• Aber weshalb folgte nicht das Volk den Magiern, sondern erschrak ebenso?
Die Ankunft der Magier bei Herodes
Die Ankunft der Magier bei Herodes

„Als aber Herodes dies gehört hatte“, heißt es weiter, „erschrak er und ganz Jerusalem mit ihm.“ (Mt 2,3)

Herodes erschrak allerdings mit Recht; er war ja König und fürchtete für sich und seine Kinder. Weshalb aber Jerusalem?

Fortsetzung von Chrysostomus Predigt „Die Magier und der Stern

Ihm hatten ja doch die Propheten von alters her vorausgesagt, der Neugeborene werde sein Erlöser, sein Wohltäter, sein Befreier sein. Weshalb erschraken sie also? Weil sie geradeso gesinnt waren wie ihre Väter, die sich von Gott und seinen Gaben abwandten, und sich nach den ägyptischen Fleischtöpfen sehnten, obwohl sie so große Freiheit genossen. [Ex 16,3]


Du aber beachte, wie genau die Propheten sind.

Denn gerade das hat der Prophet ebenfalls lange vorher gesagt mit den Worten: „Sie werden darnach verlangen im Feuer verbrannt zu werden; denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt“ [Jes 9,4-5]. Trotzdem sie aber erschraken, haben sie doch kein Verlangen, zu sehen, was geschehen ist, sie folgen den Magiern nicht und kümmern sich nicht um sie. So sehr waren sie unter allen Menschen zugleich die hochmütigsten und leichtfertigsten.

Sie hätten sich ja eigentlich rühmen sollen, dass dieser König bei ihnen geboren worden, dass er sogar Persien an sich zog, dass die ganze Welt ihnen würde untertan werden, da ja die Dinge sich bereits zum Besseren wandten, und sein Reich schon im Entstehen solchen Glanz aufwies; sie rührte aber von all dem nichts. Und doch war es noch gar nicht so lange her, dass sie aus persischer Gefangenschaft befreit waren; und selbst wenn sie nichts von den unaussprechlichen, hohen Geheimnissen wußten, hätten sie nur aus dem Vorliegenden einen Schluß ziehen wollen, so hätten sie sich denken müssen: Wenn sie vor unserem König schon bei seiner Geburt so zittern, so werden sie ihn noch viel mehr fürchten und ihm gehorchen, wenn er einmal groß geworden, und dann werden wir noch glorreicher dastehen als die Barbaren. Aber nichts von all dem regt sie an, so gleichgültig waren sie und doch dabei so voll Neid. Diese beiden Laster müssen wir also mit aller Sorgfalt aus unserer Seele ausrotten, und stärker als Feuer muß derjenige sein, der gegen solche Feinde Stand halten will. Darum sagte auch Christus: „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu senden; und was will ich anders, als dass es brenne?“ [Luk 12,49]. Deshalb erschien auch der Hl. Geist in Feuergestalt.


Wir dagegen sind kälter geworden als Asche, lebloser als die Toten;

und das obgleich wir das Beispiel des hl. Paulus vor Augen haben, der himmelhoch, ja über alle Himmel hin den Flug genommen, der stärker war als das stärkste Feuer, der über alles siegreich hinwegschritt, über Höhe und Tiefe, über Gegenwart und Zukunft, über das, was ist, und was nicht ist [Röm 8,38-39]. Sollte dir aber dieses Vorbild zu hoch sein, so wäre immerhin auch das schon ein Zeichen religiöser Trägheit.

