• Hat Christus die Infantilisierung der Gesellschaft befohlen?

Dieser biblische Satz ist weltbekannt und wird - meist verkürzt auf „Werdet wie die Kinder“ - gerne zitiert, sogar von Menschen die nicht die Bibel lesen. Sie denken, dass Kinder die besseren Menschen sind und Erwachsene daher lernen müssten, wieder Kinder zu werden, und fühlen sich von Jesus bestätigt. Aber hat Er das gemeint?

Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Peter Pan, dem kleinen Bub, der niemals erwachsen wird? Er gilt, seit er Anfang des 20.Jahrhunderts von Sir James Matthew Barrie erfunden wurdevielen Erwachsenen als Bestätigung in ihrem Wunsch, niemals erwachsen zu werden oder zumindest als Erwachsener sich im Herzen eine ewige Kindheit zu bewahren. Immer ein Kind zu bleiben, egal wie alt man wirklich ist, ist seit dem 20.Jahrhundert für viele ein Ideal.

Ab 1944 schrieb Astrid Lindgren ihre berühmten Geschichten von Pippi Langstrumpf, einem Mädchen, das dank seiner übermenschlichen Kräfte die Welt der Erwachsenen beherrscht und sich ihre eigene Welt macht, wie sie ihr gefällt. Ihr Vater muss von Pippi immer wieder gerettet werden und sieht neben ihr nicht nur schwächlich, sondern auch hilflos aus. Die Rollen von Kindern und Erwachsenen scheinen vertauscht zu sein in der Welt von Pippi.

Ähnlich tickt die seit den 70er Jahren beliebte TV-Zeichentrickserie „Wickie und die starken Männer”, wo die Hauptfigur Wickie, ein kleiner Junge aus Flake, fortlaufend die erwachsenen Wickinger seines Stammes, allen voran seinen Vater, den Häuptling, retten muss. Die Botschaft wiederholt sich in jeder Folge: Mut, Stärke und Erfahrung der Erwachsenen reichen nicht aus, sie brauchen die spontanen Geistesblitze eines Kindes. Das Kind ist intelligenter als alle starken Männer seines Stammes, die ohne es verloren wären.

1978 veröffentlichte der Wiener Liedermacher Georg Danzer sein Lied „Die dummen Erwachsenen” und wiederholt darin im Refrain die peinliche Frage:

Es gibt so vü leiwande Kinder
Und mit jedem Tog werdns mehr
Und es stöllt si die peinliche Froge
Wo kummen de dummen Erwochsenen her?
Wo kummen de dummen Erwochsenen her?

Übersetzt ins Hochdeutsche:

Es gibt so viele großartige Kinder
Und jeden Tag werden es mehr
Und es stellt sich die peinliche Frage:
Wo kommen die dummen Erwachsenen her?
Wo kommen die dummen Erwachsenen her?

1986 schrieb der Deutsche Popsänger Herbert Grönemeyer sein Lied „Kinder an die Macht” in dem er im Refrain singt: 

Gebt den Kindern das Kommando,
denn sie berechnen nicht was sie tun.
Die Welt gehört in Kinderhände,
dem Trübsinn ein Ende.
Wir werden in Grund und Boden gelacht.
Kinder an die Macht!

Auch wenn Eltern, Kindergärtnerinnen und Volksschullehrerinnen Kinder oft ganz anders erleben als mancher Liedermacher und Geschichtenerfinder sie beschreiben, und ihnen der Gedanke, von Kindern regiert zu werden, eher Angst macht als Hoffnung, so glauben doch gewisse Erwachsene, dass das Leben und die Welt insgesamt besser wäre, wenn alle Menschen Kinder blieben und es keine Erwachsenen gäbe. Und sie fühlen sich dabei von der Bibel und Jesus bestätigt. Aber meinte Jesus es im ersten Jahrhundert wirklich so, wie es seit dem 20. Jahrhundert verstanden wird? Und hat Er das überhaupt so gesagt? Lesen wir nach:

Und Jesus rief ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Reich der Himmel kommen! (Mt 18,2-3)

Wer aufmerksam liest, erkennt, dass Jesus nicht sagte „werdet Kinder”, sondern „werdet wie die Kinder”. Das ist ein großer Unterschied.

Wie sind denn „die Kinder”? Sind sie tatsächlich so wie Pippi Langstrumpf, Wickie und jene Kinder, von denen Georg Danzer und Herbert Grönemeyer sangen?

