• Oder etwa doch nicht?

Nichts Neues im neuen Testament

Nichtsdestotrotz sollen wir uns auch die Schriften des Neuen Testamentes ansehen um nach Vorbildern zu suchen. Dafür sind am besten die vier Evangelien und die Apostelgeschichte geeignet, denn diese fünf Bücher enthalten viele Begebenheiten mit Menschen.

Johannes, der Täufer

Schauen wir uns etwa Johannes den Täufer an. Der Beginn seiner Karriere wird im Matthäusevangelium (Kapitel 3) so geschildert:

Er aber, Johannes, hatte ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden, und seine Speise waren Heuschrecken und wilder Honig. Da zog zu ihm hinaus Jerusalem und ganz Judäa und das ganze umliegende Gebiet des Jordan, und es wurden von ihm im Jordan getauft, die ihre Sünden bekannten. Als er aber viele von den Pharisäern und Sadduzäern zu seiner Taufe kommen sah, sprach er zu ihnen: Schlangenbrut! Wer hat euch eingeredet, ihr könntet dem zukünftigen Zorn entfliehen? So bringt nun Früchte, die der Buße würdig sind! Und denkt nicht, bei euch selbst sagen zu können: »Wir haben Abraham zum Vater«. Denn ich sage euch: Gott vermag dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken! Es ist aber auch schon die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt. Jeder Baum nun, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen! Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; der aber nach mir kommt, ist stärker als ich, sodass ich nicht würdig bin, ihm die Schuhe zu tragen; der wird euch mit Heiligem Geist und Feuer taufen. Er hat die Wurfschaufel in seiner Hand und wird seine Tenne gründlich reinigen und seinen Weizen in die Scheune sammeln; die Spreu aber wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer.

Herr Optimist und Frau Gutemiene würden hier bestimmt protestieren. Wie kann Johannes allein nur das Negative sehen an den Pharisäern und Sadduzäern und sie auch noch so arg beschimpfen und verfluchen?! Immerhin kommen sie zu ihm! Das muss man ihnen schon mal positiv anrechnen. Vielleicht wollten sie sogar Buße tun und sich taufen lassen, so wie der Rest des Volkes? Auch das muss man ihnen positiv anrechnen. Aber Johannes hindert sie daran, er verwehrt es ihnen, lässt das nicht gelten, erwähnt gar nichts Positives an ihnen. Er unterstellt nur Böses und fordert, dass sie zuerst mal Früchte bringen, die der Buße würdig sind! Er beschimpft sie (Schlangenbrut!) und hält ihnen nur ihre Fehler und negativen Seiten vor! Und das auch noch in aller Öffentlichkeit vor dem ganzen Volk. Er macht sie runter, entehrt sie, stellt sie bloß, und sagt ihnen sogar mehr oder weniger deutlich, dass sie am Ende wie Spreu in das unauslöschliche Feuer (also in die Hölle!) geworfen werden! Er sieht alles nur negativ und kündigt an, dass auch der, der nach ihm kommen wird (gemeint ist Jesus Christus!) nur das Negative an ihnen sehen und sie vernichten wird!

Schlimmer geht’s nicht, oder? So spricht und verkündet der Wegbereiter von Christus! Halten wir uns das vor Augen! Johannes bereitet den Weg für Christus, indem er die Spreu vom Weizen trennt, in dem er die guten von den schlechten Bäumen unterscheidet und den schlechten das ewige Feuer, also die Hölle, drastisch vor Augen stellt: „Jeder Baum nun, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen!“ Wo ist da auch nur irgendetwas Positives?

