Der Verräter des Herrn. Wegen ihm ist der Vorname Judas in Deutschland sogar verboten.
Es gibt viele Männer mit Namen Judas in der Bibel, sowohl im Alten als auch Neuen Testament. Aber sie alle stehen im Schatten dieses Mannes, der seit seinem Verrat ein Sinnbild für das Böse und eben für Verrat ist.
Er ist nicht der einzige Apostel mit Namen Judas. Es gibt noch einen zweiten, der aber von Matthäus und Markus Thaddäus genannt wird (vermutlich um ihn nicht mit Judas zu verwechseln) und von Johannes vorsichtshalber „Judas - nicht der Ischariot“ (14,22). Er ging deswegen in die Kirchengeschichte mit Doppelnamen Judas Thaddäus ein. Und dann gibt es noch den Herrenbruder Judas, der im Neuen Testament ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, weil er der Verfasser des Judasbriefes ist. Diese drei Männer sollte man auseinander halten, was leider vielen Bibellesern nicht gelingt, teilweise auch herbeigeführt durch schlechte Bibelkommentare und Bibellexika.
Johannes verrät uns auch den Vater von Judas Ischariot:
Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? Und doch ist einer von euch ein Teufel! Er redete aber von Judas, Simons Sohn, dem Ischariot, denn dieser sollte ihn verraten, er, der einer von den Zwölfen war. (Joh 6,70-71)
Er ist aber nicht nur Simons Sohn, sondern auch ein Teufel, wie Jesus Christus selbst urteilt. Wie kommt es dazu? Diese Frage hat Generationen von Bibelauslegern Kopfzerbrechen bereitet und gespalten. Die einen stellten Judas als psychisch kranken Menschen hin, der in seiner Labilität Jesus falsch verstand und ihm eigentlich helfen wollte, die anderen sahen ihn als eiskalt berechnenden, geld- und machtgierigen Menschen. Und wieder andere sympathisieren gar mit ihm, versuchen sein schlechtes Image zu verbessern, und sind ihm für seinen Verrat dankbar. An ihm scheiden sich die Geister, wie an sonst keinem anderen Apostel. Viele meinen gar, er verdiene den Titel Apostel gar nicht. Dazu muss man aber festhalten, dass Judas in der Bibel in allen Apostellisten (Mt 10,4; Mk 3,19; Lk 6,16) auch wörtlich als Apostel geführt wird, wenn auch stets an letzter Stelle und mit dem Hinweis, dass er zum Verräter wurde. Mit einer Ausnahme: Lukas nennt ihn zwar in seinem Evangelium in der Liste der Apostel,
Und als es Tag wurde, rief er seine Jünger und erwählte zwölf von ihnen, die er auch Apostel nannte: Simon, den er auch Petrus nannte, und Andreas, seinen Bruder, Jakobus und Johannes; Philippus und Bartholomäus; Matthäus und Thomas; Jakobus, den Sohn des Alphäus, und Simon, genannt der Zelot; Judas, den Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde. (Lk 6,13-16)
jedoch nicht in der Apostelliste in seiner Apostelgeschichte (Apg 1,13), da fehlt Judas und sind nur noch 11 Apostel gelistet. Das liegt aber daran, dass Judas zu dem Zeitpunkt schon tot war. Deswegen beginnt die Apostelgeschichte damit, dass ein neuer Apostel hinzugefügt wird, damit ihre Zahl Zwölf wieder voll wird (Apg 1,15-26). Es hat also einen praktischen, historischen Hintergrund, warum Judas nicht mehr als Apostel in der Apostelgeschichte geführt wird, und keinen anderen. An seine Stelle trat Matthias. Das Wort Apostel kommt aus dem Griechischen (Apostolos) und heißt dort soviel wie bevollmächtigter Gesandter. Und das war Judas genauso wie die anderen elf Aposteln. Jesus hatte ihn genauso berufen wie alle anderen, genauso unterrichtet, genauso bevollmächtigt und gesandt. Doch Judas entschied sich für einen anderen Weg als die anderen Apostel. Daran sieht man deutlich, dass es nicht nur am Lehrer liegt, nicht nur an der Gemeinschaft, nicht nur am Heiligen Geist, nicht nur an der Erwählung, denn all das hatte Judas im selben Maße wie die anderen, sondern an der persönlichen Entscheidung jedes einzelnen Menschen. Und das wird uns in den Evangelien auch drastisch vor Augen gehalten. Er ging noch vor dem Passamahl auf eigene Faust zu den obersten Priestern, und plante seinen Verrat:
