Trotz der einwandfreien Bezeugung des Briefes durch Irenäus wurde von den einen die Echtheit, von den anderen die Unversehrtheit des Briefes angezweifelt.

Dies geschah von den Gegnern der Echtheit der Ignatiusbriefe. Denn wer die Ignatiusbriefe als Fälschung betrachtet, muss auch ihren Kronzeugen, den Polykarpbrief an die Philipper, verwerfen, sei es, dass er als Fälschung zur Einführung jener Briefreihe ausgegeben oder wenigstens in den auf die Ignatiusbriefe bezüglichen Stellen als interpoliert erklärt wird. Gegen die erste Annahme spricht vor allem der Umstand, da die einfache, schlichte Redeweise von Polykarps praktischem Mahnschreiben grundverschieden ist von der pathetischen Sprache der Ignatiusbriefe. Auch an eine Interpolation ist im Ernst nicht zu denken wegen der durchgreifenden Einheit des Stiles und wegen der gleichmäigen Abhängigkeit von dem Klemensbrief.

Der Brief ist reichlich geschmückt durch Stellen aus dem Alten, besonders aber aus dem Neuen Testament (Evangelien, Apostelgeschichte, Paulusbriefe, Jakobusbrief, I. Petrusbrief, Johannesbriefe). Dadurch ist er von Bedeutung für die Geschichte des neutestamentlichen Kanons. Als Vorbild benützte Polykarp den Brief des römischen Klemens an die Gemeinde von Korinth, von dem er sich durchweg abhängig zeigt.

(Text aus der BKV, „Einleitung: Der Brief des Märtyrers und Bischofs Polykarp von Smyrna an die Gemeinde von Philippi“ - leider nicht mehr online)