„Naja, Johannes übertreibt hier gehörig, um die Leute aufzurütteln“, werden vielleicht manche entgegnen, „denn irgendetwas Gutes hat jeder Mensch. Keiner bringt nur schlechte Früchte. Jeder hat auch seine guten Seiten.“

Ist das so? Wer sagt das in der Bibel? Und wer berücksichtigt das in der Bibel? Schauen wir weiter, am besten gleich zu Jesus selbst:

Jesus und die Pharisäer

Als Jesus auf die Pharisäer stößt, sagt er ihnen einmal folgendes:

Schlangenbrut, wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz des Herzens das Gute hervor, und der böse Mensch bringt aus seinem bösen Schatz Böses hervor. Ich sage euch aber, dass die Menschen am Tag des Gerichts Rechenschaft geben müssen von jedem unnützen Wort, das sie geredet haben. Denn nach deinen Worten wirst du gerechtfertigt, und nach deinen Worten wirst du verurteilt werden! (Mt 12,34-37)

Ups, der Christus redet ja genauso wie sein Wegbereiter Johannes! Auch Jesus nennt die Pharisäer „Schlangenbrut“. Und das war damals wahrlich kein Kompliment, sondern eine ungeheuerliche Beleidigung! Auch Jesus sieht an den Pharisäern nur Negatives. Auch Jesus teilt die Menschen in zwei Kategorien ein: in gute und böse.

So wie Johannes der Täufer von guten Bäumen spricht, die gute Früchte bringen, und schlechten Bäumen, die schlechte Früchte bringen, tut das auch Jesus:

Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind! An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Sammelt man auch Trauben von Dornen, oder Feigen von Disteln? So bringt jeder gute Baum gute Früchte, der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte bringen, und ein schlechter Baum kann keine guten Früchte bringen. Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.  Darum werdet ihr sie an ihren Früchten erkennen. (Mt 7,15-20)

Jesus sieht nichts Positives an falschen Propheten, warnt nur vor ihnen und verwendet das selbe Bild, das schon sein Wegbereiter Johannes der Täufer gebrauchte: der schlechten Baum, der schlechte Früchte bringt. Jesus geht sogar noch einen Schritt weiter: er sagt, dass ein schlechter Baum keine guten Früchte bringen kann, sondern nur schlechte! Genau daran sollen seine Schüler die schlechten Bäume erkennen. Aber dazu müssen sie sich die schlechten Früchte ansehen. Sie müssen also auf das Negative sehen. Herr Optimist und Frau Gutemiene wären hier überfordert. Sie wollen ja nur das Positive sehen. In jedem Menschen. Negatives erkennen sie gar nicht oder beschönigen es und wiegen es mit vermeintlich Positivem auf. Laut Jesus ist das aber ein Unfug. Wer einen Baum sieht, der schlechte Früchte bringt, braucht gar nicht mehr glauben, dass da noch gute hängen. Denn ein schlechter Baum kann keine guten Früchte bringen. Selbst wenn sie gut aussehen, sind sie das also in Jesu Augen keinesfalls. Die Bäume sind natürlich Menschen. Und Jesus lässt auch keinen Zweifel darüber offen, was er mit den schlechten machen wird: abhauen und ins Feuer werfen. Darum müssen wir auf die Früchte sehen, besonders auf die schlechten! Dann erübrigt sich die Suche, ob da nicht doch noch etwas Gutes ist.

Aber die Geschichte geht noch weiter. Jesus fährt fort:

Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen! (Mt 7,20-23)

Hier stehen am Ende vielleicht Herr Optimist und Frau Gutemiene selbst vor Jesus. Sie weisen Jesus auf die positiven Dinge hin, die sie für ihn getan haben. Es werden viele solche Menschen einmal vor Jesus stehen und genau das veranstalten, sagt er. Und was macht aber Jesus? Er schaut auf das Negative anstatt auf das Positive und zeigt ihnen ihre schlechten Früchte: ihre Gesetzlosigkeit. Und damit ist es dann für immer aus mit ihnen. Er nennt kein einziges positives Gegengewicht für sie, das ihre schlechten Früchte aufwiegt. Er will diese Menschen, die überzeugt sind ihn zu kennen und in Ewigkeit bei ihm zu sein, nicht mal kennen. Sie sind verloren.