Da ging einer der Zwölf namens Judas Ischariot hin zu den obersten Priestern und sprach: Was wollt ihr mir geben, wenn ich ihn euch verrate? Und sie setzten ihm 30 Silberlinge fest. Und von da an suchte er eine gute Gelegenheit, ihn zu verraten. (Mt 26,14-16)
Die berühmten 30 Silberlinge, die damals übrigens kein Vermögen waren, wurden schon Jahrhunderte vorher im Alten Testament vorhergesagt:
Da sprach ich zu ihnen: Wenn es gut ist in euren Augen, so gebt mir meinen Lohn; wenn aber nicht, so lasst es bleiben! Da wogen sie mir meinen Lohn ab, 30 Silberlinge. (Sach 11,12)
genauso wie, dass Christus von einem seiner Vertrauten verraten werden würde, der mit ihm das Brot isst:
Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, hat die Ferse gegen mich erhoben. (Ps 41,10)
Ich rede nicht von euch allen; ich weiß, welche ich erwählt habe. Doch muss die Schrift erfüllt werden: »Der mit mir das Brot isst, hat seine Ferse gegen mich erhoben«. Jetzt sage ich es euch, ehe es geschieht, damit ihr glaubt, wenn es geschehen ist, dass ich es bin. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer den aufnimmt, den ich senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat. Als Jesus dies gesagt hatte, wurde er im Geist erschüttert, und er bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten! Da sahen die Jünger einander an und wussten nicht, von wem er redete. Einer seiner Jünger aber, den Jesus liebte, hatte [bei Tisch] seinen Platz an der Seite Jesu. Diesem winkt nun Simon Petrus, dass er forschen solle, wer es sei, von dem er rede. Da lehnt sich jener an die Brust Jesu und spricht zu ihm: Herr, wer ist’s? Jesus antwortete: Der ist’s, dem ich den eingetauchten Bissen geben werde. Und er taucht den Bissen ein und gibt ihn dem Judas, Simons Sohn, dem Ischariot. Und nach dem Bissen, da fuhr der Satan in ihn. Da spricht Jesus zu ihm: Was du tun willst, das tue bald! Es verstand aber keiner von denen, die zu Tisch saßen, wozu er ihm dies sagte. Denn etliche meinten, weil Judas den Beutel hatte, sage Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Fest benötigen!, oder er solle den Armen etwas geben. Als nun jener den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus. Es war aber Nacht. (Joh 13,18-30)
Wir erfahren hier von Johannes, der der Lieblingsjünger Jesu war und sogar an seiner Brust lag bei Tisch, dass er zwar von Jesus persönlich den Hinweis bekam, wer der Verräter sein würde, dass aber die anderen Jünger am Tisch nicht so recht verstanden, was da vor sich ging. Das zeigt, dass sie alle Judas einen Verrat eigentlich nicht zutrauten, sie ahnten nichts Böses als er sich als einziger erhob und die Tischgemeinschaft verließ. Eher dachten sie daran, er würde noch was einkaufen gehen als Jesus verraten. Daran erkennt man nicht nur, dass Judas der Kassier der Gemeinschaft war, sondern dass er von allen als vollwertiger Bruder und Teil der Gemeinschaft betrachtet wurde, den sie nie als Verräter erwartet hätten. Dass Judas nicht der Ehrlichste war und sich auch schon mal aus dem Geldbeutel bediente, war ihnen aber schon aufgefallen:
Da nahm Maria ein Pfund echten, köstlichen Nardensalböls, salbte Jesus die Füße und trocknete seine Füße mit ihren Haaren; das Haus aber wurde erfüllt vom Geruch des Salböls. Da spricht Judas, Simons Sohn, der Ischariot, einer seiner Jünger, der ihn danach verriet: Warum hat man dieses Salböl nicht für 300 Denare verkauft und es den Armen gegeben? Das sagte er aber nicht, weil er sich um die Armen kümmerte, sondern weil er ein Dieb war und den Beutel hatte und trug, was eingelegt wurde. (Joh 12,3-6)
Johannes bezeichnet Judas also schon vor seinem Verrat als Übeltäter, nämlich als Dieb. Ausgerechnet einem Dieb wurde also der Geldbeutel der ganzen Gemeinschaft übergeben. Auch das sagt viel aus über das Verhältnis von Jesus und seinen Jüngern zu Geld. Mehr dazu an einer anderen Stelle.
