• Wie ausländerfreundlich ist Gottes Gesetz wirklich?

Dieses und ähnliche andere Zitate hört und liest man dieser Tage immer häufiger mit dem Hinweis, es stünde in der Bibel und sei daher ein Gebot der Christlichkeit.

Tatsächlich steht dieses Gebot in der Bibel [5.Mo 24,17] und noch etliche andere dieser Art. Hier eine kleine Auswahl:

Denn der Herr, euer Gott, ist der Gott über den Göttern und der Herr über den Herren. Er ist der große Gott, der Held und der Furchterregende. Er lässt kein Ansehen gelten und nimmt keine Bestechung an.  Er verschafft Waisen und Witwen ihr Recht. Er liebt die Fremden und gibt ihnen Nahrung und Kleidung - auch ihr sollt die Fremden lieben, denn ihr seid Fremde in Ägypten gewesen [5.Mo 10,17-19].

Einen Fremden sollst du nicht ausbeuten. Ihr wisst doch, wie es einem Fremden zumute ist; denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen [2.Mo 23,9].

Wie ein Einheimischer unter euch soll euch der Fremde sein, der bei euch als Fremder wohnt; du sollst ihn lieben wie dich selbst. Denn Fremde seid ihr im Land Ägypten gewesen [3.Mo 19,34].


Auf den ersten Blick

… sieht es also tatsächlich so aus, als gebiete die Bibel allen Christen selbstlose Fremdenliebe und verbiete jegliche Benachteiligung von Fremden gegenüber Einheimischen. Damit scheinen die konservativen, fremdenkritischen Christen als bigotte Rechtspopulisten entlarvt.


Auf den zweiten Blick

… fällt die doch eigentümliche Begründung auf: „denn ihr seid Fremde in Ägypten gewesen“.

Bis zu diesem Satz wird meist nicht zitiert. Sollte man aber, denn dann erkennt man, dass es ein Gebot an die Israeliten ist, die als Fremde in Ägypten lebten und von dort auszogen. Welcher Christ in der Bibel war schon Fremder in Ägypten?

Tatsächlich stehen alle zitierten Gebote ausschließlich im Alten Testament der Bibel, genauer gesagt in den fünf Büchern Moses. Diese sind die sogenannte Torah, das Gesetz der Juden. Wir befinden uns also eigentlich im Judentum, nicht im Christentum, genauer gesagt im alttestamentlichen Israel. Das sollte man nicht verwechseln mit dem neutestamentlichen Israel und schon gar nicht mit dem Christentum!

An dem Punkt würden viele Christen bereits abbrechen und sagen: „Gilt nicht für uns“. Andere würden meinen, dass manche dieser Gebote nach wie vor gelten. Werfen wir also noch einen Blick darauf.


Auf den dritten Blick

… stellt sich also die Frage, was denn überhaupt das Recht des Fremden im Gesetz Moses sei, das nicht gebeugt werden solle?

Neben dem Gebot den Fremden zu lieben und ihn nicht zu unterdrücken, gibt es das Gebot, dass die Israeliten ihre Felder und Weinberge nicht vollständig abernten dürfen. Die Nachlese müssen sie stehen lassen für den Fremden, die Waise und die Witwe [5.Mo 24,19-22]. Diese dürfen für den Eigenbedarf nachlesen. Bemerkenswert ist hier, dass diese anstrengende Arbeit die Betroffenen selbst erledigen müssen. Es wird nicht von der „Zivilgesellschaft“ für sie gearbeitet und gekocht, sondern es wird vom Gesetz die Grundlage geschaffen, dass sie durch ihrer eigenen Hände Arbeit sich ernähren können.

Grundsätzlich gilt aber eine Ordnung sowohl für die Einheimischen wie auch die Fremden, heißt es ausdrücklich [4.Mo 15,15]. Jeder Fremde muss die Gebote Gottes halten und wird für Übertretungen genauso bestraft wie ein Israelit. Das bedeutet etwa Todesstrafe für Ehebruch, Homosexualität, Mord, Gotteslästerung, Arbeit am Sabbat, den Verzehr von Blut, den Besitz oder Genuss von Sauerteig während des Passas, oder wenn jemand Vater und Mutter verfluchte, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Werfen wir noch einen tieferen Blick auf die Gebote.