Nun, wenn ein Kind auf die Welt kommt, denkt es zunächst mal nur an sich und seine Bedürfnisse. Es schreit lautstark, wenn es etwas möchte solange bis es das bekommt oder bis es lernt, dass es nicht alles bekommt, was es möchte. Das ist ein Kraftakt zwischen dem Säugling und den Menschen um ihn herum. Hier entscheidet sich, ob aus dem kleinen Säugling ein Tyrann wird, der seine ganze Umgebung mit seinem Willen tyrannisiert und erst Ruhe gibt, wenn alle das machen was er will, oder ob das Kind lernt, dass sich nicht die ganze Welt um es dreht. Je nachdem ob und wie das Kind erzogen wird, lernt es von seinen eigenen Bedürfnissen wegzusehen und auch die Bedürfnisse anderer Menschen wahrzunehmen und zu berücksichtigen, es lernt Geduld, Selbstbeherrschung und Liebe - oder aber es lernt im Gegensatz dazu, den angeborenen Egoismus zu perfektionieren und erfolgreich auf Kosten anderer zu leben und sie zu manipulieren. Manche Kinder lernen schon sehr früh Verantwortung zu übernehmen und selbstständig zu sein, andere scheinen es nie zu lernen und benehmen sich auch dann noch wie Kinder, wenn sie längst im Erwachsenenalter sind. Das Phänomen, dass Erwachsene sich wie Kinder verhalten, fällt immer mehr Menschen auf. Ich nehme einen Boom an Büchern zu diesem Thema seit etwa 20 Jahren wahr. Psychologen, Psychiater, Philosophen und andere Denker äußern sich zunehmend dazu, wohin die Menschheit steuert, wenn Erwachsene Verhaltensmuster, Denkweisen und Lebensstrategien von Kindern übernehmen, anstatt umgekehrt. „Infantiliserung der Gesellschaft“ heißt der Fachbegriff. Eines der vielen Bücher beschreibt das Problem so:

Gefühl ist Trumpf, Argumente stören, Diskretion war gestern. Wir sind eine Gesellschaft der Kindsköpfe geworden. Erwachsene verhalten sich ungeniert wie Kinder und werden von Politikern auch so behandelt, schreibt Alexander Kissler in seinem neuesten Buch. Ein Auszug.

Wir sind von Kindsköpfen umgeben und sind es manchmal selbst. Das Kind in uns zieht es zu lustigen Spielen für angegraute Herren, zum Duzen unter unbekannten Best Agern, zu generationenübergreifender Freizeitkleidung im Alltag, aber auch ins Tierreich, wo es kreucht und fleucht und alles wunderbar bestellt ist. Zumindest lesen wir das in immer mehr Büchern, in denen uns Tiere als die besseren Menschen vorgestellt werden. Infantil ist die Sehnsucht mündiger Erwachsener nach Unreife. Infantil ist die Weigerung, Grenzen anzuerkennen – zwischen dir und mir, Alt und Jung, Tier und Mensch. Niemand macht Kindern einen Vorwurf, wenn sie vertrauensselig die Hand ausstrecken nach einem Hund, der sie nicht kennt. Oder wenn sie jede und jeden duzen, auch die ältere Generation, auch Fremde. Kinder dürfen das.

Erwachsene freilich, die sich hinab flunkern zum Kind, das sie nicht mehr sind, sind ein trauriger Fall. Sie fingieren einen Stand von Unmündigkeit, den sie überwunden haben sollten. Sie prunken mit jenem Verstand, auf den sie verzichten. Sie bilden Herde der Ignoranz, die eine Republik mit Unvernunft infizieren. Kindern sind sie ein schlechtes Beispiel, sprechen sie ihnen doch den Ehrgeiz ab, sich entwickeln zu wollen. Dem sozialen Zusammenhalt schaden sie. Jeder Sinn für Gemeinschaft verkümmert, wenn wir im Stil der Teletubbies miteinander verkehren. (Alexander Kissler, veröffentlicht auf Cicero online, https://www.cicero.de/kultur/buchauszug-infantile-gesellschaft-alexander-kissler)

Dieser Auszug aus dem Buch „Die infantile Gesellschaft“, gibt treffend wieder, wohin sich die Gesellschaft entwickelt hat und entwickeln wird, wenn sich Erwachsene wie Kinder benehmen und einander wie Kinder behandeln. 

Vor etwa 20 Jahren stieß ich das erste Mal frontal auf diese Fragestellung im Zuge einer christlichen Gemeindefreizeit, wo die Vortragende einen Satz ins Publikum schleuderte, den ich seither nicht vergessen kann: „Werdet endlich erwachsen!“ Ich weiß nicht mehr exakt den Zusammenhang, aber es ging im Prinzip darum, dass viele Ehekrisen daher kommen, dass einer (oder beide) Ehepartner nie erwachsen wurden, sondern sich immer noch wie Kinder benehmen. Und dann fügte die Vortragende noch einen eindrücklichen Satz hinzu:

„Es gibt nichts schlimmeres für eine Gesellschaft, als wenn die Erwachsenen sich wie Kinder benehmen“.

