• Feierten die frühen Christen Jesu Geburtstag und wenn ja, wann?
Die Anbetung der Hirten, Gerard v. Honthorst, 17.Jh

Es pflegen nämlich viele Heiden, wenn sie von der Geburt Gottes im Fleische hören, darüber zu spotten und zu schmähen, und so bringen sie denn manche von den weniger unterrichteten Christen in Verlegenheit und Verwirrung. Deßhalb muß ich einige Worte gegen diese Heiden, und an die durch solches Gerede verwirrten Christen richten, damit diese sich nicht mehr von dummen Menschen bethören, und nicht durch den Hohn der Ungläubigen ausser Fassung bringen lassen. Auch kleine Kinder pflegen oft darüber zu lachen, wenn wir von ernsten Sachen reden und uns um nothwendige Dinge eifrig bemühen, allein ihr Lachen beweis’t nicht, daß die belachten Dinge geringfügig und bedeutungslos, sondern beweis’t nur, daß die Lacher ohne Verstand sind.

Das ist auch von diesen Heiden zu sagen, daß sie nämlich fast mit mehr als kindischem Unverstand die heiligsten und ehrwürdigsten Dinge bespötteln, dagegen das wahrhaft Lächerliche ehren und verherrlichen. Allein durch ihren Spott können unsere heiligen Geheimnisse Nichts von ihrer Ehrwürdigkeit verlieren, kann ihre Herrlichkeit nicht im Geringsten geschädigt werden, wie auch andererseits Das, was sie ihr eigen nennen, nothwendig seine Häßlichkeit und Abscheulichkeit verräth, mag es auch von ihnen auf jede Weise verherrlicht werden. Denn es ist ein Wahnsinn ohne Gleichen! wenn sie ihre Götter in Steine, in Holzstämme und in Standbilder von ganz gewöhnlicher Sorte einziehen lassen, und darin einsperren wie in einem Gefängniß, dann gleiten sie leicht darüber hinweg und meinen nichts Ungehöriges zu thun oder zu behaupten; wenn wir aber sagen, daß sich Gott durch den heiligen Geist einen lebendigen Tempel zubereitet hat, um durch ihn der Welt das Heil zu bringen: dann treffen uns ihre Schmähungen! Und wie könnte denn diese Lehre einen Tadel verdienen? Wenn es unziemlich wäre, daß Gott in einem menschlichen Leibe wohnt, so ist doch jedenfalls seine Einwohnung in Holz und Stein noch weit mehr unziemlich, und zwar in demselben Grade, als Holz und Stein der menschlichen Natur nachstehen; oder sie müßten denn dafür halten, daß unser Geschlecht sogar tiefer stehe als diese vernunftlosen Geschöpfe. Sie lassen die göttliche Wesenheit sogar in Katzen und Hunden wohnen! Viele Häretiker weisen ihr noch schimpflichere Wohnungen an. Vor solchen Lehren schreckt man nicht zurück. Wir aber behaupten solche Ungeheuerlichkeiten keineswegs, wir mögen es nicht einmal anhören.

Das lehren wir vielmehr, daß Christus aus einem jungfräulichen Mutterschooße einen reinen, heiligen, makellosen, jeder Sünde unzugänglichen Leib angenommen, und dadurch seine eigene Schöpfung zu neuer Würde emporgehoben hat. Behaupten nicht jene Heiden und die Manichäer, die ja zu denselben gottlosen Lehren bekennen, daß die göttliche Wesenheit sich mit Affen, Hunden und Thieren aller Art verbinde? Das ist ihre Lehre; denn sie stellen bekanntlich den Satz auf, daß alle diese Thiere aus dem göttlichen Wesen ihre Seele erhalten. Vor dieser Lehre schrecken sie nicht zurück; dieser Lehre schämen sie sich nicht. Und uns die wir selbst von dem Gedanken an solche Lehren weit entfernt sind, uns zeihen sie unwürdiger Vorstellungen über Gott den Herrn! Und weßhalb? Weil wir uns zu einer Wahrheit bekennen, die durchaus Gottes würdig ist: daß er nämlich, in die Welt eintretend, durch seine Geburt und die Art und Weise seiner Geburt seine eigene Schöpfung wieder hergestellt und gehoben hat.