Indessen wollen wir nicht miteinander streiten, sondern den hl. Paulus übergehen und die ersten Christen betrachten, die ihr Vermögen und ihren Besitz, ihre Sorgen und jedes irdische Geschäft von sich warfen und sich ganz Gott hingaben und Tag und Nacht der Verkündigung des Gotteswortes oblagen. So ist eben das geistige Feuer. Kein Verlangen nach irdischen Dingen läßt es aufkommen, sondern drängt unsere Liebe auf ein anderes Gebiet. Wen einmal diese Liebe erfaßt hat, der ist zu allem willig bereit, und müßte er sein ganzes Vermögen preisgeben, müßte er Reichtum und Ehrenstellen verachten, ja selbst sein Leben zum Opfer bringen. Die Glut dieses Feuers dringt in die Seele ein, verdrängt daraus alle Trägheit, und macht leichter als eine Feder, wen sie einmal ergriffen. Ein solcher schaut über alles Irdische hinweg und verharrt in innerer Zerknirschung, vergießt unaufhörliche Ströme von Tränen und schöpft aus all dem eine mächtige innere Freude. Denn nichts verbindet und einigt so sehr mit Gott als solche Tränen. Wohnte ein solcher auch mitten in Städten, er lebte doch gleich denen, die in der Wüste, auf den Bergeshöhen oder in einsamen Talschluchten wohnen; er achtet nicht auf die, so um ihn sind und wird seiner freudevollen Trauer niemals satt, ob er nun über seine eigenen Sünden weint oder über fremde. Darum hat Gott solche Menschen vor allen anderen glücklich gepriesen und gesagt: „Selig sind die Trauernden“ [Mt 5,4]. Ebenso sagt auch Paulus: „Freuet euch immerdar im Herrn“ [Phil 4,4] ; er meinte damit die Freude, die diesen Tränen entströmt. Wie die weltliche Freude nur Trauer in ihrem Gefolge hat, so sproßt aus den Tränen, die man um Gottes willen weint, nur immerwährende unversiegliche Freude.

So wurde auch die Hure heiliger als manche Jungfrauen, nachdem sie von diesem Feuer erfaßt worden. Denn da sie von heißer Reue erfüllt war, so entbrannte sie nur noch von Liebe zu Christus, löste ihre Haare auf, benetzte seine heiligen Füße mit Tränen, trocknete sie mit den eigenen Haaren und goß die Salbe darüber aus [Lk 7,37-38]. Das alles war aber nur der äußere Vorgang, was in ihrer Seele vorging, war noch viel inbrünstiger, und Gott allein hat es gesehen. Darum freut sich auch jeder mit ihr, der davon hört, ist glücklich ob ihrer Tat, und verzeiht ihr all ihre frühere Schuld. Wenn aber schon wir so urteilen, die wir doch böse sind [Luk 11,13] , so bedenke, was Gott in seiner Liebe ihr nicht verliehen haben wird und welche Gnaden ihr auch vor der Belohnung durch Gott ob ihrer Reue zuteil geworden sein müssen? Wie durch einen starken Regenguß die Luft gereinigt wird, so folgt auch auf die Tränen, die man vergießt, heitere Stille, und die Finsternis, die von der Sünde stammte, wird verscheucht. Und wie wir aus dem Wasser und dem Geiste gereinigt wurden, so werden wir von neuem gereinigt durch Reuetränen und durch das Bekenntnis vorausgesetzt, dass wir dies nicht bloß zur Schau tragen, um gesehen und geehrt zu werden. Wer nur darum Tränen vergösse, der verdiente meines Erachtens weit mehr Tadel, als wer sich mit Farben und Schminken herausputzt. Ich will nur solche Tränen, die man nicht aus Hochmut vergießt, sondern aus Demut, heimlich und im Verborgenen, wo niemand es sieht; Tränen, die still und geräuschlos fließen, die aus der Tiefe der Seele kommen, aus innerem Weh und Schmerz, die man nur Gottes wegen vergießt, so wie es bei Anna der Fall war. „Denn ihre Lippen", heißt es, „bewegten sich und ihre Stimme ward nicht gehört“ [1.Kön 1,13]. Aber ihre Tränen allein waren lauter als Trompetenklang. Darum hat auch Gott ihren Schoß geöffnet und den harten Felsen in fruchtbares Erdreich verwandelt.


Wenn auch du solche Tränen weinst, dann bist du dem Herrn ähnlich geworden.

Denn auch er hat geweint über Lazarus und Jerusalem, und über das Schicksal des Judas ward er erschüttert [Joh 13,21]. Und weinen sehen kann man ihn oft, lachen niemals, nicht einmal stille lächeln; wenigstens hat kein Evangelist etwas davon berichtet. Deshalb sagt auch der hl. Paulus selbst von sich, und andere sagen es von ihm, dass er geweint habe, drei Nächte und drei Tage lang geweint; dass er aber gelacht hätte, das hat er nirgends gesagt, weder er noch andere; aber auch kein anderer Heiliger hat dies weder von sich noch von einem anderen Heiligen erzählt. Nur von Sara allein wird dies berichtet, nämlich damals, als sie getadelt wurde, und ebenso vom Sohne Noes [Gemeint ist ein Sohn von Noah, nämlich Ham, der über seinen Vater lachte. Nachzulesen in Genesis Kapitel 9. Chrysostomus las und zitierte - wie alle frühen Christen - die LXX und schrieb daher auch die Namen demgemäß.], da er aus einem Freigeborenen zum Sklaven wurde.