Ich war als frisch verheirateter, junger Erwachsener etwas überrascht und überrollt von diesen Ansagen. Sie lagen außerhalb meines bisherigen Erfahrungshorizontes, aber ich bewahrte sie in meinem Herzen, denn sie machten mich neugierig und aufmerksam, ob an diesen Sätzen etwas dran wäre. Heute muss ich zugeben, dass ich sehr gut verstehe, was die Frau meinte. Ich lernte in den letzten Jahrzehnten in verschiedenen christlichen und weltlichen Gemeinschaften und Beziehungen tatsächlich Erwachsene kennen, die sich wie Kinder verhielten und damit ihre ganze Umgebung belasteten. Wenn ein erwachsener Mensch keine Verantwortung für seine Entscheidungen und sein Verhalten übernehmen will, sondern sich immer auf andere ausredet und erwartet, dass andere die Suppe auslöffeln, die er sich eingebrockt hat, dann benimmt er sich wie ein Kind. Oder wenn Erwachsene kindische Verhaltensmuster an den Tag legen wie Nörgeln, Jammern, immer nur von den eigenen Bedürfnissen reden, immer nur an sich und den eigenen Vorteil denken, schnippische Antworten geben, wenn man sie zurechtweist, oder schmollen oder abstreiten - mitunter auch mit Notlügen-, dann werden sie zu einer wahren Belastungs- und Zerreissprobe für die Gemeinschaft. Denn wie geht man mit solchen adulten Kindern um? Behandelt man sie wie Kinder - was ihrem Verhalten ja entspräche - dann sind sie beleidigt und werden noch kindischer. Oder sieht man drüber hinweg, hilft es am Ende auch niemand, weil nicht selten andere dafür hinhalten müssen und die Konflikte ständig wiederkehren. Denn durch Wegsehen wird ja nichts verändert. Es ist wirklich ein Übel, wenn der wichtigste Schritt vom Kind zum Erwachsenen nie vollzogen wurde: nämlich jener, wo der Mensch Eigenverantwortung übernimmt und nicht mehr andere für ihn verantwortlich sind. Der Schritt vom Unmündigen zum Mündigen.

Ist eine unmündige Gesellschaft tatsächlich ideal? Und wenn ja, für wen?

Sagte nicht Jesus, wir sollten werden wie die Kinder? Meinte Er damit, dass wir alle wieder wie Unmündige werden sollten?

Manch einer wird jetzt einwerfen, dass Jesus sich wohl auf die positiven Eigenschaften von Kindern bezogen hätte. Wenn dem so ist, welche wären das genau?

Wer genau hinhört, hat schon längst bemerkt, dass Jesus weder rein theoretisch redet, noch die Interpretation den Zuhörern überlässt. Stattdessen stellt Er ein Kind in die Mitte der Zuhörer um ihnen zu zeigen, was Er meinte. Außerdem stellt Er noch eine Bedingung voran: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder“. Diese Vorbedingung wird oft übersehen und weggelassen. Wovon umkehren und wohin? Soll etwa jeder Mensch seine natürliche Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen umkehren und wieder kindisch werden? Und welches Kind stellte Jesus als Anschauungsbeispiel in die Mitte der Versammlung? War es ein freches, schmutziges Straßenkind in zerrissenen Hosen und löchrigen Schuhen? War es ein verlogener Bengel, der den Erwachsenen auf der Nase rumtanzt und jede Situation zu seinem eigenen Vorteil nützt? War es ein bösartiger Lausbub wie vielleicht Max und Moritz, die ständig neue Streiche ausheckten um andere zu bestehlen, zu verletzen und zu demütigen? Oder war es ein altkluges, superstarkes Mädchen wie Pippi Langstrumpf, die nie zur Schule gegangen ist, aber alles besser wusste als sämtliche Lehrer? Oder war es ein rücksichtsloser, selbstsüchtiger Fratz, wie Nils Holgersson, der alle Menschen und Tiere in seinem Umfeld quälte?

Vielleicht schauen wir in die Schrift, wie sind Kinder dort? In der Heiligen Schrift gibt es

  • übermütige Kinder (Jer 38, 20 LXX)
  • unvernünftige Kinder (Spr 7,7; Weish 12,25)
  • furchtsame Kinder (Ri 8,20)
  • törichte Kinder (Spr 19,28 LXX; Weish 12,24)
  • Kinder, die in die Irre gehen und den Eltern Schande bereiten (Spr 29,15)
  • Kinder, die zu tadeln sind (Dtn 32,5 LXX)
  • Kinder, die einen Prophet Gottes verspotten und dafür zur Strafe von zwei Bären zerrissen werden (2.Kön 2,23+24)
  • nichtsnutzige Kinder (Sir 16,1-2)
  • unwissende Kinder (Dtn 31,13)
  • schlechte Kinder (Weish 3,12)
  • Kinder des Zorns (Eph 2,3)

Um nur ein paar zu nennen. Welche dieser Kinder meinte Jesus?

