Ist damit der Zölibat also unbiblisch und gar vom Teufel? Nein! Die freiwillige Ehelosigkeit wird im Neuen Testament sogar gelobt, aber nur dann, wenn sie dem Zweck dient, sich ganz und gar auf Gott zu konzentrieren, anstatt einem Ehepartner gefallen zu wollen. Das kann aber nur für jene gelten, die nicht verheiratet oder bereits verwitwet sind, denn bereits Verheiratete haben eheliche Pflichten, die sie ihrem Ehepartner schulden. Und es kann nicht gelten für jene, die zwar unverheiratet sind, sich aber nicht ein Leben lang beherrschen können oder wollen und durch eine Ehelosigkeit zur Unzucht verführt werden würden, die sollen unbedingt heiraten, wie Paulus befiehlt. Das alles wird ausführlich im Kapitel 7 des Korintherbriefes erläutert. Hier ein paar Auszüge daraus zur Illustration:

um aber Unzucht zu vermeiden, soll jeder Mann seine eigene Frau und jede Frau ihren eigenen Mann haben.

Wenn sie sich aber nicht enthalten können, so sollen sie heiraten; denn heiraten ist besser als in Glut geraten.

Ich will aber, dass ihr ohne Sorgen seid! Der Unverheiratete ist für die Sache des Herrn besorgt, wie er dem Herrn gefällt; der Verheiratete aber sorgt für die Dinge der Welt, wie er der Frau gefällt. Es ist ein Unterschied zwischen der Ehefrau und der Jungfrau. Die Unverheiratete ist besorgt um die Sache des Herrn, dass sie heilig sei sowohl am Leib als auch am Geist; die Verheiratete aber sorgt für die Dinge der Welt, wie sie dem Mann gefällt. Das sage ich aber zu eurem eigenen Nutzen, nicht um euch eine Schlinge um den Hals zu werfen, sondern um des Anstandes willen, und damit ihr ohne Ablenkung beständig beim Herrn bleiben könnt.

Also, wer verheiratet, handelt recht, wer aber nicht verheiratet, handelt besser. (1.Kor 7)

Paulus empfiehlt die Ehelosigkeit aus verschiedenen Gründen, nicht zuletzt weil er in einer Zeit der Verfolgung lebt und daran denkt, wie hart es ist, sich um Kinder und Ehepartner zu sorgen, wenn sie verschleppt, misshandelt oder gar gefoltert werden.

So halte ich nun um der gegenwärtigen Not willen das für richtig, dass es für einen Menschen gut ist, so zu bleiben wie er ist. Bist du an eine Frau gebunden, so suche keine Trennung von ihr; bist du frei von einer Frau, so suche keine Frau. (1.Kor 7,26-27)

Dieser Satz von Paulus wird oft als Befehl zum Zölibat missverstanden. Das ist falsch. Paulus betont noch im Vers 25, dass das kein Befehl Gottes ist, sondern dass er hier eine persönliche Empfehlung als ein geistlicher Mann Gottes abgibt, angesichts der gegenwärtigen Not. Es ist also kein allgemein gültiges Gebot für alle Zeiten, sondern der Not zur Zeit Paulus geschuldet, wo er den Menschen zusätzliches Leid ersparen will, wenn sie sich Sorgen machen müssen um ihre Ehepartner. Viele Menschen sind während solcher Zeiten schon vom Glauben abgefallen, haben ihren Glauben widerrufen, nur um ihre Ehepartner vor dem Foltertod zu retten. Paulus weiß, was Ehe in solchen Zeiten für Sorgen und Nöte mit sich bringen kann. Auf der anderen Seite bedenkt er auch, was es für seelische Nöte und körperliche Versuchungen mit sich bringen kann, wenn man sich in Glut verzehrt und keinen Ehepartner hat, und da ist es wiederum besser zu heiraten. Diese Entscheidung muss jeder selbst treffen. Weder Paulus noch Gott befehlen hier etwas.

Was Gott aber schon streng verboten hat - und was man der Vollständigkeit halber an der Stelle heutzutage extra erwähnen muss - ist jede Art von Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe, das nennt die Bibel kategorisch Unzucht und ist eine Todsünde. Das muss man verstanden haben, um die Brisanz des Zölibats, wie er in der Bibel gemeint ist, zu verstehen. Wer sich zu einem Zölibat verpflichtet, der Gott auch gefällt, der entsagt sich damit ein Leben lang der ausgelebten Sexualität! Im Zölibat darf es keinen Sex geben, denn Sex darf es nur in der Ehe geben und Zölibat ist Verzicht auf Ehe! Das verstehen die meisten Menschen heute nicht (und übrigens auch die meisten Priester, die im Zölibat leben nicht!), denn sie sagen sich, ok, dann heirate ich halt nicht und hab trotzdem mein Sexualleben mit beliebig vielen Partnern, ist ja sogar praktischer, weil dann bin ich freier. Und so leben heute die meisten Menschen sowieso ehelos, haben aber jede Menge Sex. Das betrachtet Gott in der Bibel aber als Unzucht, die Ihm ein Gräuel ist und die Er daher schwer bestraft. Unzucht ist sowohl den Juden als auch den Christen in der Bibel ein Gräuel. Die heidnischen Römer und Griechen sahen das hingegen lockerer, sie hatten vor und neben der Ehe hemmungslos Sex mit verschiedenen Partnern, so wie heute die Mehrheit der Menschen in den westlichen, humanistischen Ländern.

Für alle Menschen aber, die sich an die Gebote Gottes in der Bibel halten, ist die Frage, ob man auf Ehe verzichtet (und somit im Zölibat lebt), automatisch eine, ob man sich lebenslang enthalten kann oder nicht. Wer nicht keusch (enthaltsam, ohne Sex) leben kann, der soll heiraten. Das gebietet die Bibel ganz klar. Tatsächlich findet man in der Bibel auch kaum Menschen, die sich bewusst dem Zölibat verpflichteten.

Als Paradebeispiele für zölibatär lebende Menschen in der Bibel gelten heute Jesus Christus und Paulus. Doch das sind zwei schlechte Beispiele.

Jesus Christus war nicht verheiratet, hat sich aber dennoch nie dem Zölibat verschrieben. Er legte keinen Eid ab, kein Versprechen, den Zölibat zu leben. Ganz im Gegenteil: er sprach davon, dass er heiraten wird. Er gilt in der Lehre der Apostel als der Bräutigam, der, wenn er am Ende wieder kommt, seine Braut holen und heiraten wird. Seine Braut ist die Gemeinde Christi. Es wird am Ende eine große Hochzeit geben. Ehe ist ja, wie bereits erwähnt, ein Bild für die Beziehung von Gott zu Mensch. Auf der anderen Seite darf man Jesus nicht nur als Mensch sehen. Er ist Gottes Sohn. Er verließ für eine kurze Zeit seine Göttlichkeit, wurde Mensch auf der Erde, und machte hier nur das, was sein Vater im Himmel ihm sagte und zeigte. Irdische, menschliche Ehe war da nicht dabei. Aber eben auch nicht der Zölibat. Jesus hat sich nie ehefeindlich geäußert, auch wenn manche seiner Aussagen gern in diese Richtung verzerrt werden.

Wer Paulus als Vorbild für den Zölibat versteht, ist entweder ein Unwissender oder ein Irrlehrer, der nicht weiß oder absichtlich leugnet, dass Paulus verheiratet war.

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    • Zölibat

      Das Wort Zölibat kommt in der Bibel nicht vor und ist daher nicht biblisch.