bekehrt, wird die Decke weggenommen. (2.Korinther 3,14-16)
Und sein Schüler Lukas schrieb:
Er aber sagte ihnen: Das sind die Worte, die ich zu euch geredet habe, als ich noch bei euch war, dass alles erfüllt werden muss, was im Gesetz Moses und in den Propheten und den Psalmen von mir geschrieben steht. Da öffnete er ihnen das Verständnis, damit sie die Schriften verstanden (Lukas 24,44-45)
Während also die Juden eine Decke am Kopf haben, wenn sie die Schriften lesen, hat Jesus Christus seinen Jüngern das Verständnis für die Schriften geöffnet und ihnen alles genau erklärt, was im Gesetz Moses, den Propheten und Psalmen über Ihn geschrieben steht. Das ist der große Unterschied zwischen Juden und Christen im ersten Jahrhundert gewesen. Schauen wir uns nun also an, wie gut die frühen Christen die Schriften verstanden und den Tiefen Sinn im Hinblick auf den Herrn im Vergleich zu den Juden, denn genau das spielt ja die Hauptrolle bei der Frage nach dem Tag des Herrn: wird er aus Sicht der verstockten Juden im Irrtum verstanden, oder im Licht der Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes voller Gnade und Wahrheit?
Hier ein Beispiel aus den bereits vorgestellten Kirchenordnungen, das den wesentlichen Unterschied zwischen Sabbat und Tag des Herrn erklärt in Form eines Gebetes:
Allmächtiger Herr, der du die Welt durch Christum geschaffen und zum Gedächtnisse dessen die Feier des Sabbats eingesetzt hast, an welchem der Mensch knechtliche Arbeit unterlassen und der Betrachtung deines Gesetzes sich ergeben soll, der du die Festtage angeordnet hast, auf daß unsere Seele sich erfreue und der Weisheit sich erinnere, welche du erschaffen; wie er (der Logos = Weisheit) der Geburt aus einem Weibe sich unterzog, im Leben sich offenbarte, indem er bei seiner Taufe kund tat, dass er, der Erschienene, Gott und Mensch sei; er hat gemäß deiner Zustimmung unsertwegen gelitten, ist gestorben und in deiner Kraft auferstanden. Aus diesem Grunde begehen wir die Feier der Auferstehung des Herrn am Sonntage und freuen uns über den, welcher den Tod überwunden und Leben und Unsterblichkeit ans Licht gebracht hat. Durch ihn hast du die Völker zu dir geführt, als das auserwählte Volk, das wahre, Gott theuere Israel, welches auch seinen Gott sieht. Denn du, o Herr, hast unsere Väter aus dem Lande Ägypten herausgeführt und sie erlöst aus dem Glühofen und aus den Lehm- und Ziegelhütten; erlöst aus der Gewalt Pharaos und seiner Diener; durch das trockene Meer hast du sie geführt und in der Wüste ihre Unarten ertragen unter mannigfachen Hulderweisen; du gabst ihnen das Gesetz des Dekalogs, mit eigener Stimme verkündet und von deiner Hand geschrieben. Du befahlst die Heiligung des Sabbats, nicht um selben zu benutzen zum Müßiggang, sondern zur Gottseligkeit, zur Erkenntnis deiner Macht; du umgabst sie gleichsam mit einem heiligen Gehege, damit sie von bösen Handlungen abgehalten und belehrt würden und sich freuten am siebenten Tage. Deswegen wird festlich begangen eine Woche (je der siebente Tag) und sieben Wochen (von Ostern bis Pfingsten; siebenmal sieben) und der siebente Monat (Tischri) und das siebente Jahr (Sabbatjahr) und dieses siebenten Jahres wechselseitige oder siebente Rückkehr, nämlich das Jubeljahr, das ist das fünfzigste Jahr, das Erlaßjahr. Damit die Menschen nicht Anlaß hätten, mit Unwissenheit sich zu entschuldigen, befahl der Herr, an jedem Sabbat zu ruhen, damit niemand auch nur ein Zorneswort während des Sabbats aus dem Munde stoßen möchte. Der Sabbat ist die Ruhe nach der Schöpfung, die Vollendung der Welt, die Erforschung (Betrachtung) der Gesetze, das Lob gegen Gott für alles, was er den Menschen Gutes getan hat.
