• Oder etwa doch nicht?

Zurechtweisen soll man nur die Kritiker und Wortklauber

Herr Optimist und Frau Gutemiene ersticken praktisch jede Kritik im Keim. Sie versuchen jedem negativen Kritikpunkt sofort einen positiven entgegen zu halten. Sie arbeiten wie eine Balkenwaage, die ständig ausgleichen will. Sobald ein negatives Gewicht die Waage auf der einen Seite runterzieht, suchen sie sofort ein positives Gegengewicht um auszugleichen und dann ist die Welt wieder in Ordnung. Am liebsten sehen sie aber überhaupt nur auf das Positive.

Herr Optimist und Frau Gutemiene sind angenehme, beliebte Menschen, weil sie ja immer das Gute sehen und stärken wollen und bei Fehlern wegschauen. Ja sogar bei groben Fehlern. Ja sogar bei Sünden und Verbrechen. Sie nennen das Wegsehen bei Fehlern und Vertuschen von Sünden „gelebte Liebe“ und „christlich“. Die einzigen Menschen, die man ermahnen und ernsthaft zurechtweisen sollte, sind ihrer Meinung nach die Kritiker, die i-Tüpfelchenreiter, die Wortklauber, die Oberlehrer. Gegenüber solchen Menschen sind Herr Optimist und Frau Gutemiene dann nicht mehr so freundlich und bei diesen Menschen fällt selbst einem Herrn Optimist kaum noch was Positives auf und selbst Frau Gutemiene macht da kaum noch eine gute Miene.

Herr Optimist und Frau Gutemiene sind Christen und meinen, dass nur wer so wie sie positiv denkt und redet wirklich ein Christ sein kann. Sie bezweifeln ganz offen, dass jemand, der zuerst auf das Negative sieht anstatt auf das Positive, überhaupt ein Christ sein kann. Sie sprechen sogar Menschen die christliche Haltung und Liebe ab, die Fehler und Sünden aufdecken, anstatt sie zuzudecken und zu verschweigen. Aber ist das richtig?