Christus steht nicht mit der Waage am Ende der Zeit da und wiegt gut gegen böse ab. Zumindest nicht der Jesus, der in der Bibel vorkommt. Es werden aber heutzutage andere Christusse verkündigt, die machen das anscheinend. Davor warnte bereits Jesus:

Denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten und werden große Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen. Siehe, ich habe es euch vorhergesagt. Wenn sie nun zu euch sagen werden: »Siehe, er ist in der Wüste!«, so geht nicht hinaus; »Siehe, er ist in den Kammern!«, so glaubt es nicht! Denn wie der Blitz vom Osten ausfährt und bis zum Westen scheint, so wird auch die Wiederkunft des Menschensohnes sein. Denn wo das Aas ist, da sammeln sich die Geier. (Mt 24,24-28)

Auch das ist eine klare Ansage von Jesus. Er verweist auf das Aas. Herr Optimist und Frau Gutemiene wollen aber nicht das Aas sehen. Sie wollen auch nicht die Geier negativ sehen. „Es sind majestätische Vögel, die Gott geschaffen hat. Teil der wunderbaren Schöpfung“. Irgendwie so dürften Herr Optimist und Frau Gutemiene über Geier denken, wenn sie davon lesen in der Bibel. So werden sie Jesus aber nicht richtig verstehen können. Denn Jesus gebraucht die Geier nicht als Bild für majestätische Vögel, sondern für falsche Christusse und falsche Propheten, die die Menschen versuchen zu verführen. Und so werden Geier tatsächlich auch in vielen Geschichten und Fabeln verstanden: als verdächtige Gestalten, denen man nicht vertrauen sollte. Jesus schärft seinen Zuhörern stets den Sinn für kritisches Denken. Sie müssen prüfen und das Schlechte erkennen lernen, um es zu meiden. Sie müssen das Aas erkennen damit sie die Geier erwarten und erkennen. Sie müssen die schlechten Früchte erkennen, damit sie die schlechten Bäume, die falschen Lehrer, die falschen Christusse und die falschen Propheten entlarven können anstatt auf sie herein zufallen.

„Aber“, werden jetzt manche einwenden, „hier geht es doch um Irrlehrer, falsche Propheten, falsche Christusse, Pharisäer, alles Abschaum. Klar, dass da Jesus nichts Gutes sieht. Die sind eine Ausnahme.“

Ok, dann sehen wir uns an, ob Jesus auch andere Menschen kritisiert und wenn ja, welche und wie:

Jesus und seine Jünger

Und er trat in das Schiff, und seine Jünger folgten ihm nach. Und siehe, es erhob sich ein großer Sturm auf dem See, sodass das Schiff von den Wellen bedeckt wurde; er aber schlief. Und seine Jünger traten zu ihm, weckten ihn auf und sprachen: Herr, rette uns! Wir kommen um! Da sprach er zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf und befahl den Winden und dem See; und es entstand eine große Stille. (Mt 8,23-26)

Jesu Jünger haben im Sturm am See Todesangst, sodass sie ihn wecken und ihn bitten sie zu retten! Ist das nicht eigentlich lobenswert und toll? Ist das nicht ein Ausdruck von Vertrauen? Die Jünger trauen Jesus offenbar zu, dass er sie retten kann aus dieser Lebensgefahr. „Das ist doch positiv!“, würden Herr Optimist und Frau Gutemiene einwenden, „das ist Glaube!“. Was aber sagt Jesus dazu? Er sieht keinen Glauben darin sondern schimpft: „Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen?“ Wie man diese Antwort von Jesus auch dreht und wendet, sie enthält nichts Positives, nur Negatives.

Jesus hat offenbar eine andere Vorstellung von Glaube als Herr Optimist und Frau Gutemiene.