Das alles sage ich aber, nicht um das Lachen zu verpönen, sondern nur, um die Ausgelassenheit zu verhindern. Denn sage mir doch: Welchen Grund hast du denn, eingebildet und ausgelassen zu sein, der du noch für so viele Sünden verantwortlich bist, vor dem furchtbaren zukünftigen Richterstuhl erscheinen mußt, und über alles, was du hienieden getan, genaue Rechenschaft abzulegen hast? Ja, wir werden für unsere freiwilligen und unfreiwilligen Sünden Rede und Antwort stehen müssen. „Denn“, heißt es, „wer mich vor den Menschen verleugnen wird, den werde auch ich vor meinem Vater verleugnen“ [Mt 10,35] . Selbst wenn diese Verleugnung unfreiwillig ist, geht sie doch nicht straflos aus [Luk 12,47-48], sondern auch für sie müssen wir uns verantworten, ja für alles, ob wir darum wissen oder nicht. „Ich bin mir keiner Schuld bewußt“, sagt der Apostel, „aber darum bin ich noch nicht gerechtfertigt“ [1.Kor 4,4] ; für alles, ob wir es unbewußt oder mit Absicht getan haben. „Ich gebe ihnen das Zeugnis“, sagt der hl. Paulus, „dass sie Eifer haben für Gott, aber keinen erleuchteten“ [Röm 10,2] . Das genügt aber nicht zu ihrer Rechtfertigung. Und an die Korinther schreibt er: „Ich fürchte, wie einst die Schlange in ihrer Arglist die Eva verführte, so möchte sie auch eure Gesinnung verderben zum Abfall von der Einfalt des Glaubens an Jesus Christus“ [2.Kor 11,3].

Während du also über so vieles wirst Rechenschaft ablegen müssen, sitzest du da und lachst, redest läppische Dinge und gibst dich eitler Lebenslust hin. Ja du sagst: Wenn ich das nicht tue, sondern immer in Trauer lebe, was habe ich davon? Ungemein viel, sogar so viel, dass man es mit Worten gar nicht auszusprechen vermag. Bei weltlichen Gerichten entgehst du nach gefälltem Urteil der Strafe nicht, und wenn du noch so viel weinst. Hier aber brauchst du nur zu bereuen und das Urteil ist aufgehoben, es wird dir verziehen. Darum redet Christus so oft von der Reue zu uns, preist die Bußfertigen glücklich und ruft Wehe über die, die lachen. Diese Welt ist eben kein Theater zum Lachen; nicht dazu sind wir beisammen, um schallendes Gelächter anzuschlagen, sondern um zu seufzen, und mit diesem Seufzen werden wir uns den Himmel erwerben.

Wenn du vor deinem Herrscher stehst, wagst du nicht einmal leise zu lächeln; während aber der Herr der Engel in deinem Innern weilt, stehst du nicht da in Furcht und Zittern und mit der geziemenden Ehrfurcht, nein, du lachst, während er so oft sich über dich erzürnt und du bedenkst nicht, dass du ihn damit noch mehr herausforderst als mit deinen Sünden. Denn Gott pflegt sich nicht so fast von den Sündern abzukehren, als von denen, die nach der Sünde keine Buße tun. Aber trotzdem bleiben auch da noch manche so unempfindlich, als wollten sie nach all dem noch sagen: Ich möchte, dass ich niemals zu weinen brauchte; Gott gebe mir lieber, dass ich immer lachen und scherzen kann. Gäbe es aber etwas Kindischeres, als so zu denken? Nicht Gott gibt uns Gelegenheit zur Ausgelassenheit, sondern der Teufel. Höre nur, wie es den Ausgelassenen erging: „Das Volk“, so heißt es, „saß beim Essen und Trinken, und dann standen sie auf, sich zu belustigen“ [Ex 32,6]. So machten es die Sodomiten, so auch die Menschen vor der Sündflut. Denn auch von jenen heißt es: „Sie schwelgten in Hochmut und Üppigkeit, und im Überfluß an Brot“ [Ez 16,49] . Auch zur Zeit des Noe [Gemeint ist Noah. Chrysostomus las und zitierte - wie alle frühen Christen - die LXX und schrieb daher auch die Namen demgemäß.] sahen die Leute durch so viele Jahre hindurch, wie die Arche gebaut wurde; aber sie ließen sich nicht rühren, sondern belustigten sich und dachten nicht an die Zukunft. Darum hat auch die Sündflut sie allesamt verschlungen und die ganze Welt in einem einzigen Schiffbruch begraben.