Der Tag des Herrn aber überragt alle anderen Tage; denn er führt uns vor Augen den Mittler selber, den Vorsorger und Gesetzgeber, den Urheber der Auferstehung, den Erstgeborenen jeglicher Kreatur, das Wort, welches Gott und Mensch ist, den, welcher aus Maria Fleisch angenommen, ganz ohne Zutun eines Mannes, der heilig gewandelt hienieden, unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde, gestorben ist und von den Toten auferweckt ward. Der Tag des Herrn mahnt daher, dir, o Gott, Dank darzubringen für alles; denn die (in Christo) von dir erwiesene Gnade ist so beschaffen, dass sie durch ihre Größe jegliche (andere) Wohltat verdunkelt. (Kirchenordnungen, Constitutiones Apostolorum, Apostolische Konstitutionen und Kanones, Siebentes Buch: Vom christlichen Leben; verschiedene Gebete; Taufritus., 36. Dankgebet für die Menschwerdung Christi und das gesamte Erlösungswerk.)
Das ist ein schönes Zeugnis, dass die frühen Christen sehr wohl beide Tage kannten, nämlich den Sabbat und den Tag des Herrn, aber sie trennten die beiden sauber voneinander und stellten den Tag des Herrn über alle anderen Tage, auch über den Sabbat. Denn der Sabbat zeugt von der Schöpfung und Vollendung der Welt, der Tag des Herrn aber bezeugt den Christus, den Mittler, Vorsorger, Gesetzgeber, Erstgeborenen, das Wort und Seine über alle anderen Wohltaten stehende Auferstehung. Die Anordnungen gehen aber weiter und noch mehr ins Detail:
Daher ermahnen wir euch, an diesen Tagen zu fasten bis zum Abend, wie auch wir gefastet haben, als er uns entrissen worden war; an den übrigen Tagen aber vor Parasceve soll jeder um die neunte Stunde oder Abends essen, oder wie es jemand vermag; am Sabbat aber setzet (das Fasten) fort bis zum Hahnenrufe und Gebet mit Anbruch des Tages nach dem Sabbat, welches der Tag des Herrn ist, das Fasten auf.
Vom Abende bis zum Hahnenrufe bleibet wach und gemeinsam in der Kirche versammelt, haltet Vigilie, und während dieser Nachtwache flehet und betet zu Gott, leset das Gesetz, die Propheten und die Psalmen bls zum Hahnenruf und taufet die Katechumenen; und nachdem das Evangelium in Furcht und Zittern gelesen und eine Ansprache über die Heilswahrheiten an das Volk gehalten ist, leget die Trauer ab und bittet, daß sich Israel bekehren möge und Buße tun und Verzeihung der Gottlosigkeit erhalte; denn der fremde Richter hat die Hände waschend gesagt: „Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten. Sehet ihr zu.” Aber das Volk schrie: „Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder.” Und als Pilatus gesprochen: „Soll ich denn euern König kreuzigen?” da schrien sie: „Wir haben keinen andern König als den Kaiser. Wenn du Diesen entlassest, so bist du kein Freund des Kaisers. Denn ein Jeder, der sich zum König aufwirft, ist gegen den Kaiser. Kreuzige ihn, kreuzige ihn!” Und der Landpfleger Pilatus sowie der König Herodes befahlen, ihn zu kreuzigen; und erfüllt ward die Schrift, welche sagt: „Was tosen denn die Heiden und sinnen auf Eitles die Völker. Es standen auf die Könige der Erde, und die Fürsten schaarten sich zusammen wider ihn, wider den Herrn und seinen Gesalbten.” „Sie warfen weg den Geliebten wie einen scheußlichen Toten.”