Wie kam es nun aber dazu, dass aus einem Dieb ein Verräter wurde? Nun, erstens war Judas, wie eben gezeigt, dem Geld verfallen, eine gewisse Geldgier ist ihm nicht abzusprechen. Und dann geben uns die Evangelisten noch einen anderen eindeutigen Hinweis, woran das lag:
Es fuhr aber der Satan in Judas, der mit Beinamen Ischariot genannt wird, welcher aus der Zahl der Zwölf war. (Lk 22,3)
Und während des Mahls, als schon der Teufel dem Judas, Simons Sohn, dem Ischariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu verraten (Joh 13,2)
Es war also der Teufel, der in Judas gefahren war. Wie aber ist so etwas möglich? Hatte nicht Jesus jahrelang Dämonen ausgetrieben bei den verschiedensten Menschen und hatte er nicht auch seine zwölf Apostel bevollmächtigt Dämonen auszutreiben (Mt 10,8)? Wie konnte dann der Teufel selbst in Judas fahren, der ein Apostel war? Vielen erscheint das als unauflöslicher Widerspruch. Es zeigt aber die Wirklichkeit: niemand ist vor dem Teufel gefeit. Jesus Christus selbst wurde ja vom Teufel verführt und war nicht immun dagegen, obwohl er der Sohn Gottes höchstpersönlich war. Ob ein Mensch dem Teufel widersteht oder ihm erliegt, hängt am Ende ganz von dem Mensch selbst ab. Jesus widerstand dem Teufel, Judas ergab sich dem Teufel. Jedes Kind Gottes wird früher oder später vom Teufel ins Visier genommen. Davor warnt die Schrift mehrmals. Zum Beispiel Petrus:
Seid nüchtern und wacht! Denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann; dem widersteht, fest im Glauben, in dem Wissen, dass sich die gleichen Leiden erfüllen an eurer Bruderschaft, die in der Welt ist. (1.Petr 5,8-9)
Es ist eine Frage der Entscheidung zu widerstehen und wachsam zu sein. Jesus hatte auch Judas für diese Situation ausgerüstet und war ihm ein Vorbild wie allen anderen Jüngern. Aber Judas entschied sich anders. Dass der Verrat nicht im Affekt einfach passierte, zeigt die Planung schon Tage vorher (siehe oben) und die Art, wie er ausgeführt wurde:
Und während er noch redete, siehe, da kam Judas, einer der Zwölf, und mit ihm eine große Schar mit Schwertern und Stöcken, gesandt von den obersten Priestern und Ältesten des Volkes. Der ihn aber verriet, hatte ihnen ein Zeichen gegeben und gesagt: Der, den ich küssen werde, der ist’s, den ergreift! Und sogleich trat er zu Jesus und sprach: Sei gegrüßt, Rabbi!, und küsste ihn. Jesus aber sprach zu ihm: Freund, wozu bist du hier? Da traten sie hinzu, legten Hand an Jesus und nahmen ihn fest. (Mt 26,47-50)
Während er aber noch redete, siehe, da kam eine Schar, und der, welcher Judas hieß, einer der Zwölf, ging vor ihnen her und näherte sich Jesus, um ihn zu küssen. Jesus aber sprach zu ihm: Judas, verrätst du den Sohn des Menschen mit einem Kuss? (Luk 22,47-48)
Warum der Kuss als Erkennungszeichen vereinbart wurde, erklären wir bei Jakobus Sohn des Alphäus. Es lief alles wie geplant und abgesprochen mit den obersten des Volkes. Jesus versucht Judas noch mit eindringlichen Fragen aufzurütteln, dass er sich bewusst wird, was er da eigentlich macht. Doch Judas reagiert auch darauf nicht. Er zieht den Plan eiskalt durch. Als ihm dann später doch bewusst wird, was er da angestellt hat, ist es zu spät:
Als nun Judas, der ihn verraten hatte, sah, dass er verurteilt war, reute es ihn; und er brachte die 30 Silberlinge den obersten Priestern und den Ältesten zurück und sprach: Ich habe gesündigt, dass ich unschuldiges Blut verraten habe! Sie aber sprachen: Was geht das uns an? Da sieh du zu! Da warf er die Silberlinge im Tempel hin und machte sich davon, ging hin und erhängte sich. Die obersten Priester aber nahmen die Silberlinge und sprachen: Wir dürfen sie nicht in den Opferkasten legen, weil es Blutgeld ist! Nachdem sie aber Rat gehalten hatten, kauften sie dafür den Acker des Töpfers als Begräbnisstätte für die Fremdlinge. Daher wird jener Acker »Blutacker« genannt bis zum heutigen Tag. Da wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia gesagt ist, der spricht: »Und sie nahmen die 30 Silberlinge, den Wert dessen, der geschätzt wurde, den die Kinder Israels geschätzt hatten, und gaben sie für den Acker des Töpfers, wie der Herr mir befohlen hatte.« (Mt 27,3-10)