Erbitte also nicht von Gott, was du nur vom Teufel haben kannst.

Gottes Sache ist es, dir ein Herz zu geben, das zerknirscht und demütig ist, das nüchtern ist und besonnen, gelassen, reumütig und bußfertig; das sind seine Geschenke, und die haben wir auch am meisten nötig. Es steht uns ja auch ein schwerer Kampf bevor; gegen unsichtbare Mächte haben wir zu streiten, haben gegen die Geister der Bosheit, gegen die Gewalten und Mächte [Eph 6,12] Krieg zu führen. Da muß man freilich wünschen, dass wir voll Eifer, nüchtern und wachsam jenen furchtbaren Ansturm auszuhalten vermögen. Wenn wir dagegen lachen und scherzen und uns um gar nichts kümmern, dann werden wir noch vor dem Zusammenstoß ob unserer eigenen Sorglosigkeit geschlagen. Es steht uns also nicht zu, fortwährend zu lachen, uns zu freuen und in Vergnügungen zu schwelgen; das sollen die Schauspieler tun, die schlechten Dirnen und verkommenen Menschen, die Schmarotzer und Schmeichler, nicht aber die, die für den Himmel berufen sind, nicht die, welche in jener Gottesstadt das Bürgerrecht haben und die Waffen des Geistes tragen, sondern die, so dem Teufel verfallen sind.

Ja der Teufel ist es, der Teufel, der eine wahre Kunst daraus gemacht hat, die Soldaten Christi zur Erschlaffung zu bringen und die Spannkraft ihrer Seele zu schwächen. Deshalb hat er in den Städten Theater gebaut, und jene Schauspieler heran geschult, die zum Lachen reizen, und hat durch deren schändliches Treiben die ganze Stadt mit dieser Pest angesteckt. Was uns der hl. Paulus zu meiden gebot, „törichtes und ausgelassenes Geschwätz“ [Eph 5,3-4] , gerade das treibt der Teufel uns an, zu suchen. Noch schlimmer aber als all dies ist die Sache, über die man lacht. Wenn die Schauspieler etwas Blasphemisches oder Unflätiges sagen, dann lachen viele solche Toren und freuen sich, und klatschen Beifall über Dinge, für die jene weit eher verdienten, gesteinigt zu werden und damit ziehen sie sich selbst das höllische Feuer zu. Denn diejenigen, die solche Reden loben, die sind es gerade, die am meisten dazu ermutigen. Deshalb verdienen sie die Strafe, die jene erwartet, wohl in viel höherem Maße.

Wenn niemand sich fände, der solche Dinge sehen möchte, dann gäbe es auch keine solchen Schauspieler. Wenn diese dagegen sehen, dass ihr eure Werkstätten, eure Arbeit, euren Verdienst, mit einem Wort gar alles im Stiche laßt um jener Lust willen, dann werden sie immer kecker und treiben die Sache immer verwegener. Und das sage ich nicht, um sie von Schuld freizusprechen, sondern damit ihr wisset, dass hauptsächlich ihr selbst Anfang und Ursache solcher Ungehörigkeiten seid, indem ihr ganze Tage an derlei Belustigungen verschwendet, wo die ehrbare Ehe bloßgestellt und das große Mysterium nachgeäfft wird. Ja der Schauspieler, der solche Vorstellungen gibt, ist nicht einmal so schuldbar wie du, der du solche Dinge befiehlst, ja nicht bloß befiehlst, sondern auch noch dazu antreibst, lachst, die Darstellung lobst und auf jede Weise deinen Beifall kundgibst über diese Werkstätten der Hölle. Sag mir doch, mit welchen Augen wirst du hinfort zu Hause auf deine Frau blicken, nachdem du sie dort hast verhöhnen sehen? Und wie ist es möglich, dass du nicht errötest beim Gedanken an deine Lebensgefährtin, wenn du siehst, wie ihr Geschlecht daselbst dem Gespött preisgegeben wird!