Auf den vierten Blick

… sieht man Gebote, die den Fremden benachteiligen.

Von einem Fremden darf man Zinsen verlangen, von einem Bruder nicht [5.Mo 23,21]. Einem Bruder muss man im Erlassjahr (alle 7 Jahre) die Schulden erlassen, von einem Fremden darf man die Schulden jedoch eintreiben [5. Mo 15,3].

Ein Fremder darf nie König werden [5.Mo 17,15].

Ferner darf man einen Bruder nicht Sklavendienst tun lassen, sondern muss ihn wie einen Tagelöhner behandeln, selbst wenn er sich aus Not als Sklave an einen Bruder verkauft. Hingegen dürfen ausländische Sklaven zu normalem Sklavendienst gekauft, herangezogen und wie Eigentum vererbt werden [3.Mo 25,45].

Und schließlich findet man sogar das Verbot der Mischehe mit Fremden, kombiniert mit dem strengen Gebot, die Fremden auszurotten und ihre Altäre und Götzenbilder niederzureißen [5.Mo 7].

Wie kann es sein, dass man die Fremden erst ausrottet und hinterher liebt, achtet und versorgt? Denn genau in der Reihenfolge stehen die Gebote im letzten Buch Mose.

  1. Erst kommt das Gebot der Ausrottung in Kombination mit dem Verbot der Mischehe (Kapitel 7),
  2. später folgen die Gebote der Liebe (Kap 10),
  3. ausländischen Sklaven Asyl zu gewähren (Kap 23),
  4. die Nachlese für die Fremden stehen zu lassen (Kap 24)
  5. und das Recht des Fremden nicht zu beugen (Kap 24 und 27).

Wie passt das alles zusammen?

Werfen wir also einen weiteren Blick darauf.


Auf den fünften Blick

… erkennt man, dass Gott differenziert. Der Bruder ist nicht der Fremde. Der Fremde ist nicht gleich der Fremde. Gerecht nennt das die Bibel.

Mit „Bruder“ ist im Gesetz Moses grundsätzlich der Israelit gemeint, also ein rechtmäßiges Mitglied einer der Stämme Israels, des Volkes Gottes.

Mit „der Fremde“ sind grundsätzlich alle anderen gemeint. Es gibt aber unterschiedliche Fremde im Gesetz. Das zu erkennen ist wesentlich.

Als die Israeliten aus der Sklaverei aus Ägypten geführt wurden, waren sie nicht allein. „Es zog aber auch viel Mischvolk mit ihnen hinauf“ [2.Mo 12,38]. Das Volk Israel hatte also von Beginn an Fremde unter sich, die es versorgte und beschützte! Auf der jahrzehntelangen Reise durch die Wüste ins gelobte Land empfing Mose nach und nach die Gebote von Gott, die er allen Menschen vortrug. Das wurde sogar im Gesetz festgeschrieben, dass alle sieben Jahre das gesamte Gesetz allem Volk vorgelesen werden musste, den Männern, Frauen, Kindern und Fremdendamit sie hören und damit sie lernen und den HERRN, euren Gott, fürchten und darauf achten, alle Worte dieses Gesetzes zu tun!“ [5.Mo 31,12]

Frage dazu: Welcher Staat lässt heutzutage alle seine Gesetze seiner gesamten Bevölkerung regelmäßig vorlesen, den Männern, Frauen, Kindern und Fremden? 

Moses und andere Anführer taten dies in der Bibel mehrmals. Auch noch Jahrhunderte nach Moses. Das zeugt schon von der besonderen Qualität des Gesetzes und der Nähe des Gesetzgebers zu seinem Volk:

„Denn wo gibt es eine große Nation, die Götter hätte, die ihr so nahe wären wie der HERR, unser Gott, in allem, worin wir zu ihm rufen? Und wo gibt es eine große Nation, die so gerechte Ordnungen und Rechtsbestimmungen hätte wie dieses ganze Gesetz, das ich euch heute vorlege?“ [5.Mo 4,7+8]

Ein moderner Mensch kennt heutzutage kaum das Gesetz, an das er sich halten soll, sondern kommt damit erst in Berührung, wenn er damit in Konflikt gerät.

