• geschrieben von: Lukas
  • Erscheinungsjahr: 62

Das Lukasevangelium, oder auch Evangelium nach Lukas, wurde vom Evangelist Lukas verfasst, wobei wir den Autor nicht aus dem Buch selbst erfahren, sondern von den frühen Christen. Das haben übrigens alle vier Evangelien gemeinsam.

Wer ein gutes Hintergrundwissen hat, der erkennt übrigens auch im Neuen Testament eindeutig, wer das Lukasevangelium schrieb. Denn Paulus nannte es sein Evangelium:

an dem Tag, da Gott das Verborgene der Menschen durch Jesus Christus richten wird nach meinem Evangelium. (Römer 2,16)

Welches Evangelium meinte damit Paulus? Dazu muss man noch mehr Hintergrundwissen haben. Paulus schrieb an seinen Schüler Timotheus:

Denn die Schrift sagt: »Du sollst dem Ochsen nicht das Maul verbinden, wenn er drischt!«, und »Der Arbeiter ist seines Lohnes wert« (1.Timotheus 5,18)

Wo sagt die Schrift das? Es ist eindeutig, denn das zweite Zitat »Der Arbeiter ist seines Lohnes wert« steht nur an einer einzigen Stelle in der Schrift, und zwar im Lukasevangelium!

In demselben Haus aber bleibt und esst und trinkt das, was man euch vorsetzt; denn der Arbeiter ist seines Lohnes wert. Geht nicht aus einem Haus ins andere. (Lukas 10,7)

Somit ist bewiesen, dass Paulus erstens das Lukasevenangelium als die Schrift bezeichnet - und mit dieser Formulierung meinte er ausschließlich die heilige Schrift - und dass zweitens dieses Evangelium sein Evangelium ist, denn es ist das Evangelium von seinem Schüler Lukas. Den 1.Timotheusbrief schrieb Paulus im Jahr 65 und setzte da offensichtlich schon voraus, dass sein Schüler Timotheus das Lukasevangelium schon gut kannte, das drei Jahre zuvor sein anderer Schüler Lukas geschrieben hatte. Somit wäre für Zweifler auch die Reihenfolge dieser Bücher belegt, denn es kann nur ein späteres Buch ein früheres zitierten, nicht umgekehrt. Das ist alles schön und gut, werden nun manche meinen, aber es beweist noch nicht wirklich, dass Lukas der Autor des Evangeliums war. Hierfür sind wir tatsächlich auf die frühen Christen angewiesen.

Am schönsten passt uns hier das Zeugnis, dass der gute alte Irenäus dem Lukasevangelium ausstellt. Er widmete ein ganzes Kapitel in seinen Büchern gegen die Häresien diesem Evangelium und erklärt darin, warum es so essentiell für die Lehre der Apostel ist und warum es aber auch sehr gerne von den Irrlehrern missbraucht wird und wie das geschieht. Und natürlich, wer überhaupt dessen Autor ist. Wir geben daher das ganze Kapitel hier ungekürzt wider:

