Woher hatte Paulus die Lehre, dass ein Geber fröhlich sein soll?

Dass Gott großzügige, selbstlose Geber haben möchte, wird an mehreren Stellen der Heiligen Schrift betont. Aber dass sie dabei auch noch fröhlich sein sollen, lehrte nur Paulus. Zumindest denken das heute jene, die die Apokryphen nicht kennen.

Sir [35]32,11-12 2.Kor 9,6-7
Bei jeder Gabe mache ein fröhliches Gesicht, und mit Freude weihe den Zehnten. Gib dem Höchsten gemäß seiner Gabe und mit einem freundlichen Auge gemäß dem Ertrag deiner Hand. Ich meine aber dies: Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen. Ein jeder, wie er’s sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.
Septuaginta Deutsch Lutherbibel 2017

In Wahrheit hat aber schon der Weisheitslehrer Jesus Sirach einige Jahrhunderte vor Paulus vom Heiligen Geist inspiriert geschrieben, dass wir mit fröhlichem Gesicht geben sollen. Und er führte das folgendermaßen aus:

Mit fröhlichem Gesicht lobe den Herrn, und gib deine Erstlingsgaben, ohne zu geizen.
Wenn du gibst, tu es mit heiterer Miene, und bring den Zehnten mit Freude dar.
Gib dem Höchsten, wie er dir gegeben hat, und gib mit fröhlichem Gesicht, so viel du kannst.
Denn der Herr, der vergilt, wird dir’s siebenfach vergelten.
Bring nichts dar, um Gott zu bestechen; denn er wird’s nicht annehmen. (Jesus Sirach 35,10-14 LUT2017)

Wir sehen hier, woher Paulus seine Lehre hatte. Er baute auf Jesus Sirach auf und bestätigte im Neuen Testament den Wortlaut und Sinn von Jesus Sirach. Wir haben in der Schrift also zwei Zeugen für den fröhlichen Geber, der ohne Geiz oder Hintergedanke geben soll, sondern fröhlich mit Freude, denn nur dann wird Gott es ihm reichlich vergelten. Aber das sehen nur jene, die auch Jesus Sirach lesen.

Die Hintergrundgeschichte

Die Hebräer, Israeliten und später auch Juden brachten oft nur widerwillig und erzwungener Maßen die von Gott vorgeschriebenen Opfer dar, speziell den sogenannten Zehnten. Das war eine vorgeschriebene Spende der 12 Stämme Israels an den 13. Stamm Levi, damit die Leviten alles bekamen, was sie für das Leben brauchten. Denn sie durften nicht arbeiten sondern waren allein für den Priesterdienst im Tempel und alle damit verbundenen Pflichten eingeteilt. Sie arbeiteten nur geistlich für das Volk und sollten daher vom Rest des Volkes materiell durch den Zehnten versorgt werden. Doch dieser Zehnte wurde, wie schon erwähnt, oft nur erzwungenermaßen gespendet, und dann halbherzig und lieblos. Das verurteilte Gott bereits im Alten Testament und ermahnte Sein Volk durch Jesus Sirach, alle Gaben fröhlich und mit Freude zu geben, gerade auch den Zehnten. 

Im Neuen Testament ermahnte Gott Seine Gemeinde in die selbe Richtung durch die Apostel, die den Zehnten aus dem Alten Bund als Vorbild für die Gütergemeinschaft der christlichen Gemeinde im Neuen Bund betrachteten und aber nicht mehr nur zehn Prozent, sondern alles füreinander gaben (Apg 2,44-45. 4,32-37) oder soviel sie konnten - und das gebot schon Jesus Sirach. Hier ein neutestamentliches Musterbeispiel aus Mazedonien:

Wir wollen euch aber, ihr Brüder, von der Gnade Gottes berichten, die den Gemeinden Mazedoniens gegeben worden ist. In einer großen Prüfung der Bedrängnis hat ihre überfließende Freude und ihre tiefe Armut die Schätze ihrer Freigebigkeit zutage gefördert. Denn nach ihrem Vermögen, ja ich bezeuge es, über ihr Vermögen hinaus waren sie bereitwillig; und sie baten uns mit vielem Zureden, dass wir die Liebesgabe und ihre Gemeinschaft am Dienst für die Heiligen annehmen sollten. Und sie gaben nicht nur so, wie wir es erhofften, sondern sich selbst gaben sie hin, zuerst dem Herrn und dann uns, durch den Willen Gottes, sodass wir Titus zuredeten, dieses Liebeswerk, wie er es angefangen hatte, nun auch bei euch zu vollenden. (2. Korinther 8,1-6)

Der Apostel Paulus lehrte das nämlich in vielen seiner Briefe anhand verschiedener Bilder, wie etwa jenes des Körpers, der von seinen Gliedern genährt wird, wobei jedes Glied für die anderen da ist und ihnen aus ganzer Kraft dient (1.Kor 12,25, Eph 4,16). Auch auf das Vorbild des Zehnten bezieht sich Paulus immer wieder und darauf, dass ein Ausgleich wie im Alten Testament stattfinden muss, wo jene, die viel haben, denen geben, die wenig haben:

Denn wo die Bereitwilligkeit vorhanden ist, da ist einer wohlgefällig entsprechend dem, was er hat, nicht entsprechend dem, was er nicht hat. Nicht, damit andere Erleichterung haben, ihr aber Bedrängnis, sondern des Ausgleichs wegen: In der jetzigen Zeit soll euer Überfluss ihrem Mangel abhelfen, damit auch ihr Überfluss eurem Mangel abhilft, sodass ein Ausgleich stattfindet (2. Korinther 8,12-14)

Und wo jene, die geistlich die Gemeinde versorgen, dafür materiell von den anderen versorgt werden sollen:

Wenn wir euch die geistlichen Güter gesät haben, ist es etwas Großes, wenn wir von euch diejenigen für den Leib ernten? Wisst ihr nicht, dass die, welche die heiligen Dienste tun, auch vom Heiligtum essen, und dass die, welche am Altar dienen, vom Altar ihren Anteil erhalten? So hat auch der Herr angeordnet, dass die, welche das Evangelium verkündigen, vom Evangelium leben sollen. (1. Korinther 9,11.13-14)

Speziell bezog er das auf die Muttergemeinde Jerusalem, die materiell in Not war und Hunger litt, und ließ dafür in allen Tochtergemeinden Spenden sammeln.

Jetzt aber reise ich nach Jerusalem, im Dienst für die Heiligen. Es hat nämlich Mazedonien und Achaja gefallen, eine Sammlung für die Armen unter den Heiligen in Jerusalem zu veranstalten; es hat ihnen gefallen, und sie sind es ihnen auch schuldig; denn wenn die Heiden an ihren geistlichen Gütern Anteil erhalten haben, so sind sie auch verpflichtet, jenen in den leiblichen zu dienen. (Römer 15,25-27)

Sie sollten sich freuen, dass sie auf diese Art den Segen, der von den Brüdern in Jerusalem ausging, zurück geben konnten, und es mit fröhlichem Herzen tun. Damit schließt Paulus nahtlos an Jesus Sirach an, der all diese neutestamentlichen Ansichten bereits vorwegnahm und den Boden dafür bereitete.