Es gibt noch eine andere „windige“ Seegeschichte:

Aber um die vierte Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See. Und als ihn die Jünger auf dem See gehen sahen, erschraken sie und sprachen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. Jesus aber redete sogleich mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht! Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, wenn du es bist, so befiehl mir, zu dir auf das Wasser zu kommen! Da sprach er: Komm! Und Petrus stieg aus dem Schiff und ging auf dem Wasser, um zu Jesus zu kommen. Als er aber den starken Wind sah, fürchtete er sich, und da er zu sinken anfing, schrie er und sprach: Herr, rette mich! Jesus aber streckte sogleich die Hand aus, ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? Und als sie in das Schiff stiegen, legte sich der Wind.

Wie sich Jesu Antworten doch immer wieder gleichen! Diesmal sind es nicht alle Jünger, sondern nur Petrus, der von Jesus kritisiert wird mit dem Wort „Kleingläubiger“. Das ist übrigens kein liebenswerter Kosename und auch kein Kompliment. Es ist ein genervter, verurteilender und sicherlich entmutigender Ausdruck.

Und das halte man sich mal vor Augen: Jesus, der Lehrer und Meister seiner Schüler, nennt sie immer wieder Kleingläubige! Das ist ein Tadel, der die Stimmung hinunter zieht. Wenn jemand eh schon einen kleinen Glauben hat, wird er dann größer, wenn man ihn „du Kleingläubiger“ nennt? Heute wären die meisten Christen völlig entmutigt, wenn sie Jesus immer wieder „ihr Kleingläubigen“ hieße. Es herrscht ja heute die Lehre im Christentum, dass man Negatives gar nicht aussprechen soll, sondern stets nur das Positive. Loben zieht nach oben, nicht wahr?

Auch Herr Optimist und Frau Gutemiene halten sofort dagegen, dass diese Kritik aber gar nicht auf Petrus zutrifft! Schließlich war Petrus der einzige Jünger, der überhaupt aus dem Boot sprang und über das Wasser lief! Kein anderer Jünger brachte diesen Glauben überhaupt auf! Sie alle blieben ängstlich im Schiff zurück und waren nur Beobachter. Wenn schon, dann hätte Jesus die anderen Jünger zurechtweisen und kritisieren müssen. Aber nein, Jesus kritisiert Petrus für dessen „Kleinglauben“ und lobt ihn gar nicht. Jesus erwähnt nichts Positives. Er kritisiert nur das Negative.

Immer wieder kritisierte Jesus den kleinen Glauben seiner Jünger. Wenn wundert’s, dass sie ihn eines Tages beherzt baten:

Und die Apostel sprachen zum Herrn: Mehre uns den Glauben!

Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, so würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen. (Lk 17,5+6)

Herr Optimist und Frau Gutemiene wären auch mit dieser Antwort Jesu nicht einverstanden. Was soll das für eine Hilfe sein, wenn jemand um mehr Glauben bittet? Erneut würden sie ganz anders vorgehen. Sie würden die positiven Glaubensschritte der Jünger ansprechen, sie daran erinnern, dass sie doch bereits Kranke geheilt und Dämonen ausgetrieben hatten. Das braucht viel Glauben. Und dann würden sie bestimmt so einen Satz formulieren wie jeder gute Coach: „Einen Schritt nach dem anderen. Begnügt euch mit kleinen Fortschritten und habt keine Angst vor Versagen.“

Hier hält Jesus seinen Jüngern stattdessen vor Augen, wie wenig Glauben sie haben und er scheint sie zu entmutigen mit dem Anspruch, den Er selbst an einen winzigen Glauben stellt. Denn Er sagt: „Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, so würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.“

Bedenken wir, dass ein Senfkorn winzig ist. Es würde also nach Jesu Worten schon ein winziger Glaube reichen, um solch unfassbar große Dinge anzustellen, wie einem Baum zu gebieten sich zu entwurzeln und sich ins Meer zu verpflanzen! Doch nicht mal so einen winzigen Glauben haben seine Jünger. Sieht hier Jesus nur auf das Positive? Immerhin hätte er ja seine Jünger schon allein dafür loben können, dass sie sich die „ihr Kleingläubigen“-Anklagen von Jesus zu Herzen genommen hatten und ihn baten, ihren Glauben zu mehren, oder? Herr Optimist und Frau Gutemiene hätten das jedenfalls bestimmt auf die Positivliste gesetzt.