Auf der Reise begegneten die Israeliten anderen Völkern. Manche waren dem Volk Israel freundlich gesinnt, manche feindlich. Das schlug sich in den Geboten Gottes nieder. So wird etwa festgelegt, dass die Ammoniter und Moabiter niemals an der Versammlung des HERRN teilnehmen durften, bis in alle Ewigkeit nicht [5.Mo 23,4], während andererseits geboten wurde die Ägypter und Edomiter stets wie Brüder zu behandeln [5.Mo 23,8]. Bestimmte Fremde wurden also ausgeschlossen, andere geduldet, wiederum andere sogar wie Brüder behandelt. Von Gesetz wegen.

Besonders hart war Gott gegen die sieben Nationen im Land Kanaan. Über diese fällte Er pauschal das Todesurteil und Israel musste per Gesetz den Henkerjob ausführen [5.Mo 7].

Warum und nach welchen Kriterien differenziert Gott so schwerwiegend? Werfen wir also noch einen Blick darauf.


Auf den sechsten Blick

… erkennt man, dass Gott Gräuel nicht ungestraft lässt, egal ob sie von Israel oder fremden Völkern verübt wurden. Sodom [1. Mo 13,13 ] und Gomorra [1.Mo 18,16-19,29] gelten bis heute als abschreckendes Beispiel abgrundtief sündiger Städte, die von Gott wegen ihrer Gräuel vernichtet wurden.

Nachdem im Gesetz Moses definiert wurde, was für Gott ein Gräuel ist (z.B. Götzendienst, Menschenopfer, Zauberei, Wahrsagerei, Totenbeschwörung, Tempelprostitution, Mord, Homosexualität, Sex mit Tieren, Sex mit Blutsverwandten, Sex während der Menstruation, Ehebruch, u.a.), wird über die Völker in Kanaan folgendes gesagt:

Denn durch all dieses haben die Nationen sich unrein gemacht, die ich vor euch vertreibe. Und das Land wurde unrein gemacht, und ich suchte seine Schuld an ihm heim, und das Land spie seine Bewohner aus. Ihr aber, ihr sollt meine Ordnungen und meine Rechtsbestimmungen halten, und ihr sollt nichts tun von all diesen Gräueln, der Einheimische und der Fremde, der in eurer Mitte als Fremder wohnt [3.Mo 18,24-26].

Bevor Gott das Volk Israel in das gelobte Land lässt, legt Er ihm Segen und Fluch vor, je nachdem ob das Volk gehorsam oder ungehorsam sein würde. Der Fluch beinhaltet allerlei Katastrophen darunter auch jene:

Der Fremde, der in deiner Mitte wohnt, wird höher und höher über dich emporsteigen, und du, du wirst tiefer und tiefer hinabsinken. Er wird dir leihen, du aber wirst ihm nicht leihen können; er wird zum Haupt, du aber wirst zum Schwanz [5.Mo 28,43].

Es ist also nicht nur so, dass Gott die Israeliten verwendet, um die Fremden zu bestrafen, sondern auch umgekehrt. Dass der Fremde aufsteigt und zum Haupt wird, also dominant wird, ist ein Fluch Gottes für Ungehorsam gegenüber den Geboten Gottes! Dieser Fluch ging mehrmals in Erfüllung in der Geschichte Israels. Die Bibel berichtet darüber.

Fazit:

Der Gott der Bibel liebt die Fremden, aber er hasst ihre fremden Götter, ihre Gottlosigkeit, ihre Gräueltaten. Darum fordert Er von den Fremden genau die selben Gebote ein wie von seinem Volk Israel.

Wer also biblische Gebote wie „Du sollst das Recht des Fremden nicht beugen“ oder „Du sollst den Fremden lieben wie dich selbst“ einfordert, muss das ganze Gesetz Moses einfordern.

Und das beginnt beim ersten Gebot:

Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausgeführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. [5. Mo 5,6]

Jeder Verstoß gegen dieses Gebot musste mit dem Tod bestraft werden [5.Mo 17,2ff].

