• Welcher Stern war das überhaupt und wer folgte ihm?

Und nun! Weshalb erschien denn der Stern?

Um die Gefühllosigkeit der Juden etwas aufzuregen und ihnen jede Möglichkeit einer Entschuldigung für ihre Verblendung zu benehmen. Da nämlich der, der da kommen sollte, den Alten Bund auflösen wollte, und die ganze Welt einlud, ihm zu huldigen, und auch überall zu Wasser und zu Land angebetet werden sollte, so öffnete er von Anfang an auch den Heiden das Tor, weil er durch die Fremden die eigenen Stammesgenossen belehren wollte. Denn obwohl sie durch die Propheten fortwährend seine Ankunft hatten verkünden hören, gaben sie doch nicht recht darauf acht. Darum berief er Barbaren aus fernem Lande, damit sie den König suchten, der unter ihnen weilte, und aus persischem Munde mußten sie zuerst vernehmen, was sie von den Propheten nicht hatten lernen wollen. Dies geschah deshalb, damit sie einen möglichst starken Ansporn zum Gehorsam hätten, falls sie zur Einsicht kommen wollten, aber auch jeder Entschuldigung bar wären, wenn sie verstockt blieben. Oder was konnten sie dennoch als Entschuldigung vorbringen, nachdem sie trotz so vieler Propheten doch nicht an Christus glaubten und nun sehen müssen, wie die Magier auf die Erscheinung eines einzigen Sternes hin sich zu ihm bekennen und den Erschienenen anbeten?

Wie er es also mit den Niniviten machte, zu denen er den Jonas sandte [Jona 3,4-5], und wie er mit der Samariterin [Joh 4,1-30] und der Chananäerin [Mt 15,21-28] tat, so machte er es auch jetzt mit den Magiern. Denn deshalb hat er gesagt: „Die Einwohner von Ninive werden aufstehen zum Gericht, und die Königin des Ostens wird sich erheben und dieses Geschlecht verdammen“ [Mt 21,41]. Denn jene haben auf geringe Zeichen hin geglaubt, diese nicht einmal auf große. Warum aber führte der Herr die Magier durch eine solche Erscheinung?

Aber was hätte er anders tun sollen? Propheten zu ihnen schicken? Die Magier hätten den Propheten schwerlich geglaubt. Durch eine Stimme von oben zu ihnen reden? Sie hätten nicht darauf geachtet. Ihnen einen Engel senden? Auch auf einen solchen hätten sie schwerlich gehört. Darum hat Gott von all dem abgesehen, hat dafür ihrer Verfassung vollkommen Rechnung getragen und sie durch Dinge gerufen, an die sie gewöhnt waren. Darum zeigte er ihnen einen großen, von den andern verschiedenen Stern, der ihnen durch seine Größe wie durch die Schönheit seines Anblicks und die Richtung seines Laufes auffallen mußte. So hat es auch der hl. Paulus gemacht. Er hat mit den Griechen von ihrem Altar geredet und ihre Poeten als Zeugen angeführt: mit den Juden verhandelte er über die Beschneidung [Apg 15], und beginnt seinen Unterricht für die, die unter dem Gesetze lebten, mit den Opfern. Da nämlich jeder das liebt, womit er seit langem vertraut ist, so schlagen auch Gott sowie die Menschen, die er zur Rettung der Welt gesandt hat, diesen Weg ein. Glaube also nicht, es sei Gottes unwürdig gewesen, die Magier durch einen Stern zu rufen. Sonst verurteilst du damit auch den ganzen Alten Bund, die Opfer, die Reinigungen, die Neumondfeste, die Bundeslade, ja selbst den Tempel. Denn das alles hat in ihrer heidnischen Anhänglichkeit an das Sinnenfällige seinen Grund und Ursprung gehabt. Gleichwohl hat es Gott zur Rettung der Verirrten geduldet, dass er durch solche Dinge verehrt werde, durch die die Heiden die Dämonen verehrten; dabei hat er nur ein wenig daran geändert, um die Juden durch eine leichte Abkehr von ihren Gewohnheiten zu der höheren Weisheit zu führen. So hat er es denn auch bei den Magiern gemacht, die er aus Entgegenkommen durch einen Stern rief, um sie dann für Höheres empfänglich zu machen.

