Und genauso sah es ein frühchristlicher Lehrer namens Clemens von Alexandria im zweiten Jahrhundert nach Christus. Er schrieb in seinem Lehrbuch für Neubekehrte und Frischgetaufte folgendes über diesen Kampf:
Mit diesem hat er, wie erzählt wird, auch gerungen. „Es blieb aber“, so heißt es, „Jakob allein zurück, und es rang mit ihm ein Mann“, der Erzieher, „bis zum Morgen“.
Dies war der Mann, der ihn als Beute mit fortschleppen wollte, der sich mit ihm übte und den in Übung bewährten Jakob zum Kampf gegen den Bösen geschickt machte. Daß aber der Logos es war, der zugleich den Jakob zum Kampf geschickt machte und die Menschheit erzieht, dafür ist Beweis das Wort: „Er fragte ihn und sagte zu ihm: Tue mir kund, was dein Name ist! Und er sprach: Warum denn fragst du nach meinem Namen?“ Denn den neuen Namen bewahrte Er auf für das unmündige neue Volk.
Denn noch namenlos war Gott der Herr, da er noch nicht Mensch geworden war. Indessen „nannte Jakob den Namen jenes Ortes Erscheinung Gottes; denn ich sah“, so heißt es, „Gott von Angesicht zu Angesicht, und meine Seele wurde gerettet.“ Angesicht Gottes aber ist der Logos, durch den Gott sichtbar gemacht und geoffenbart wird. Damals hat er (Jakob) auch den Namen Israel erhalten, als er Gott den Herrn gesehen hatte. (Clemens von Alexandrien (150-215), Paidagogos (BKV) Erstes Buch VII. Kapitel. Wer der Erzieher ist und über seine Erziehung. 57.)
Clemens beschreibt hier diesen Kampf als Übung des göttlichen Erziehers mit Jakob, um Jakob geschickt zu machen für den Kampf gegen den Bösen und die Menschheit zu erziehen. Er deutet den Kampf also gemäß der Septuaginta nicht nur folgerichtig gottgefällig - im Unterschied zur gotteslästerlichen Version des hebräischen Masoretentextes - sondern auch geistlich als Erziehung für die ganze Menschheit. Das ist typisch für die Lehre der Apostel, die erst durch Jesus Christus den wahren Sinn der Schrift im Alten Testament eröffnet bekamen und alles durch und auf den Christus deuteten. Der Erzieher ist in der Geschichte kein Geringerer als der Herr Jesus selbst, der schon im Alten Testament mit Jakob und dem Volk Israel unterwegs war. So lehrten es die Apostel:
Ich will aber nicht, meine Brüder, dass ihr außer Acht lasst, dass unsere Väter alle unter der Wolke gewesen und alle durch das Meer hindurchgegangen sind. Sie wurden auch alle auf Mose getauft in der Wolke und im Meer, und sie haben alle dieselbe geistliche Speise gegessen und alle denselben geistlichen Trank getrunken; denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der ihnen folgte. Der Fels aber war Christus. (1. Korinther 10,1-4)
Und so übernahmen es die frühen Christen von den Aposteln und überlieferten es weiter. Und sie lasen die Geschichte genauer bis zum Schluss, wie man an der Ausführung von Clemens oben schön sehen kann. Hier nochmal der wegweisende Schlusssatz der Geschichte nach der Übersetzung der Septuaginta Deutsch:
Und Jakob gab jenem Ort den Namen »Aussehen Gottes«: Denn ich sah Gott von Angesicht zu Angesicht und meine Seele wurde gerettet. (Gen 32,30 LXX Deutsch)
Und so deutete Clemens auch den Namen Israel anders, nämlich nach dem Namen, den Jakob der Stelle gab wo er die Kampfübung mit Gott hatte:
Darum ist auch Israel der, der Gott sieht, das heißt der, der Gott versteht. (Paidagogos (BKV) Erstes Buch IX. Kapitel. Daß wohlzutun und gerecht zu strafen Sache der gleichen Macht und was in dieser Hinsicht die Erziehungsweise des Logos ist. 77)