Dieser Lukas war unzertrennlich von Paulus und dessen Mitarbeiter im Evangelium, wie er selbst in aller Bescheidenheit kundtut. Nachdem sich nämlich Barnabas und Johannes, mit Beinamen Markus, von Paulus getrennt und nach Cypern eingeschifft hatten, „kamen wir nach Troas“, und als Paulus im Traume einen Mazedonier gesehen hatte, der zu ihm sagte: „Komm nach Mazedonien, uns zu helfen, Paulus! da suchten wir sogleich nach Mazedonien abzureisen, da wir einsahen, daß der Herr uns berufen hatte, jenen das Evangelium zu bringen. Indem wir also von Troas absegelten, richteten wir unser Schiff nach Samothrake“ (Apg. 15 u. 16). Dann berichtet er sorgfältig über ihre ganze Reise bis Philippi, und wie sie dort die erste Rede hielten. „Wir setzten uns“, sagt er, „und sprachen mit den Weibern, die zusammengekommen waren.“ Einige glaubten und nicht wenige. „Dann schifften wir weiter nach dem Osterfeste von Philippi und kamen nach Troas, wo wir uns sieben Tage aufhielten.“ Dann berichtet er alles übrige mit Paulus der Reihe nach und gibt mit aller Sorgfalt die Orte und Städte und die Zeitdauer an, bis sie nach Jerusalem hinaufzogen, erzählt, was dort dem Paulus widerfahren, wie er gefesselt nach Rom geschickt wurde, und den Namen des Hauptmannes, der ihn aufnahm, die Schiffszeichen, und wie sie Schiffbruch litten, und die Insel, auf die sie sich retteten, und wie sie dort gastfreundlich aufgenommen wurden, da Paulus den Fürsten jener Insel heilte, und wie sie von dort nach Puteoli schifften und von da nach Rom kamen, und wie lange Zeit sie sich in Rom aufhielten. Da Lukas bei all diesem zugegen war, hat er alles sorgfältig verzeichnet, damit er weder als lügnerisch noch als aufgeblasen gescholten werden könne, da ja alle diese Dinge feststehen und er unleugbar älter ist als alle, die jetzt anders lehren und die Wahrheit nicht kennen. War er doch nicht allein ein Begleiter, sondern auch Mitarbeiter der Apostel und besonders des Paulus, wie dieser selbst in seinen Briefen kundtut: „Demas hat mich verlassen und ging fort nach Thessalonich, Kreszenz nach Galatien, Titus nach Dalmatien, und Lukas ist allein bei mir“ (2 Tim. 4,9 ff (4,10f / 4,10–11a.)) . Mit diesen Worten zeigt er an, daß Lukas immer mit ihm verbunden war und unzertrennlich gewesen ist. In dem Briefe an die Kolosser schreibt er wiederum: „Es grüßt euch Lukas, der Arzt, der Geliebte“ (Kol 4,14). Wenn aber Lukas, der immer mit Paulus gepredigt hat und von ihm der Geliebte genannt wird, der mit ihm das Evangelium verkündet hat, und der, wie wir glauben, auch der Verfasser eines Evangeliums ist, nichts anders von ihm gelernt hat, wie wir aus seinen Worten gezeigt haben, wie können dann die, welche niemals mit Paulus verbunden waren, sich rühmen, verborgene und unaussprechliche Geheimnisse erlernt zu haben?

Paulus erklärt aber selbst, daß er, was er wußte, ohne Vorbehalt nicht bloß diejenigen lehrte, welche mit ihm waren, sondern alle, die ihn hörten. Als er nach Milet die Bischöfe und Priester von Ephesus und den übrigen Nachbarstädten zusammenberufen hatte, da es ihn drängte, in Jerusalem das Pfingstfest zu feiern, gab er ihnen noch viele Lehren, sagte ihnen, was ihm in Jerusalem widerfahren sollte, und fügte hinzu: „Ich weiß, daß ihr mein Angesicht schon nicht mehr sehen werdet... Darum bezeuge ich euch an dem heutigen Tage, daß ich rein bin von dem Blute aller. Denn ich habe mich nicht entzogen, euch den ganzen Ratschluß Gottes zu verkünden. Habet daher acht auf euch und die gesamte Herde, über welche der Heilige Geist euch gesetzt hat, die Kirche des Herrn zu lenken, die er sich durch sein Blut gegründet hat“ (Apg. 20,25 ff.). Dann wies er hin auf die zukünftigen Irrlehrer, indem er sprach: „Ich weiß, daß nach meinem Fortgang reißende Wölfe zu euch kommen werden, welche die Herde nicht schonen. Auch aus euch selbst werden Männer aufstehen, die Verkehrtes reden, um die Jünger an sich zu ziehen“ (Apg 20,29 f.). „Ich habe mich nicht entzogen“, so sprach er, „den ganzen Ratschluß Gottes euch zu verkünden.“ So teilten die Apostel einfach und ohne Neid das, was sie selbst vom Herrn erlernt hatten, allen mit. So hat also auch Lukas neidlos, was er von ihnen gelernt hatte, uns übergeben, wie er selber mit den Worten bezeugt: „Wie uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind“ (Lk 1,2).