Nachdem also Gott sie geführt und geleitet und bis zur Krippe gebracht hat, verkehrt er nicht länger durch einen Stern mit ihnen, sondern durch einen Engel; und hebt sie so langsam auf eine höhere Stufe empor. Gerade so machte es Gott mit den Bewohnern von Askalon und Gaza. Als nämlich jene fünf Städte bei der Ankunft der Bundeslade von schwerer Plage getroffen wurden und keine Rettung aus dem drückenden Unheil finden konnten, beriefen sie ihre Wahrsager, hielten eine Versammlung ab und suchten Befreiung von jenem gottverhängten Verderben. Da befahlen die Wahrsager, man solle junge, ungezähmte Kühe, die zum erstenmal geboren hätten, vor die Bundeslade spannen und sie ohne Führer gehen lassen. Dadurch würde es offenbar, ob die Plage von Gott gesandt oder eine zufällig entstandene Krankheit sei. (Denn, sagten sie, wenn die Kühe das Joch zerbrechen, weil sie nicht daran gewöhnt sind, oder ihren blökenden Kälbern nachgehen, dann ist die Krankheit nur durch Zufall entstanden; gehen sie aber geradewegs voran, ohne auf das Plärren ihrer Jungen zu achten und ohne sich zu verirren, obwohl sie den Weg nicht kennen, dann ist es klar, dass Gottes Hand diese Städte heimgesucht hat). So also sprachen die Wahrsager, und die Bewohner jener Städte glaubten es und taten, wie sie geheißen waren. Und Gott zeigte sich auch hier wieder entgegenkommend, nahm die Entscheidung der Wahrsager an und hielt es seiner nicht unwürdig, mit deren Vorschlag Ernst zu machen, und ihren Ansprüchen den Schein der Glaubwürdigkeit zu geben [1.Sam 6,1-18].

Gerade dadurch ward ja seine Tat noch größer, dass sogar Heiden die Macht Gottes bezeugen mußten, und ihre Lehrer ihm Zeugnis gaben. Noch viele andere Fälle könnte man beobachten, in denen es Gott ähnlich gemacht hat. So hat er z.B. im Falle der Wahrsagerin [1.Sam 28] in einer Weise gehandelt, die ihr euch jetzt, nach dem bisher Gesagten, selber erklären könnt. Ich habe also all dies wegen des Sternes erwähnt; ihr selbst könntet aber noch mehr darüber sagen, denn: „Gib dem Weisen eine Gelegenheit, und er wird noch weiser sein“ [Spr 9,9].

Indes müssen wir wieder zum Anfang unserer Lesung zurückkehren. Wie lautete er doch?

„Als aber Jesus geboren ward zu Bethlehem in Judäa, in den Tagen des Königs Herodes, siehe da kamen Magier aus dem Morgenlande nach Jerusalem.“

Die Magier folgten dem Sterne, der sie führte; die Juden dagegen glaubten nicht einmal der Stimme der Propheten. Weshalb gibt uns der Evangelist aber auch die Zeit an und den Ort? „In Bethlehem“, sagt er, und „in den Tagen des Königs Herodes“; und weshalb fügt er auch noch dessen königliche Würde bei? Seine Würde deshalb, weil es auch einen anderen Herodes gab, der den Johannes hatte töten lassen; Jener war aber Tetrarch, dieser König. Den Ort und die Zeit fügt er aber bei, um uns an alte Prophetien zu erinnern.

Die eine davon stammt von Michäas, der da sagt: „Und du Bethlehem im Lande Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Juda's“ [Micha 5,1]. Die andere Prophetie erging durch den Patriarchen Jakob, der uns ganz genau die Zeit angibt und das große Wunderzeichen beschrieb, das sein Erscheinen begleitet. Er sagt: „Nicht wird die Herrschaft von Juda weichen, noch ein Führer fehlen aus seinem Stamme, bis derjenige kommt, der da auserwählt ist: und auf ihn harren die Völker“ [Gen 49,10].