Allein schon der Versuch, das Volk zur Verehrung eines fremden Gottes zu verleiten, musste mit dem Tod bestraft werden [5. Mo 13].

Was wäre also einem Flüchtling nach dem Gesetz Moses widerfahren, der

  • einen anderen Gott gepredigt oder verehrt hätte als den Gott Israels? Todesstrafe!
  • sich dem Gerichtsspruch eines Richters widersetzt hätte? Todesstrafe! [5.Mo 17,12]
  • vor Gericht falsch ausgesagt (gelogen) hätte? Harte Strafe, sogar Tod [5.Mo 19,16-21].
  • jemand zusammengeschlagen hätte, sodass dieser starb? Todesstrafe! [4.Mo 35,21]

Und all das wäre absolut im Einklang gewesen mit dem Gebot „Du sollst den Fremden lieben“.

Denn Liebe beinhaltet bei Gott in der Bibel immer auch Strafe und Züchtigung. So steht geschrieben „Denn wen der HERR liebt, den züchtigt er wie ein Vater den Sohn, den er gern hat.“ [Spr 3,12] Diese Definition von Liebe steht im krassen Gegensatz zu jener, die der Zeitgeist und die von ihm besessenen liberalen Christen heute lehren. Und das ist eines der größten Probleme: wer die Bedeutung der Worte der Bibel nicht biblisch versteht, kann auch nicht die biblischen Gebote verstehen.

Das Gebot „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ kennt jeder. Wer aber kennt das Gebot „Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld trägst und sollst Sünde auf ihm nicht ertragen.“ [3.Mo 19,17]? Dieses Gebot steht im Gesetz Moses genau einen Satz vor jenem der Nächstenliebe [3.Mo 19,18]! Beide Gebote gehören zusammen, bilden erst miteinander den geforderten Sinnzusammenhang. Die Nächstenliebe erlaubt dem Nächsten also nicht, dass er ungestört seine egoistische, rebellische oder kriminelle Energie auslebt. Sondern sie schreitet zurechtweisend und strafend ein. Denn das ist das Wesen der Liebe in der Bibel: sie beugt Unrecht vor, bringt rechtzeitig zurecht und weist den Weg, um alle vor Schlimmerem zu bewahren.

Das Volk Israel wurde durch die Gebote Gottes also nicht erzogen weg zu sehen und zu vertuschen, sondern aufmerksam zu sein und hinzusehen bei sich selbst, beim Bruder, Nächsten und Fremden. Wiederholungs-, Serien- oder Nachahmungstäter werden verhindert. Denn „das ganze Volk soll es hören. Und sie sollen sich fürchten und nicht mehr vermessen handeln.“ [5.Mo 17,13]

Es findet sich in den biblischen Geboten also weder Freiraum für Multikulti noch für Religionsfreiheit, stattdessen ist vollständige Assimilation geboten. Ferner ist in dem Gesetz Moses der Fremde nicht vollständig gleichgestellt dem Einheimischen (-> Auf den vierten Blick). Schließlich sind in der Bibel nicht alle Fremden willkommen (-> Auf den fünften Blick). Mit jenen, die Gräueltaten begehen oder andere zum Abfall verleiten darf es keine Gemeinschaft geben [5.Mo 7,1ff].

Hört sich das alles nun eher wie ein linkes Konzept an oder wie ein rechtes?

Viele werden nun erwidern, dass wir aber nicht in einem alttestamentlichen, jüdischen Gottesstaat leben. Richtig. Aber dann dürfen wir auch nicht das Alte Testament und das Gesetz Moses herbei rufen! Das passt nicht. Denn die Gebote Gottes sind kein Supermarktregal aus dem man sich die Produkte herausnimmt, die gefallen!

Andere werden meinen, dass das Gesetz Moses auch heute noch volle Gültigkeit hat, auch für Christen. Ist dem so? Werfen wir zum Abschluss also einen Blick in das Neue Testament.


Auf den siebenten Blick

… erkennt man, dass das Gesetz Moses auch im Neuen Testament gilt, mit entscheidenden Modifikationen.