Wollte aber jemand Lukas zurückweisen, gleich als ob er die Wahrheit nicht erkannt habe, so verwirft er offenbar das Evangelium, dessen Schüler er sich zu sein rühmte. Denn sehr viele und wichtige Stücke des Evangeliums wissen wir nur durch ihn, wie die Geburt des Johannes und die Geschichte des Zacharias (1,5 f.), die Ankunft des Engels bei Maria und den Lobpreis der Elisabeth (1,26 f.), die Herabkunft der Engel zu den Hirten, and was diese zu ihnen gesprochen haben (2,8 f), das Zeugais Annas und Simeons über Christus (2,25 ff.), und daß er mit zwölf Jahren in Jerusalem zurückblieb (2,42 ff.), die Taufe des Johannes (3,2 f.), und in welchem Alter der Herr getauft ist, and daß es im fünfzehnten Jahr des Kaisers Tiberius gewesen ist (1,21 f.). Dazu aus seinen Lehren das, was er den Reichen zugerufen hat: „Weh euch, ihr Reichen, denn ihr genießet euren Trost! Weh euch, die ihr satt seid, denn ihr werdet hungern, und die ihr jetzt lachet, denn ihr werdet weinen! Weh euch, wenn euch alle Menschen preisen! Also taten den falschen Propheten eure Väter“ (6,24 f). Und die übrigen Aussprüche dieser Art wissen wir nur von Lukas, wie wir auch sehr viele Taten des Herrn nur von ihm erfahren haben, deren alle sich bedienen: Die Menge Fische, welche Petrus und seine Begleiter fingen, als sie auf den Befehl des Herrn die Netze auswarfen (5,6 f.); die Heilung jenes Weibes, das achtzehn Jahre krank war, am Sabbate (13,11 f.), und des Wassersüchtigen gleichfalls am Sabbate, und wie er es ihnen gegenüber rechtfertigte, daß er an diesem Tage heilte (14,2 f.), and wie er seine Jünger lehrte, nicht die ersten Plätze zu begehren (Lk 14,8 f.), und daß man die Armen und Lahmen, welche nicht vergelten können, einladen muß (Lk 14,12 f.). Dann von dem, welcher in der Nacht anklopft, um Brot zu bekommen, und es wegen seines ungestümen Drängens auch erhält (11,5 f.). Wie ferner, als er bei dem Pharisäer zu Gaste war, die Sünderin ihm die Füße küßte und mit Salbe salbte, und was ihretwegen der Herr zu Simon von den zwei Schuldnern sprach (7,37 f.). Weiter die Parabel von jenem Reichen, der in die Scheune gebracht hatte, was ihm gewachsen war, und zu dem gesprochen wurde: In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern; was du aber bereitet hast, wessen wird es sein? (12,16 f.) Ebenso die Geschichte von dem Reichen, der sich in Purpur kleidete und prächtig sich ergötzte, und von dem armen Lazarus (16,19 f.), Die Antwort, die er seinen Jüngern auf ihre Bitte: Vermehre uns den Glauben! gab (17,5 f.) und die Anrede, die er an Zachäus richtete (19,5 f.), auch die Geschichte von dem Pharisäer und dem Zöllner, die gleichzeitig im Tempel beteten (18,10 f.). Das von den zehn Aussätzigen, die er zusammen auf dem Wege reinigte (17,12 f.), und wie er befahl, von den Dörfern und Straßen die Lahmen und die Einäugigen zur Hochzeit zu sammeln (14.16 f.). Die Parabel von dem Richter, der nicht Gott fürchtete, aber durch das Drängen der Witwe sich bewegen ließ, ihr Recht zu verschaffen (18,2 f. ), und die Geschichte von dem Feigenbaum im Weinberge, der keine Frucht brachte (13,6 f.). So gibt es vieles derart, was sich allein bei Lukas findet, und worauf sich Markion und Valentinus berufen. Außerdem noch, was nach seiner Auferstehung er auf dem Wege zu seinen Jüngern gesprochen hat (24,17 f.), und wie sie ihn am Brotbrechen erkannt haben. (Irenäus von Lyon (130-202), Gegen die Häresien (BKV), Drittes Buch, 14. Kapitel: Das Evangelium des Lukas)