• Und warum die meisten sich in dieser Frage irren
Christus am Kreuz, gemalt von Tizian
Christus am Kreuz, gemalt von Tizian

Im ersten Buch der Bibel wird bereits im dritten Kapitel der sogenannte Sündenfall des Menschen erzählt. Da erfahren wir, dass der erste Mensch, der sündigte, die Frau war. Aber es war kein spontaner Einfall oder Wunsch von ihr zu sündigen, sondern sie hatte eine Ratgeberin, die ihr das riet: die Schlange. Als Gott nachher die Frau fragte, warum sie das getan hat, sagte diese auch richtig: „Die Schlange hat mich verführt, da habe ich gegessen!“ Danach gab die Frau dem Mann zu essen, und auch er aß. Das war kurz erzählt der Sündenfall. Was lernen wir hier über Sünde? Es braucht erstens ein Gebot, das es zu übertreten gibt (das erwähnte ich nicht, aber die Menschen aßen beide von dem Baum, von dem Gott ausdrücklich verboten hatte zu essen), und zweitens jemand, der möchte, dass dieses Gebot übertreten wird. Das war die Schlange. Die Schlange hatte ein Interesse daran, dass die Frau sündigte und deswegen verführte sie die Frau zur Sünde. Sünde ist, kurz gesagt, Auflehnung gegen Gott und zeigt sich im Ungehorsam gegenüber Gottes Gebot. Nicht mehr, nicht weniger. 

Für die meisten Menschen ist das, was Eva im Paradies tat, die erste Sünde auf der Welt. Aber das stimmt nicht. Es gab davor schon Sünde. Ein gewisser Engel namens Luzifer rebellierte schon viel früher gegen Gott und verführte noch viele andere Engel zur Sünde. Sie wurden dadurch sein Gefolge. Seither ist dieser Luzifer kein guter Engel Gottes mehr, sondern der böse Feind Gottes, der viele Namen und Gestalten hat in der Bibel: Teufel, Satan (Ankläger), Schlange, Drache, gefallener Engel, Fürst der Welt, um nur ein paar zu nennen. Gott hat diesen gefallenen Engel nach seinem Sündenfall genauso wenig sofort vernichtet, wie Er es bei Adam und Eva tat. Gott schlägt nicht sofort drein, Gott zerstört nicht sofort. 

Denn Gott zeichnet sich neben vielen anderen durch eine Eigenschaft aus, die viele nicht verstehen: Er liebt den freien Willen. Die Liebe Gottes lässt jedem Mensch - und auch jedem Engel - die freie Entscheidung, ob sie Gott gehorsam sein möchten oder ob sie sich gegen Gott erheben und rebellieren. Dazu braucht es aber Gebote und Verbote, damit man weiß, wofür oder wogegen man sich stellt. Und deswegen hat Gott den ersten Menschen von Anfang an einige Gebote gegeben und ein Verbot. Dieses Verbot war leicht zu halten: von allen Bäumen auf der ganzen Welt war nur ein einziger verboten, vom dem durften sie nicht essen. Alle anderen waren zur freien Verfügung. Es reicht ein einziger Baum, um zu sehen, ob die Menschen Gott lieben aus freien Stücken. Niemand hat je die beiden gezwungen von dem verbotenen Baum zu essen, auch nicht die Schlange. Sie verführte nur. Das reichte, dass die Frau lieber der Schlange glaubte als Gott und dass der Mann lieber auf die Frau hörte als auf Gott. Und damit haben sie beide gesündigt aus freien Stücken, ohne Zwang und ohne Not. Aber weil Gott sie eben wirklich liebte, hat Er sie nicht daran gehindert! Die Liebe respektiert die freie Willensentscheidung, lässt Sünde zu, und lässt los. Die Liebe Gottes zwingt niemand und hält niemand gefangen. Aber auf der anderen Seite schließt die Sünde von Gottes Gegenwart aus. Bei Gott kann es keine Sünde geben, Gott ist heilig, er ist Licht. Bei ihm kann es weder Finsternis, noch Sünde noch etwas unheiliges geben. Man kann nicht gegen Gott und für Gott sein. Man kann nicht gleichzeitig Gott lieben und Gott hassen.

Jesus drückte das so aus:

Niemand kann zwei Herren dienen, denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten. (Mt 6,24)

Das war und ist immer noch das Hauptproblem, das schon die ersten beiden Menschen am eigenen Leib erlebten: sie können nicht Gott dienen und dem anderen. Wer ist der andere? Das ist derjenige, der ein Interesse daran hat, dass jemand sündigt. Er ist derjenige, der die Sünde erfunden und sie als erster begangen hat: Luzifer, der durch seine Sünde zum Satan wurde, zum Feind und Widersacher Gottes und der seitdem so viele Geschöpfe Gottes wie möglich versucht auf seine Seite zu ziehen. Denn jeder, der sündigt, ist automatisch sein Sklave.

Nun kommt aber die Sünde aus der Eingebung des Teufels, alles Unvernünftige ist Sünde, folglich stammt das Unvernünftige vom Teufel, der auch der Urheber der Sünde ist, welche Gott fremd ist, wie ihm auch das Unvernünftige fremd ist. Mithin ist die Verschiedenheit dieser Dinge eine Folge der Verschiedenheit ihrer Urheber. (Tertullian (160-220), De anima, Über die Seele. (BKV), Kap. 16)

Es gibt also eine wesentliche Verschiedenheit der Urheber, der Welten, der Herren. Wir leben in einer Welt, wo es zwei Herren gibt, zwei Könige. Der eine ist der Schöpfer der ganzen Welt und will alleine über die ganze Welt herrschen, das ist Gott. Der andere, Luzifer, will diesem Allherrscher alles wegnehmen und auch über die ganze Welt herrschen. Das schafft er nur, wenn er die ganze Welt in Sünde stürzt, denn dann ist sie ihm unterworfen. Dann gehört alles rechtmäßig dem Teufel und nicht mehr Gott.

Johannes drückt das so aus:

Wer die Sünde tut, der ist aus dem Teufel; denn der Teufel sündigt von Anfang an. (1.Joh 3,8)

Jesus selbst sagte das so:

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist ein Knecht der Sünde. (Joh 8,34)

Ursprünglich bedeutete das Wort Knecht das selbe wie Sklave. Heute machen da leider viele einen Unterschied, den es bei Jesus nicht gibt: Ein Knecht ist genauso wie ein Sklave (im Griechischen Grundtext steht übrigens für beide das selbe Wort), ein Leibeigener, einer, der also mit Leib und Leben nicht sich selbst gehört, sondern rechtlich jemand anderem, dem er Tag und Nacht gehorchen muss, ob er will oder nicht. Wer sündigt, ist damit rechtlich schon ein Sklave des Teufels.