Jesus Christus stellte klar, dass er nicht gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, sondern zu erfüllen [Mt 5,17]. Er hob damit das Gesetz auf einen höheren Level, sodass es richtig voll war. Und er lehrte anhand von einzelnen Geboten, wie diese richtig zu verstehen und zu halten sind. Dabei verschärfte er manche Gebote, andere ließ er auf, und schließlich fügte er neue hinzu. Neu führte Jesus Christus etwa die Gebote der Feindesliebe und Bruderliebe [Joh 13,34] ein.

Die Bruderliebe steht in der Lehre der Apostel über Nächstenliebe und Feindesliebe. So schrieb Apostel Paulus etwa: „Lasst uns also nun, wie wir Gelegenheit haben, allen gegenüber das Gute wirken, am meisten aber gegenüber den Hausgenossen des Glaubens!“ [Gal 6,10]. Die Bruderliebe nimmt einen großen Platz in den apostolischen Lehrbriefen des Neuen Testaments ein, ganze Abschnitte sind ihr gewidmet [z.B. 1.Joh 3 und 4; 1.Kor 13]. Christus hat sie sogar zum Markenzeichen seiner Jünger ernannt:

Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ [Joh 13,35]

Der Zeitgeist aber sagt: „Daran werden alle erkennen, dass ihr Christen seid, wenn ihr Liebe zu den Fremden habt.“

Wer erkennt den Unterschied?

Auch das Neue Testament macht einen Unterschied zwischen Brüdern und Fremden. Der Bruder im Neuen Testament ist allerdings nicht mehr der beschnittene Jude, sondern der getaufte Nachfolger Christi, kurz Christ. Das Aufnahmeritual und Zeichen des Bundes ist nicht mehr die Beschneidung, sondern die Taufe. Die christliche Gemeinde ist das Equivalent im Neuen Testament zum Volk Israel im Alten.

Der Fremde wird im Neuen Testament auch „Heide“ genannt. Damit wurden zunächst alle Nicht-Juden bezeichnet, später dann aber im übertragenen Sinn aus Sicht der Christen alle Nicht-Christen. In beiden Fällen also das Gegenteil vom Glaubensbruder, kurz Bruder.

So wie dem Volk Israel im Alten Testament befohlen wurde, das Böse aus seiner Mitte zu entfernen [5.Mo 13,12;21,21;22,21.24;24,7], genauso wird die christliche Gemeinde im Neuen Testament aufgefordert das Böse aus ihrer Mitte zu entfernen [1.Kor 5,13]. Der große Unterschied liegt aber in der Methode. Während die Juden die Todesstrafe eigenhändig ausführen mussten, haben Christen im Neuen Testament nie getötet. Das Töten hat Christus streng verboten, sogar jenes nur mit Worten. Dennoch gab es Strafe und Züchtigung auch bei Christen im Neuen Testament. Der Bruder, der in Sünde lebte, wurde ermahnt, zurechtgewiesen und im schlimmsten Fall, falls er nicht Buße tat, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und war dann zu behandeln wie ein Heide [Mt 18,15-17].

Wie wurde ein Heide in der Bibel behandelt VON JUDEN?

Die Juden mieden Heiden. Sie betraten nicht mal das Haus eines Heiden, weil sie sich dadurch verunreinigten [Joh 18,28]. Auch Jesus Christus sprach ungern mit Heiden [Mt 15,23-24]. Nach seiner Auferstehung gebot Christus aber seinen Jüngern hinauszugehen und alle Nationen zu Jüngern zu machen, sie zu taufen und zu lehren alles zu bewahren, was er geboten hatte [Mt 28,19]. Dieser Auftrag impliziert also Gespräche und Kontakt mit Heiden, auch das Betreten heidnischer Häuser.

Wie wurde ein Heide in der Bibel behandelt von CHRISTEN?

Mit Sicherheit nicht so herzlich und offen wie ein Bruder. Mit Brüdern hatte man Tischgemeinschaft, Gebetsgemeinschaft, Hausgemeinschaft, ja sogar Gütergemeinschaft. Sie waren „ein Herz und eine Seele“, wird berichtet [Apg 4,32]. Bei Fremden (Heiden) war man reservierter. Sie wurden erst mal geprüft. Jesus wies seine Jünger an, wenn sie in eine Stadt kämen vorher zu prüfen ob sie würdig sei, und dann erst dort einzukehren [Mt 10,11].