Und als er am Rüsttag gekreuziget und mit dem Aufleuchten des Tages des Herrn wieder erstanden, da ward die Schrift erfüllt, welche sagt: „Steh' auf. Gott, richte die Erde; denn du erbest aus allen Völkern.” Und wiederum: „Ich will aufstehen,” spricht der Herr, „will in's Heil einsetzen, will dabei mit Zuversicht auftreten;” und: „Du aber, Herr, erbarme dich meiner und mache mich wieder aufstehen, dann will ich ihnen vergelten.” Deswegen also sollet auch ihr bei der Auferstehung des Herrn euer Opfer darbringen, wie er euch durch uns aufgetragen hat, indem er sprach: „Dies tut zu meinem Andenken.”
Und nachher höret auf zu fasten; freuet euch und begehet den festlichen Tag, weil das Unterpfand eurer Auferstehung, Jesus Christus, von den Toten ist auferweckt worden, und dies soll bei euch fortwährend Gebrauch sein bis zum Ende der Zeit, da der Herr wieder kommt; denn für die Juden ist der Herr bis zur Stunde noch tot wegen ihres Unglaubens, für die Christen aber ist er auferstanden, weil diese die feste Überzeugung haben, dass die Hoffnung auf ihn unsterbliches ewiges Leben ist. Am achten Tage darauf begehet festlich den Oktavtag, an welchem der Herr mich schwergläubigen Thomas von der Auferstehung überzeugte, indem er die Spuren der Nägel und die Wunde der Lanze in der Seite zeigte. Und wiederum, vom ersten Sonntage (Ostersonntag) vierzig Tage, gezählt, sollt ihr am fünften Wochentage nach dem Tage des Herrn feiern das Fest der Aufnahme des Herrn [Christi Himmelfahrt; der fünfte Tag nach dem Tage des Herrn ist dann der Donnerstag, der Tag des Herrn wird mitgezählt. Das war damals die übliche Zählweise und die selbe wie „am dritten Tage auferstanden”], an welchem er, nachdem er die ganze Ökonomie und Anordnung des Heils erfüllt, zum Vater, der ihn gesandt hat, zu Gott emporstieg, sich setzte zur Rechten der Macht und wartet, bis seine Feinde zu seinen Füßen gelegt sind, welcher auch kommen wird am Ende der Zeit mit Macht und großer Herrlichkeit, zu richten die Lebendigen und die Toten und zu vergelten jedem nach seinen Werken. Und alsdann werden sie sehen den geliebten Sohn Gottes, welchen sie durchstochen haben, und ihn erkennend werden sie trauern über sich selbst, in ihren öffentlichen Versammlungen und ihre Weiber daheim (Kirchenordnungen, Constitutiones Apostolorum, Apostolische Konstitutionen und Kanones Fünftes Buch: Von den Martyrern.,19. Von der Feier des großen Sabbats und von dem Auferstehungstage)
Wir erfahren hier, dass offenbar der Apostel Thomas persönlich diese Anordnung schrieb. Demnach wäre das eine Anordnung aus der Mitte des ersten Jahrhunderts, also seine sehr frühe, die nicht nur alles bisher Gesagte bestätigt, sondern auch noch näher ausführt. Die frühen Christen nützten demnach den Tag des Herrn nicht nur zum Jubel über Christi Auferstehung, sondern hatten die Tage davor und danach einiges zu tun. Davor wurde gefastet und gebetet, vor allem auch für die Bekehrung der verstockten Juden, die nicht an der Auferstehung teilhaben sondern sich selbst das Gerichtsurteil sprachen vor Pilatus. Wir erfahren auch, wann Jesus in den Himmel fuhr und wie eben dieser Feiertag Christi Himmelfahrt zu begehen ist. Außerdem kommt ein bedeutungsschwerer Begriff ins Spiel, der uns noch beschäftigen wird: der achte Tag.