Wenn wir glauben, wir könnten uns ein Kind, das uns vor Augen steht, auswählen, sind wir genauso schlecht beraten wie wenn wir Theologen, Psychologen oder Seelsorger zu Rate ziehen, denn keiner von denen weiß heute, welches Kind Jesus damals tatsächlich in die Mitte stellte. Solange wir das nicht wissen, können wir nur spekulieren. Und das wird heute leider ausgiebigst gemacht. An der Stelle sollte jeder erkennen, in welchem großen Nachteil wir uns heute befinden im Vergleich zu jenen Menschen, die damals live dabei waren und das Kind wahrhaftig vor sich stehen sahen und vielleicht sogar noch mehr von ihm wussten als nur seinen Namen. Das sollte uns demütig machen. Die Apostel und die anderen frühen Christen kannten jedoch genau die Antworten, die wir heute nicht wissen, weil sie damals Augenzeugen waren oder von Menschen unterwiesen wurden, die Augenzeugen waren. Ohne verlässliche Überlieferungskette sind wir in Wahrheit aufgeschmissen und tappen im Dunkeln.

Das ist der Grund, weswegen wir die frühen Christen brauchen bei der Auslegung von Jesu Worten und Lehren. Denn wenn wir nicht wissen, welches Kind Jesus in die Mitte stellte, sind wir heute jedem Wind der Lehre ausgeliefert, der uns in jede beliebige Richtung weht, je nachdem was sich ein Lehrer zu dem Thema einfallen lässt und welche Art von Kind er sich dafür ausdenkt. Dann sind wir dort, wo heute jeder die Heilige Schrift anders versteht und nach dem eigenen Gutdünken auslegt. Das ist aber Häresie. Und genau dem wollte Jesus entgegenwirken, indem er nicht nur einen theoretischen Lehrsatz formulierte, sondern als Anschauungsbeispiel ein leibhaftiges Kind in die Mitte stellte. Dieses Kind verdeutlichte, was Jesus sagte. Und Jesus tat noch etwas, damit wir nicht falsche Lehren daraus ziehen. Paulus erklärt es uns:

Und Er hat etliche als Apostel gegeben, etliche als Propheten, etliche als Evangelisten, etliche als Hirten und Lehrer, zur Zurüstung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes des Christus, bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zur vollkommenen Mannesreife, zum Maß der vollen Größe des Christus; damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre durch das betrügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen, sondern, wahrhaftig in der Liebe, heranwachsen in allen Stücken zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus. (Eph 4,11-15)

Jesus Christus hat also Vorkehrungen getroffen, damit niemand vom Wind der Lehre hin- und hergeworfen werden muss durch das betrügerische Spiel der Menschen. Was sind diese Vorkehrungen?

Er hat etliche als Apostel gegeben, etliche als Propheten, etliche als Evangelisten, etliche als Hirten und Lehrer, zur Zurüstung der Heiligen

Das ist jetzt vielleicht eine große Enttäuschung für alle, die glauben, Jesus hätte den Heiligen Geist geschickt als Vorkehrung gegen betrügerische Lehren. Falsch. In Wahrheit hat Jesus uns bestimmte Menschen gegeben und das sind die Apostel und - kurz gesagt - alle anderen frühen Christen! Die sind richtig unterwiesen worden von den Augenzeugen und die wissen also, was die richtige Lehre ist und können sie von dem betrügerischen Spiel der Menschen unterscheiden. Jesus übertrug die richtige Lehre immer in die Hand von Menschen, von richtigen Lehrern auf Grundlage der Apostel. Darum heißt sie auch die Lehre der Apostel. Und noch ein sehr interessantes Detail zu dem Thema liefert uns Paulus: wir sollen nicht mehr Unmündige sein! Unmündige sind in der Heiligen Schrift immer Kinder. Oder Erwachsene, die sich wie Kinder benehmen. Also sollen wir laut Paulus nicht mehr Kinder sein. Das ist übrigens keine Einzelaussage von Paulus, sondern er wiederholt sie immer wieder in seinen Briefen und beschämt jene, die sich noch wie Kinder verhalten, etwa die Korinther:

Und ich, meine Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu geistlichen, sondern als zu fleischlichen [Menschen]], als zu Unmündigen in Christus. Milch habe ich euch zu trinken gegeben und nicht feste Speise; denn ihr konntet sie nicht vertragen, ja ihr könnt sie auch jetzt noch nicht vertragen, denn ihr seid noch fleischlich. (1.Kor 3,1-3)

Für Paulus ist es also alles andere als gut, wenn Erwachsene wie Unmündige sind. Sie sind und bleiben dann fleischlich. Das ist ganz schlecht, denn wir sollen geistlich sein. Er führt das später noch genauer aus. Aber widerspricht er damit nicht der Lehre von Jesus, der Seinen Zuhörern sagte, sie müssten werden wie die Kinder? Nein, Paulus widerspricht nicht seinem Herrn Jesus Christus, aber er widerspricht allen betrügerischen Menschen, die mit ihrer Schlauheit andere zu Irrlehren verführen. Das einzige, was dagegen wirkt, haben wir eben gelesen: Die Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer, die Jesus sandte. Das sind in erster Linie die frühen Christen. Diese können uns verlässlich sagen, was Jesus lehrte und meinte, denn sie wurden, wie bereits erwähnt, von den Augen- und Ohrenzeugen Jesu unterwiesen. Es wird also höchste Zeit, dass wir die frühen Christen dazu befragen.