Das tragische Ende von Judas wird noch tragischer, wenn man Jesus selbst zuhört:
Der Sohn des Menschen geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; aber wehe jenem Menschen, durch den der Sohn des Menschen verraten wird! Es wäre für jenen Menschen besser, wenn er nicht geboren wäre. Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: Rabbi, doch nicht ich? Er spricht zu ihm: Du hast es gesagt! (Mt 26-24+25)
Man führe sich das mal vor Augen: Jesus selbst, der Meister, sagt Judas rechtzeitig vor seiner Tat ganz klar ins Gesicht, dass es besser für jenen Menschen wäre, der Jesus verraten wird, wenn er nie geboren wäre. Und er sagt ihm auch deutlich ins Gesicht, dass er damit Judas meint. Doch das bewegt in Judas kein Umdenken, keine Reue vor der Tat, er macht sie trotzdem! Jesus tat also alles, um Judas rechtzeitig noch zu warnen und zu retten, doch Judas lief absichtlich und bewusst in seinen Untergang und wird am Ende genau das Urteil zu spüren bekommen, das Jesus ihm schon androhte, bevor Judas diese schwere Sünde beging: »wehe jenem Menschen, durch den der Sohn des Menschen verraten wird! Es wäre für jenen Menschen besser, wenn er nicht geboren wäre.« Judas ist seither ein abschreckendes Beispiel für einen Menschen, der absichtlich schwer sündigt und sich damit seinen eigenen Untergang verdient und sein ganzes Leben vergeudet, denn es wäre am Ende für ihn besser gewesen, er wäre nie geboren worden. Dabei hatte er die besten Startbedingungen: er wurde vom Sohn Gottes höchstpersönlich ausgewählt, berufen, unterwiesen und bevollmächtigt. Nur eine winzige Gruppe Menschen hatten je dieses Privileg. Doch Judas verschleuderte es und trat es mit Füßen. Jesus selbst nannte Judas bereits vor seiner Tat einen Teufel (Joh 6,70-71) und nach seiner Tat »Sohn des Verderbens«, der verloren ging (Joh 17,12).
Nach der Himmelfahrt Christi spricht Petrus einen ungeschönten Nachruf über Judas:
Ihr Männer und Brüder, es musste dieses Schriftwort erfüllt werden, das der Heilige Geist durch den Mund Davids vorausgesagt hat über Judas, welcher denen, die Jesus gefangen nahmen, zum Wegweiser wurde. Denn er war zu uns gezählt und hatte das Los dieses Dienstes empfangen. Dieser erwarb einen Acker aus dem Lohn der Ungerechtigkeit, und er stürzte kopfüber hinab, barst mitten entzwei, und alle seine Eingeweide traten heraus. Und das ist allen bekannt geworden, die in Jerusalem wohnen, sodass jener Acker in ihrer eigenen Sprache Akeldama genannt worden ist, das heißt: »Blutacker«. Denn es steht geschrieben im Buch der Psalmen: »Seine Behausung soll öde werden, und niemand soll darin wohnen«, und: »Sein Amt empfange ein anderer« (Apg 1,16-20)
Petrus erkennt nicht nur die schlimme Strafe, die Judas verdiente, sondern auch die prophetischen Worte in den Heiligen Schriften, die all das schon vorhersahen aber auch bestimmten, was zu tun sei: »Sein Amt empfange ein anderer« Und das setzten die übrigen elf Apostel umgehend um. Sie befragten Gott, wer das Amt des Judas bekommen solle und das Gottesurteil fiel mittels Los auf Matthias, der fortan der zwölfte Apostel anstelle von Judas Ischariot war.
Der Vorname Judas ist als Einzelname in Deutschland verboten (Quellen: bunte und vorname.com).