Es ist uns noch eine andere Begebenheit überliefert, wo Jesus den Petrus scharf zurechtweist:

Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Weiche von mir, Satan! Du bist mir ein Ärgernis; (Mt 16,23)

Was war passiert? Was hat Petrus satanisches getan, dass er so angefahren wird von Jesus? Petrus hatte nur zwei Sätze gesagt, die harmlos und in jedem Fall liebevoll klangen:

Da nahm Petrus ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren und sprach: Herr, schone dich selbst! Das widerfahre dir nur nicht!

Davor hatte Jesus seinen Jüngern angekündigt, dass er viel leiden müsse und getötet werden und am dritten Tag auferweckt werden müsse.

Herr Optimist und Frau Gutemiene hätten erneut jede Menge Einwände gegen solch eine forsche Zurechtweisung. Bestimmt würden Sie sofort Jesus darauf aufmerksam machen, dass Petrus es doch nur gut gemeint hat. Petrus war freundlich und liebevoll um seinen Herrn Jesus bemüht! Und dann so eine barsche Zurechtweisung? Womit hatte Petrus das verdient? Es ist hier nicht das Thema und auch nicht der Platz um diese Frage ausführlich zu erörtern. Es geht vielmehr immer noch darum zu forschen, ob Jesus wenn er jemand zurechtwies oder kritisierte, immer nur auf das Positive sah? Und auch hier muss man eindeutig erkennen: nein, er tat es nicht. Vielmehr kritisiert er sehr scharf und sieht nur das Negative!

Jesus und seine Mutter

Auch seine Mutter nahm Jesus nicht aus von Zurechtweisung und Kritik. Schon als 12-jähriger hat er seine Eltern zurechtgewiesen. Noch schärfer war er aber als Erwachsener als seine Mutter ihn auf der Hochzeit in Kana auf etwas aufmerksam machen wollte. Sie sagte:

Sie haben keinen Wein!
Jesus spricht zu ihr: Frau, was habe ich mit dir zu tun? Meine Stunde ist noch nicht gekommen! (Joh 2,4)

Herr Optimist und Frau Gutemiene würden Jesus auch hier am liebsten ermahnen und darauf hinweisen, dass er erstens freundlicher zu seiner Mutter reden könnte. Die Anrede „Mutter“ wäre doch wesentlich angebrachter als das distanzierte „Frau“. Und zweitens wozu diese scharfe Zurechtweisung? Sie hat es doch nur gut gemeint. Sieht er das nicht? Anerkennt er das nicht? Ist er denn nicht der Kenner der Herzen? Wiederum nennt Jesus nichts Positives, um sein Gegenüber (diesmal immerhin niemand geringerer als seine Mutter!) wertzuschätzen und offen zu stimmen für Kritik. Nein, er kommt sofort und auch noch barsch zur Sache. Und diese ist alles andere als positiv. Jesus stellt in Frage, was er mit seiner Mutter zu tun hat. Da ist eine Distanz. Auch schon erkennbar durch die unpersönliche Anrede „Frau“. Aufmerksame Beobachter werden übrigens in der Bibel nie die Anrede „Mutter“ aus Jesu Mund gegenüber seiner leiblichen Mutter lesen. Es kommt noch schlimmer:

Während er aber noch zu dem Volk redete, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen und wollten mit ihm reden. Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir reden! Er aber antwortete und sprach zu dem, der es ihm sagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er streckte seine Hand aus über seine Jünger und sprach: Seht da, meine Mutter und meine Brüder! Denn wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter! (Mt 12,46-50)