Chrysostomus:

Der Herr will sagen: Ihr fraget, wer der Größte sein werde und seid eifersüchtig auf den Vorrang; ich aber sage euch, wer nicht der Demütigste von allen geworden ist, der ist gar nicht wert, in das Himmelreich einzugehen. Er beleuchtet seine Worte auch noch durch ein schönes Beispiel. Er stellt ein Kind in ihre Mitte, um sie durch den Augenschein anzuleiten und zu bewegen, ebenso demütig und natürlich zu sein. Denn ein Kind kennt nicht Neid, Eifersucht und Ehrgeiz; es besitzt die wichtigsten guten Eigenschaften: Schlichtheit, Einfalt, Demut. Nicht bloß Starkmut und Klugheit sind also notwendig, sondern auch diese Tugenden: Demut und Einfalt. Denn wenn sie uns fehlen, hinkt unser Heil gerade in Bezug auf das Wichtigste. Ein Kind mag man verspotten und schlagen, oder ehren und loben, es wird weder aufgebracht noch neidisch und selbstüberhoben. [...] Ich bin aber überzeugt, er hat ein Kind, und zwar ein noch recht kleines Kind in ihre Mitte gestellt, das ganz frei war von all diesen bösen Eigenschaften. Ein solches Kind nämlich ist nicht keck, ehrgeizig, neidisch, eifersüchtig und wie alle diese Unarten heißen; es besitzt im Gegenteil viele gute Eigenschaften: es ist einfältig, demütig, mischt sich in nichts ein, ist nicht eingebildet. Es ist nämlich doppelt tugendhaft, solche Eigenschaften zu besitzen und sich darüber nicht aufzublähen. Deshalb also rief es der Herr herbei und stellte es in ihre Mitte.

Als ich vor einigen Jahren diesen Abschnitt das erste Mal las, war ich leicht schockiert. Wie ganz anders war doch das Bild, das Chrysostomus von Kindern hatte, als ich! Kinder sind ein Lehrbeispiel für Tugenden wie Schlichtheit, Einfalt und Demut? Ok, einfältig waren Kinder in meinen Augen schon, aber ich wusste, dass Chrysostomus das nicht meinte. Einfalt bedeutete damals was anderes als heute. Seit dem 20.Jahrhundert prägen politische Parolen unser Sprachgefühl und verzerren ursprüngliche Bedeutungen von Worten nicht selten ins Gegenteil. Slogans wie „Vielfalt statt Einfalt“ sollen der breiten Masse sagen, dass Einfalt etwas schlechtes sei, nämlich der Feind der politisch angesagten Vielfalt. „Einfältig“ wird heute gleichgesetzt mit beschränkt oder töricht. Das ist aber nicht die Bedeutung, die diese Wörter in der Bibel und auch noch viele Jahrhunderte danach hatten. Der biblische Begriff „Einfalt“ ist ein durch und durch positiver, durch den Menschen sich auszeichnen, die Gott gefallen. Ein paar Beispiele aus der Schrift:

Und jeden Tag waren sie beständig und einmütig im Tempel und brachen das Brot in den Häusern, nahmen die Speise mit Frohlocken und in Einfalt des Herzens (Apg 2,46)

Wer ermahnt, [diene] in der Ermahnung; wer gibt, gebe in Einfalt; wer vorsteht, tue es mit Eifer; wer Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit! (Röm 12,8)

Denn dies ist unser Ruhm: das Zeugnis unseres Gewissens, dass wir in Einfalt und göttlicher Lauterkeit, nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in göttlicher Gnade gewandelt sind in der Welt, besonders aber bei euch. (2.Kor 1,12)

Ich fürchte aber, es könnte womöglich, so wie die Schlange Eva verführte mit ihrer List, auch eure Gesinnung verdorben [und abgewandt] werden von der Einfalt gegenüber Christus. (2.Kor 11,3)

Ihr Knechte, gehorcht euren leiblichen Herren mit Furcht und Zittern, in Einfalt eures Herzens, als dem Christus (Eph 6,5)

Ihr Knechte, gehorcht euren leiblichen Herren in allen Dingen; nicht mit Augendienerei, um den Menschen zu gefallen, sondern in Einfalt des Herzens, als solche, die Gott fürchten. (Kol 3,22)

Die biblischen Autoren betonen die Einfalt immer als eine christliche Tugend, die geboten ist. Heute sollte man vielleicht besser Reinheit, Unschuld und Aufrichtigkeit dazu sagen. Einfalt vereint diese drei Begriffe. Es sind also Menschen gemeint mit einem reinen, aufrichtigen Wesen. Einfalt wird oft im Zusammenhang mit Gehorsam gegenüber Obrigkeiten verwendet. Knechte sollen gegenüber ihren Herren in Einfalt gehorsam sein, oder Kinder gegenüber ihren Eltern. Und da sind wir exakt bei dem Punkt, den Chrysostomus macht. Er spricht von Schlichtheit, Demut und Einfalt. Einfalt habe ich gerade erklärt. Was er mit Demut meint, führt er selbst aus: 

Ein Kind mag man verspotten und schlagen, oder ehren und loben, es wird weder aufgebracht noch neidisch und selbstüberhoben.