Was sind das doch für Behauptungen, du Mensch, zu denen du dich versteigst? Göttlichen Wesens sind für dich die Seelen der Mörder und Teufelskünstler; wie kannst du es wagen, gegen unsere Lehre Klage zu erheben, da wir doch dergleichen schnöde Behauptungen entfernt nicht zulassen, nicht einmal anhören mögen? — ja wir betrachten sogar die Bekenner solcher Lehren als Theilnehmer an der Gottlosigkeit. Wie kannst du es also wagen, uns zu schmähen wegen der Lehre, daß sich Gott [bei der Menschwerdung] einen heiligen Tempel zubereitet und dadurch die Lebensweise der Himmelsbewohner in unser irdisches Leben verpflanzt hat?

Ihr habt unzweifelhaft tausendmal den Tod verdient, sowohl wegen der Schmähungen, mit denen ihr uns überhäuft, als auch wegen der Frevel, die ihr unablässig begeht. Denn wenn es in der That, wie ihr behauptet, Gottes unwürdig ist, einen reinen, makellosen Leib zu seiner Wohnung zu erwählen, dann ziemt es sich noch weit weniger, daß er statt des heiligen, unbefleckten und jetzt zur Rechten des Vaters thronenden Leibes den Leib des Teufelskünstlers, des Räubers, des Grabschänders, des Affen, des Hundes bewohne. Wie könnte denn aus dieser Mensch werdung für Gott den Herrn ein Nachtheil erwachsen oder eine Befleckung entstehen? Betrachtet doch diese unsere Sonne, eine sichtbare, zerstörbare, vergängliche Creatur, — denn das ist sie, wenn auch die Heiden und Manichäer bei dieser Behauptung tausendmal vor Ärger bersten wollen. Aber nicht bloß die Sonne, sondern auch die Erde, das Meer und überhaupt die ganze sichtbare Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen.

Höre, wie Paulus uns diese Wahrheit verkündigt: „Denn der Nichtigkeit ist die Schöpfung unterworfen worden, nicht freiwillig, sondern um dessen willen, welcher sie unterworfen hat auf Hoffnung hin.“ Dann lehrt er auch, was die Worte: „der Nichtigkeit unterworfen“ bedeuten. Er fügt nämlich hinzu: „weil auch sie selber, die Schöpfung, befreit werden wird aus der Knechtschaft der Verderbtheit in die Freiheit der Glorie der Kinder Gottes.“ Sie ist also jetzt vergänglich und verderbt. Denn in der Knechtschaft der Verderbtheit sein, Das heißt nichts Anderes, als zerstörbar sein. Ich wollte also sagen: Diese unsere Sonne, ein materielles, verderbtes Ding, sendet überall ihre Strahlen hin; auch mit Schmutz und Unrath u. s. w. tritt sie in Gemeinschaft; wird aber durch diese Gemeinschaft ihre Reinheit geschädigt? Zieht diese Sonne nicht vielmehr die Strahlen in ihrer ganzen Reinheit wieder zurück, nachdem sie die Vorzüge ihrer Natur einer großen Menge von Dingen, die ihre Strahlen auffangen, mitgetheilt, aber von dem Gestank und Schmutz auch nicht das Geringste angenommen hat? Wenn dem so ist, dann ist die Wahrheit noch viel glaubhafter, daß die Sonne der Gerechtigkeit, der höchste Herr der Geisterwelt, durch seine Einkehr in einen reinen Leib nicht bloß keine Befleckung erlitten. sondern sogar eben diese menschliche Natur zu einer größern Reinheit und Heiligkeit erhoben hat. Das alles wollen wir recht erwägen und zugleich des Wortes gedenken: „Wohnen will ich in euch und unter euch wandeln;“ und des andern Ausspruches: seid ein Tempel Gottes, und der Geist Gottes wohnt in euch.“ Das wollen wir auch auf ihre Angriffe antworten und so den unverschämten Mund der Gottlosen verstummen machen. Zugleich aber laßt uns frohlocken über die Gnaden und Vorzüge, die uns zu Theil geworden sind, und preisen den menschgewordenen Gott für eine so große Herablassung und ihm nach Maßgabe unserer Kräfte eine Ehre beweisen und eine Gegenleistung anbieten, wie sie ihm zukommt. Es gibt aber Nichts, womit wir ihm vergelten könnten, als die Sorge für unser Heil und die Rettung unserer Seelen und die fleissige Übung der Tugend.