Die Christen betraten also nicht wahllos jedes Haus (Petrus etwa wurde von Gott darauf vorbereitet, das Haus eines gottesfürchtigen (!) Heiden zu betreten [Apg 10]). Umgekehrt öffneten sie auch nicht jedem ihr Haus und hießen auch nicht jeden Fremden willkommen. Der Apostel Johannes formulierte folgende Anweisung:

Jeder, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, der hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht! Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken [2.Joh 10].

Das erweist sich an etlichen Stellen im Neuen Testament, dass die Christen bemüht waren, nicht an fremden Sünden teilzuhaben. So lehrten sie etwa auch Zurückhaltung beim Hände Auflegen [1. Tim 5,22].

Die Begegnung zwischen Christen und Fremden fand demnach hauptsächlich auf öffentlichen Plätzen und am Arbeitsplatz statt, in einer freundlich korrekten, aber eher allgemeinen Art der Liebe, nämlich Nächstenliebe. Kein Vergleich zur Bruderliebe. Die Bibel berichtet, dass genau die Bruderliebe und innige Gemeinschaft der Christen im Lobpreis Gottes ihnen Gunst beim Volk einbrachte. Und so kamen täglich neue hinzu, die Christen wurden! [Apg 2,46+47]

Christen waren fleißige, ehrliche Menschen, die nichts von Egoismus und Faulheit hielten sondern einander uneigennützig dienten und zu einem heiligen Lebenswandel ermutigten.

Wenn jemand nicht arbeiten will, soll er auch nicht essen.“[2.Thess 3,10] oder „Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen alle!“ [1.Thess 5,17] oder „Wir gebieten euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der unordentlich und nicht nach der Überlieferung wandelt, die ihr von uns empfangen habt.“ [2.Thess 3,6] waren christliche Grundsätze, die die Aposteln im Neuen Testament lehrten. Und diese sind artverwandt zu den Geboten Gottes im Alten Testament. Auch im alttestamentlichen Volk Israel ermahnte man einander zu einem ordentlichen, gottgefälligen Leben, kümmerte man sich im Gegenzug aber um die Schwachen, und hatten die Arbeitsunwilligen und Unordentlichen keinen Platz.

Der Umgang der Christen untereinander wurde also nicht nur von den Fremden wohlwollend wahrgenommen, sondern war für sie derart erstrebenswert, dass sie das auch wollten und sich ihnen anschlossen. Das war ein wichtiger Motor für die Verkündigung des Evangeliums. Jesu Worte („Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“) erwiesen sich als goldrichtig. Ganz im Gegensatz zur „Liebe“ des Mainstreams heute, die sich auf die Fremden konzentriert und die Christen spaltet.


Fazit:

Während das Volk Israel im Alten Testament ein politischer Gottesstaat war, der Einheimische und Fremde nach den Geboten Gottes richtete und bestrafte, ist die christliche Gemeinde im Neuen Testament kein politischer Staat, sondern die Verkörperung des Reich Gottes, dessen König Jesus Christus ist, das aber nicht von dieser Welt ist.

Daher übten Christen im Neuen Testament keine Gewalt aus, ordneten sich jeder staatlichen Ordnung unter (solange sie mit Gottes Geboten übereinstimmte), unterschieden aber zwischen innen und außen.

Innen war die Gemeinde der Gläubigen wo Bruderliebe, Erbauung, Lehre, Lobpreis, Gottesdienst, gemeinsames Gebet, Gütergemeinschaft und aber auch Ermahnung, Zurechtweisung und Gemeindezucht stattfanden.

Außen war die Welt, wo Nächstenliebe geübt und das Evangelium vom Reich Gottes verkündigt wurde, damit die Menschen ihre Sünden erkennen und Buße tun konnten zur Vergebung ihrer Sünden, sich taufen ließen, Christus nachfolgten und hinzugefügt wurden zur Gemeinde. Dann waren sie nicht mehr Fremde, sondern Gottes Hausgenossen [Eph 2,19].