Wer kennt heute ein Kind, das sich so verhält, wenn es geschlagen oder verspottet, geehrt oder gelobt wird? Ich fürchte, wir werden heutzutage nicht viele Kinder finden in der westlichen, modernen Gesellschaft, die weder aufgebracht noch neidisch oder stolz werden in solchen Fällen, oder? Und deswegen tun wir uns schwer, weil wir andere Kinder vor Augen haben als die frühen Christen. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass heute die Methoden der Erziehung völlig gegensätzlich sind zu jenen damals - und entsprechend auch die Ergebnisse. Damals galt Körperstrafe, Zurechtweisen und Schimpfen als Ausdruck von Liebe und war selbstverständlicher Teil jeder guten Erziehung. Heute gilt all das als lieblos und ist in manchen Ländern sogar verboten. Das wirft nicht nur ein anderes Licht auf Worte wie Liebe, sondern auch auf das ideale Verhalten von Eltern und Kindern. Das müssen wir uns vor Augen halten.

Chrysostomus sagt uns also, dass Jesus damals ein Kind in die Mitte stellte, dass sich willig demütigen ließ, das nicht aufbegehrte wenn es geschlagen oder verspottet wurde und das nicht überheblich und aufgebläht wurde, wenn man es lobte und ehrte. Es war also ein bescheidenes Kind, das dankbar sowohl Zurechtweisung und Lob, Züchtigung und Ehrung annahm. Es war ein Kind, dass sich willig erziehen ließ und dabei ein reines, unschuldiges Herz bewahrte. Und so sagte Jesus, müssen wir alle werden, damit wir überhaupt ins Himmelreich kommen.

Kann diese Lehre stimmen oder irrte sich Chrysostomus?

Konsultieren wir einen früheren Lehrer, etwa Clemens von Alexandria:

Was aber das Gesagte bedeutet, wird uns der Herr selbst erklären, wenn er sagt: „So ihr nicht umkehrt und wie diese Kinder werdet, werdet ihr nimmermehr in das Himmelreich eingehen“, wobei er in diesem Falle nicht sinnbildlich von der Wiedergeburt sprach, sondern uns die bei Kindern zu findende Einfalt zur Nachahmung vor Augen stellte. (Clemens von Alexandrien (150-215) Paidagogos (BKV) Erstes Buch, V. Kapitel. Daß alle die sich mit der Wahrheit beschäftigen, bei Gott Kinder sind.,12.4.)

Denn das ist der Sinn des Wortes: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet“, mit reinem Leib und heiliger Seele infolge der Vermeidung böser Werke, indem uns Gott mit jenem Wort zeigen will, daß er uns so haben will, wie er uns aus dem Mutterschoß der Taufe geboren hat. (Clemens von Alexandrien (150-215, Teppiche (BKV), Viertes Buch, XXV. Kapitel, 160.2)

Clemens zitiert diese Lehre von Jesus gerne und oft in seinen Lehrbüchern. Ich habe hier nur mal zwei hervor geholt. Sie stimmen mit Chrysostomus zu hundert Prozent überein. Auch Clemens spricht von Einfalt und Demut und einem reinen Leib und heiliger Seele, die böse Werke vermeidet. Genau das ist das Ergebnis guter, strenger Erziehung. Denn bei aller Sympathie für die Erfinder der antiautoritären Erziehung muss man als sachlicher Beobachter schon einsehen, dass sie andere Ergebnisse liefert als die autoritäre Erziehung etwa zur Zeit Christi. Es kommt nicht die selbe Sorte von Kindern heraus. Das Ergebnis ist nicht Demut, Einfalt und Schlichtheit, oder? Würde Jesus heute so ein Kind finden wie damals, damit er es in die Mitte stellen könnte? Jesus hat „uns die bei Kindern zu findende Einfalt zur Nachahmung vor Augen gestellt“, wie Clemens es ausdrückt. Wer will diese Einfalt heute nachahmen?

Ich fürchte, die Menschen ziehen heute lieber andere Lehren aus der Geschichte und das klappt solange, solange sie sich selbst ein Kind ausdenken, das Jesus gemeint haben könnte. Die frühen Christen wussten jedoch, wer das war. Es gibt eine sehr interessante Überlieferung, wonach dieses Kind ein ganz bestimmter Junge war, nämlich Ignatius von Antiochien, der später ein Schüler des Apostel Johannes wurde.

Bekanntlich wurde er im Laufe der Zeit mit dem Kind identifiziert, das Christus seinen Jüngern als Vorbild der Demut vorstellte. Es hieß, der Heiland habe ihn in seine Arme genommen, und daher erhielt Ignatius den Namen Theophorus, d.h. nach der Erklärung, die diese Legende für das Wort gibt, einer, der von Gott getragen wird. Aber in Kap. II der folgenden Erzählung (gemeint ist das Martyrium des Ignatius) wird der Begriff so erklärt, dass er „einer, der Christus in seiner Brust trägt“ bedeutet; und diese einfache Erklärung, zusammen mit dem völligen Schweigen über die Wunder, die später mit dem Namen Ignatius verbunden wurden, ist sicherlich ein starkes Argument für die frühe Datierung und die wahrscheinliche Echtheit der Erzählung. (Introductory Note to the Martyrdom of Ignatius, ANF01. The Apostolic Fathers with Justin Martyr and Irenaeus, p.127.)

Kritiker sagen, sie glauben das nicht, weil es keine Beweise für die Geschichte gibt. Leute, die nach Beweisen schreien, sind meist jene, die die Wahrheit gar nicht hören sondern bekämpfen wollen und wurden auch schon von Jesus abgewiesen. Andere hingegen sehen, wie gut eigentlich alles passt und entdecken hinter dieser Geschichte erstaunliche Übereinstimmungen mit Jesu Lehre. Zum Beispiel spricht Jesus, nachdem Er das Kind in die Mitte gestellt hatte, noch zwei weitere bedeutsame Sätze:

Wer nun sich selbst erniedrigt wie dieses Kind, der ist der Größte im Reich der Himmel. Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf.

Hier sehen wir, dass Jesus auch von Erniedrigung spricht und diese zum Ziel macht. Chrysostomus und Clemens wichen also nicht von Jesu Worten ab, sie hatten Jesu Schwerpunkt verstanden. Das Kind ist ein Symbol für Demut, Selbsterniedrigung und die anderen genannten Tugenden. Welches Kind würde heute dafür ein Vorbild sein? Wird Kindern heute überhaupt Demut und Selbsterniedrigung beigebracht? Wird Kindern heute nicht stattdessen gelehrt, wie man sich wehrt und aufbegehrt? Werden Kindern heute nicht schon früh ihre Rechte eingeschärft und wie sie diese sogar mit Polizeigewalt einfordern können? Wer Ignatius von Antiochien näher kennt, weiß aber, dass er nicht wie die eben beschriebenen modernen Kinder war, sondern demütig, schlicht und mit Einfalt des Herzens. Und das sein Leben lang bis zu seinem grausamen Märtyrertod, wo er sich das letzte Mal willig demütigen ließ und alles mit heiliger Schlichtheit und Einfalt im Herzen ertrug. Und noch etwas passt hervorragend zu ihm: Der zweite Satz, den Jesus danach sagte:

Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf.

Genau denselben Satz sagte Jesus auch noch in einem anderen Zusammenhang:

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer den aufnimmt, den ich senden werde, der nimmt mich auf (Joh 13,20)

Ignatius war später ein Schüler von Apostel Johannes und wurde Bischof. Er war tatsächlich ein Gesandter von Jesus Christus bis in den Tod. Da stimmt dann Jesu Aussage über den kleinen Jungen nicht nur rhetorisch, sondern auch wirklich im echten Leben. Und das wäre nicht untypisch für unseren Herrn, der die Herzen der Menschen und ihre Zukunft kennt. Wir können also die Tiefe und Weite der Lehre Christi erkennen mithilfe der Überlieferung der frühen Christen, oder uns durch das betrügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen, von jedem Wind der Zeitgeistlehren hin und hertreiben lassen. Es liegt an uns, wem wir glauben und auf wen wir hören. Das Gesamtbild der Heiligen Schrift ist jedoch eindeutig: Kinder sollen erwachsen werden, Unmündige sollen mündig werden - und nicht umgekehrt!

Als ich ein Unmündiger war, redete ich wie ein Unmündiger, dachte wie ein Unmündiger und urteilte wie ein Unmündiger; als ich aber ein Mann wurde, tat ich weg, was zum Unmündigsein gehört. (1.Kor 13,11)

 Ihr Brüder, werdet nicht Kinder im Verständnis, sondern in der Bosheit seid Unmündige, im Verständnis aber werdet erwachsen. (1.Kor 14,20)

Über ihn haben wir viel zu sagen, und zwar Dinge, die schwer zu erklären sind, weil ihr träge geworden seid im Hören. Denn obgleich ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, habt ihr es wieder nötig, dass man euch lehrt, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind; und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise. Wer nämlich noch Milch genießt, der ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit; denn er ist ein Unmündiger. Die feste Speise aber ist für die Gereiften, deren Sinne durch Übung geschult sind zur Unterscheidung des Guten und des Bösen. (Hebr 5,11-14)