Jetzt verleugnet Jesus auch noch praktisch seine leibliche Verwandtschaft und lässt sie draußen (!) stehen. Das ist eine harte Rede und eine ebenso harte Kritik an seiner Mutter, seinen Brüdern und Schwestern. Erneut würden Herr Optimist und Frau Gutemiene Jesus gerne Nachhilfe geben in christlicher Gesprächsführung und liebevoller Ermutigung. Zuerst hätte Jesus sich freuen müssen, dass seine Verwandten ihn sehen wollen. Dann hätte er sie ehren und herein beten sollen anstatt sie vor allen anderen bloßzustellen und erst dann hätte er sie einladen sollen – und zwar liebevoll – den Willen seines Vaters zu tun. Gewaltlos, freiwillig und gewinnend, so sollte das laufen. So meinen es heute viele Christen. Aber was macht Jesus stattdessen? Er demütigt sie öffentlich. Und nicht zu übersehen: diese Bloßstellung hält bis heute an: Milliarden von Menschen können diese Demütigung von Jesu leiblichen Verwandten seit knapp 2.000 Jahren in allen Bibeln und das auch noch wiederholt in zwei Evangelien lesen! Umso unverständlicher, dass es der Satan später schaffte einen mächtigen Marienkult rund um die Mutter Jesu aufzubauen, wo doch Jesus sie in der Heiligen Schrift wiederholt getadelt und öffentlich blamiert hat, anstatt sie zu loben oder als Glaubensvorbild hinzustellen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Petrus

Zu guter Letzt lasst uns noch ansehen, was Jesu Jünger von ihm gelernt haben. Wie haben sie andere zurecht gewiesen? Am spannendsten ist wohl Petrus, da er besonders hart von Jesus zurechtgewiesen wurde (siehe oben). Zwei Begebenheiten sind hier besonders aufschlussreich.

Erstens Ananias und Saphira, die als Ehepaar zu Petrus kommen und ihm eine schöne Menge Geld zu Füßen legen um sie zu spenden. Jeder moderne Pastor würde die beiden dafür loben und ehren. Nicht aber Petrus. Was sagt er?

Ananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, sodass du den Heiligen Geist belogen hast und von dem Erlös des Gutes etwas für dich auf die Seite geschafft hast? Hättest du es nicht als dein Eigentum behalten können? Und als du es verkauft hattest, war es nicht in deiner Gewalt? Warum hast du denn in deinem Herzen diese Tat beschlossen? Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott! Als aber Ananias diese Worte hörte, fiel er nieder und verschied. (Apg 5,3-5)

Ich will jetzt nicht darauf eingehen und ausführen woher Petrus von diesem Betrug wusste, sondern wie er damit umging und insbesondere, wie er Ananias zurechtwies und verurteilte. Die Geschichte endet immerhin tödlich für das Ehepaar. Beide werden augenblicklich vom Heiligen Geist hingerichtet. „Und es kam große Furcht über die ganze Gemeinde und über alle, die dies hörten.“ heißt es am Schluss. Wahnsinn! Und da soll noch jemand sagen, es gäbe keinen strafenden Gott mehr im Neuen Testament! Er übt im NT sogar noch die Todesstrafe aus. Nicht nur einmal. Aber auch das ist eigentlich ein anderes Thema.

Zurück zum Thema Kritik: hat Petrus etwas Positives gesehen in dieser Handlung von Ananias und Saphira und es lobend erwähnt? Nein!

Herr Optimist und Frau Gutemiene hätten das aber sicherlich getan. Sie hätten erwähnt, dass es doch toll ist, dass die beiden freiwillig Geld spenden. Ist doch egal, ob sie sich was behalten. Ist ja ihr gutes Recht. Naja, und dass sie so tun als hätten sie 100% von dem Erlös gespendet, ist ja nicht so schlimm. Da kann man darüber hinwegsehen. Sie sind auch nur Menschen. Es zählt doch das Gute, das sie getan haben. Ja, so denken viele Menschen. Aber nicht Gott und auch nicht Seine Männer wie hier Petrus. Gott nimmt Lüge und Betrug an Seiner Gemeinde persönlich und erst recht vorsätzliche, und kommen sie auch in noch so einem harmlosen und guten Kleid daher wie eine Spende. Da gibt es nichts Gutes zu sehen.