Wende mir nur nicht dagegen ein, es sei ja das nur Schein und nicht Wirklichkeit.

Dieser Schein hat schon manche zu wirklichen Ehebrechern gemacht und viele Familien zugrunde gerichtet. Gerade das verursacht mir am meisten Kummer, dass man solche Darstellungen gar nicht für schlecht hält, dass vielmehr Beifallklatschen, Lärm und großes Gelächter zu hören sind, während man solche Ehebruchsszenen vorzuführen wagt.

Was sagst du? Es ist alles nur Schein und Spiel. Gerade deswegen verdienten eigentlich diese Leute tausendfach den Tod, weil sie mit solchem Eifer Dinge darstellen, die durch alle Gesetze verboten sind. Denn wenn die Sache an sich schlecht ist, dann ist auch deren Darstellung schlecht. Da will ich noch gar nicht davon reden, wie viele Ehebrüche diejenigen veranlaßt haben, die solche Ehebruchstücke spielen, und wie frech und unverschämt sie die Zuschauer machen. Denn es gibt nichts Lüsterneres und Frecheres als das Auge, das solches zu schauen vermag. Auf offener Straße möchtest du kein nacktes Weib ansehen, nicht einmal zu Hause; du würdest dies für eine Schande halten. In das Theater aber gehst du, um das Geschlecht des Mannes und des Weibes in gleicher Weise zu beschimpfen und deine eigenen Augen zu schänden!

Sage mir nicht, das nackte Weib ist ja eine Hure; nein, die Hure und die Freie haben die gleiche Natur, denselben Leib. Wenn das nichts Schlechtes ist, warum entfernst du dich dann so eilig, wenn du etwa auf offener Straße so etwas siehst, und sorgst auch, dass das Weib fortgeschafft wird, das eine solche Schamlosigkeit begeht? Oder ist so etwas nur schlecht, so lange wir allein sind, sobald wir aber in großer Anzahl beisammensitzen, ist es keine Schande mehr? Geh, solche Reden sind lächerlich und eine Schmach, und beweisen nur deine große Verlegenheit. Besser wäre es noch, du würdest deine Augen mit Kot und Schmutz besudeln, als dass du solche Ungehörigkeiten ansiehst. Denn der Kot schadet dem Auge nicht so sehr, als ein unkeuscher Blick und das Anschauen eines entblößten Weibes.

Höre nur, was zu allererst die Nacktheit verursacht hat, und fürchte dich vor dem, was diese Schmach veranlaßt hat. Was hat sie also verursacht? Der Ungehorsam und die Nachstellung des Teufels. So hat der Teufel schon vom allerersten Anfang an darauf sein Augenmerk gerichtet. Aber jene schämten sich doch wenigstens noch, dass sie nackt waren; ihr aber gefallet euch noch darin, genau, wie der Apostel gesagt hat: „In der Schande finden sie ihre Ehre“[Phil 3,19] .

Wie wird dich also in Zukunft deine Frau ansehen, wenn du von einem solch schmählichen Schauspiel heimkehrst? Wie wird sie dich empfangen? Wie dich anreden, nachdem du in so schandbarer Weise das weibliche Geschlecht verhöhnt hast, von solch obszönem Anblick gefangen und zum Sklaven eines entehrten Weibes geworden bist? Wenn ihr aber ob meiner Ermahnung Reue empfindet, so macht ihr mir damit eine überaus große Freude. „Denn wer ist es, der mich erfreut, wenn nicht der, der meinetwegen trauert?“ [2.Kor 2,2] . Höret also nie auf, über diese eure Sünden zu weinen und euch Gewissensbisse zu machen; denn solch ein Schmerz wird für euch der Anfang einer Wendung zum Besseren sein.

Darum habe ich auch heute eine schärfere Sprache als sonst geführt, damit der Einschnitt um so tiefer werde und ich euch so von dem Fäulnis erregenden, berauschenden Gifte befreie, und eure Seele rein und gesund mache. Dessen mögen wir alle uns allweg erfreuen und den Kampfpreis erreichen, der für so edles Handeln ausgesetzt ist, durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, dem Ehre und Macht gebührt in alle Ewigkeit. Amen.

Chrysostomus, Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus (BKV), Sechste Homilie. Kap. II, V.1-3., 4.-8.