Fazit

Jesus lehrte nie, dass Erwachsene kindisch werden oder bestimmte kindliche Verhaltensweisen an den Tag legen sollen, die dem Zeitgeist gerade kindgerecht vorkommen, sondern Er hatte einen einzigen klaren Lehrgedanken, den Er anhand eines konkreten Kindes den Leuten vor Augen stellte: Erwachsene müssen sich genauso wie Kinder willig zurechtweisen, korrigieren, ermahnen und loben lassen wie es ein gutes Kind macht, nämlich mit Demut, Schlichtheit und Einfalt des Herzens, ohne mürrisch, widerspenstig oder auch prahlerisch zu werden. Leider haben diese wichtigen Tugenden damals wie heute viele Erwachsene abgelegt und verschanzen sich stattdessen auf einem Status, wo sie sich nichts mehr sagen lassen wollen. Solche werden nicht ins Himmelreich kommen, sagte Jesus, und haben in der Gemeinde Christi nichts verloren. Das lernten die Apostel bei Jesus und gingen mit gutem Beispiel voran. An ihrer Praxis sehen wir, wie oft und willig sie sich zurechtweisen ließen von ihrem Herrn und wie sie ihre Schüler und Gemeinden darin erzogen. So wie Väter ihre Kinder erziehen. Mir fällt auf, wie oft die Apostel in ihren Briefen ihre Empfänger „Kinder“ nennen, sie zurechtweisen, ermahnen, richten und auch Gemeindezucht betreiben. Das ist das Prinzip im Leib Christi und in der Ordnung Gottes. Denn Gott hat ganz bewusst Obrigkeiten geschaffen, denen wir gehorchen müssen und die an uns arbeiten, mitunter ein Leben lang. Eltern arbeiten an Kindern, Lehrer an Schülern, Herren an Knechten, Älteste (Presbyter, Bischöfe) an der Gemeinde, um nur ein paar Beispiele zu nennen. 

Wir bitten euch aber, ihr Brüder, dass ihr diejenigen anerkennt, die an euch arbeiten und euch im Herrn vorstehen und euch zurechtweisen, und dass ihr sie umso mehr in Liebe achtet um ihres Werkes willen. Lebt im Frieden miteinander! (1.Thess 5,12-13)

Diese Haltung meinte Jesus und zeigte sie mit einem Kind, das seine Eltern liebt, die es streng erziehen. Deswegen muss jeder Christ jene Menschen, die ihm von Christus vorgesetzt werden, umso mehr in Liebe achten, je mehr sie an ihm arbeiten, ihm vorstehen, ihn zurechtweisen. Und deswegen lautet andererseits das Gebot, dass jeder Bischof, Älteste und Vorsteher einer sein muss,

der seinem eigenen Haus gut vorsteht und die Kinder in Unterordnung hält mit aller Ehrbarkeit — wenn aber jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes sorgen? (1.Tim 3,4-5)

Hier noch ein paar weitere Stellen zum Ausklang, die all das unterstreichen:

Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.« Wenn ihr Züchtigung erduldet, so behandelt euch Gott ja als Söhne; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, an der sie alle Anteil bekommen haben, so seid ihr ja unecht und keine Söhne!

Zudem hatten wir ja unsere leiblichen Väter als Erzieher und scheuten uns vor ihnen; sollten wir uns da nicht vielmehr dem Vater der Geister unterwerfen und leben? Denn jene haben uns für wenige Tage gezüchtigt, so wie es ihnen richtig erschien; er aber zu unserem Besten, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden.

Alle Züchtigung aber scheint uns für den Augenblick nicht zur Freude, sondern zur Traurigkeit zu dienen; danach aber gibt sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind. (Hebr 12,6-11)

Ihr wisst ja, wie wir jeden Einzelnen von euch ermahnt und ermutigt haben wie ein Vater seine Kinder, und euch ernstlich bezeugt haben, dass ihr so wandeln sollt, wie es Gottes würdig ist, der euch zu seinem Reich und seiner Herrlichkeit beruft. (1.Thess 2,11-12)

Wir ermahnen euch aber, Brüder: Verwarnt die Unordentlichen, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen jedermann! Seht darauf, dass niemand Böses mit Bösem vergilt, sondern trachtet allezeit nach dem Guten, sowohl untereinander als auch gegenüber jedermann! Freut euch allezeit! Betet ohne Unterlass! Seid in allem dankbar; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch. Den Geist dämpft nicht! Die Weissagung verachtet nicht! Prüft alles, das Gute behaltet! Haltet euch fern von dem Bösen in jeglicher Gestalt! (1.Thess 5,14-22)

Als gehorsame Kinder passt euch nicht den Begierden an, denen ihr früher in eurer Unwissenheit dientet, sondern wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel. (1.Petr 1,14-15)

Meine Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt! (1.Joh 2,1)

Der Herr schenkt mir eine Zunge (guter) Erziehung, dass ich erkenne, wann es nötig ist, ein Wort zu sprechen, er verlieh (sie) mir am Morgen, verlieh mir dazu ein Ohr, um zu hören. Und die Erziehung des Herrn öffnet meine Ohren, ich aber bin nicht ungehorsam und widerspreche nicht. Meinen Rücken habe ich Geißelhieben ausgesetzt, meine Wangen aber Ohrfeigen, mein Gesicht aber wendete ich nicht ab von der Schande des Bespucktwerdens; und der Herr wurde mein Helfer, deshalb schämte ich mich nicht, sondern machte mein Gesicht wie harten Fels und erkannte, dass ich gewiss nicht zuschanden würde. (Jes 50,4-7, Septuaginta Deutsch)