Zweitens Simon der Zauberer, der sich im Zuge einer Straßenevangelisation bekehrte und taufen ließ. Und nicht nur das, er zeigte auch ernsthafte Nachfolge, denn „er hielt sich danach beständig an Philippus“ (der ihn getauft hatte), heißt es wörtlich. Herr Optimist und Frau Gutemiene würden diesen bekehrten Zauberer sicherlich begeistert in die Gemeinde aufnehmen und als gelungene Bekehrungsgeschichte anpreisen. Als Petrus und Johannes kommen und den frisch getauften Menschen die Hände auflegen, damit sie den Heiligen Geist empfangen, macht Simon der Zauberer etwas Besonderes: er bietet den Aposteln viel Geld, damit sie ihm die Vollmacht geben, dass auch er den Heiligen Geist durch Handauflegung weiter geben kann. Herr Optimist und Frau Gutemiene würden erneut Simon loben: „Er brennt für den Herrn und ist sogar bereit viel Geld dafür zu zahlen! Halleluja!“ Heute würden viele moderne Wunderprediger solche Menschen wie Simon loben und mit offenen Armen aufnehmen und natürlich mit Freude das Geld annehmen. Kostenpflichtige Seminare und Tagungen wo man erfährt wie man den Heiligen Geist empfängt und weiter gibt, gibt es heutzutage ja längst zu buchen, inklusive weiterführenden Ausbildungen, Büchern und DVDs für Geld. Was aber macht Petrus? Er weist Simon scharf zurecht:

Petrus aber sprach zu ihm: Dein Geld fahre mit dir ins Verderben, weil du meinst, die Gabe Gottes mit Geld erwerben zu können! Du hast weder Anteil noch Erbe an diesem Wort; denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott! So tue nun Buße über diese deine Bosheit und bitte Gott, ob dir die Tücke deines Herzens vielleicht vergeben werden mag; denn ich sehe, dass du in bitterer Galle steckst und in Fesseln der Ungerechtigkeit! (Apg 8,20-24)

Petrus hat von seinem Herrn Jesus tatsächlich Schärfe gelernt und worauf es ankommt, dass er sehen muss, nämlich auf den Geist, der hinter Worten und Taten steckt und insbesondere hinter der Geschäftemacherei und Geldliebe. Petrus macht hier erneut den Satan aus und schickt dessen Ideen zur Hölle! Und nicht nur das, er verurteilt Simon völlig, spricht ihm jede Errettung und jedes Heil ab (obwohl er ja bekehrt und getauft war!). Das sollte nicht nur den Christen zu denken geben, die Fans von gewaltfreier Kommunikation sind, sondern besonders jenen, die überzeugt sind, dass das Heil unverlierbar ist. Simon hatte es mit nur einer Bitte, die seine wahre Herzenshaltung offenbarte, wieder verloren. Petrus stellt ihm zwar die Buße noch als Möglichkeit in Aussicht, dass Gott eventuell doch noch vergeben könnte, aber eine Heilsgewissheit verspricht ihm Petrus keine.

Es gäbe noch viele weitere Beispiele in der Bibel, aber sie alle wären bei genauer Betrachtung eine harte Schlappe für Herrn Optimist und Frau Gutemiene. Kein Glaubensvorbild in der Bibel folgt dem Motto dieser beiden Menschen, sondern sie alle sehen die schlechten Früchte und weisen deutlich darauf hin. Ohne etwas Gutes darin zu sehen oder gar zu suchen. Und Gott und sein Sohn Jesus Christus tun das ebenso.

Einen letzten Einwand haben Herr Optimist und Frau Gutemiene aber noch triumphierend parat: